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Science Fiction aus Deutschland

Science Fiction aus Deutschland

Titel: Science Fiction aus Deutschland
Autoren: Hans Joachim Alpers und Ronald M. Hahn Hrsg.
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kann?« fragte Ripp.
    »Das ist ausgeschlossen«, antwortete Ronnegart, »denn er hat diese Ordnung geschaffen.«
    »Glauben Sie, daß der Erste Aggressor sich irren kann, wenn er über Walter Ronnegart zu Gericht sitzt?«
    Das war die Maibaum.
    »Nein«, flüsterte Ronnegart.
    »Warum nicht?«
    »Er ist unfehlbar.«
    »Warum schüttelten Sie den Kopf, als Sie Verräter genannt wurden?«
    Es begann zu schmerzen.
    »Ich …«, Ronnegart leckte sich über die Lippen. »Ich Weiß es nicht.«
    »Sind Sie ein Verräter?«
    »Ich …«
    »Antworten Sie!«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Warum wissen Sie es nicht. Vorhin wurde festgestellt, daß Sie ein Verräter sind.«
    Ronnegart sagte nichts.
    »Äußern Sie sich.«
    »Ich bin wohl ein Verräter.«
    »Zweifeln Sie daran?«
    »Nein.«
    Die Maibaum lehnte sich zurück.
    »Worin bestand Ihr Verrat?« fragte Ripp.
    »Ich … Ich … Ich habe …«
    »Antworten Sie.«
    »Ich habe unreine Gedanken gehabt.«
    Vor seinen Augen flimmerte es.
    »Erläutern Sie das!«
    »Ich …« Er fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Er fühlte, wie ihm schwindelte. Er hatte Fieber.
    Die Maibaum sprang auf die Beine. »Vorwärts!« kreischte sie. »Ich habe an der Eliteauswahl gezweifelt. Ich dachte, das Denken ist doch eine verdammt eigene Angelegenheit.« Das Sprechen fiel ihm schwer. »Ich dachte, die Gedanken laufen einem doch davon, machen sich selbständig, schrecken einen auf, wenn man nicht daran denkt. Ich meine, man kann nichts dagegen tun. Es ist in einem.«
    Die Maibaum starrte ihn zwischen schmalen Lidern an, setzte sich dann wieder, mit einer eckigen Bewegung.
    »Der Staat ist mein ein und alles«, sagte Ronnegart erregt, »ich habe mich immer bemüht, ihm nach Kräften zu dienen. Ich bin auch nur ein Mensch.« Etwas war in seiner Kehle, und er mußte husten. Die nächsten Worte würgte er hervor: »Ich kann beschwören, daß ich niemals bewußt oder absichtlich versucht habe, den Staat zu hintergehen. Meine Liebe gilt dem Ersten Aggressor. Wenn ich jemals etwas getan oder gedacht habe, so war es unbewußt.«
    »Das könnte stimmen«, sagte Ripp trocken.
    Etwas wie Hoffnung stieg in Ronnegart auf. Die Maibaum lächelte höhnisch.
    »Wie steht es mit jenem Abend, als Sie von der Arbeit nach Hause gingen und Ihr Blutdruck um ein Drittel, Ihre Gehirnströme aufs Doppelte stiegen, als Ihr imaginärer Faktor außer Rand und Band geriet?«
    Ronnegart fürchtete sich. Es schüttelte ihn.
    »Erinnern Sie sich nicht mehr?« Sie wies auf den Bildschirm.
    Der Abend zog über den Schirm herauf. Da traf er sie. Er trat auf sie zu, zog sie in seine Arme, küßte sie. Der Film war von oben nach unten aufgenommen; der Spion war zwischen den Bäumen gewesen. Er drehte sich um und starrte ins Bild, als er ging.
    »Sie hatten den Spion erkannt«, zischte sie. »Diese Frechheit!« In Ronnegarts Gesicht arbeitete es. Rote Flecken zeigten sich darin.
    »Ihre Liebe ist der Staat?«
    »Meine Liebe ist der Staat.« Er hatte große, hilflose Augen. »Mein Gott, diese eine Verfehlung«, schrie er plötzlich, »Sie können doch nicht …«
    »Schweigen Sie«, sagte sie kalt.
    Er setzte sich über ihre Worte hinweg. »Ich dachte«, sagte er mit bittender Stimme, »daß ich dem Staat am meisten nützen kann, wenn ich …«
    Aber sie schnitt ihm das Wort mit einer Kälte ab, die ihn frieren ließ.
    »Halten Sie den Staat für unfähig, weil er nicht verhinderte, was vorgefallen ist?«
    »Nein. Ich verstehe nur nicht …«
    »So ist es. Sie verstehen nicht. Eine Kraft, die unkontrollierbar und so stark ist, daß sie dem Ersten Aggressor schaden kann, darf nicht existieren: Liebe, die nicht dem Aggressor gilt. Sie haben diese Kraft für sich entfesselt. Sie haben das fluchwürdigste Verbrechen begangen, dessen Menschen fähig sind.« Ronnegart krümmte sich. »Aber dieses eine Aufblitzen, dieser … Spuk, die individuelle Verfehlung, sie kann doch nicht …«
    »… das Übel mit Stumpf und Stiel ausrotten«, betete sie herunter, »den Feind im Kern treffen, dort, wo er verwundbar ist.«
    Er schüttelte hilflos den Kopf. »Ich bin mir dieser Schuld nicht bewußt.«
    »Sie Narr!« schrie die Frau. »Glauben Sie, daß eine so unwichtige Person wie Sie diese Kraft entfesseln kann?«
    Er wankte zurück, aber das Fenster hielt ihn auf.
    »Was dann?« keuchte er.
    »Der Erste Aggressor ist unfehlbar«, pochte die Frau. »Er hat dies alles geplant. Es gab nichts, das er nicht wußte und wollte. Sie sind das
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