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Schwindelfreie Luegen

Schwindelfreie Luegen

Titel: Schwindelfreie Luegen
Autoren: Kajsa Arnold
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passt sie gut zu meinen blaugrauen Augen.
    »Sylvie, wie haben Sie geschlafen?«, begrüßt mich Jean und deutet einen Handkuss an.
    »So gut, wie man neben Ihnen nur schlafen kann, Jean«, erwidere ich mit einem Augenzwinkern und er lacht so charmant auf, dass ich ganz verzaubert bin. Er trägt ein blauweiß gestreiftes Hemd ohne Krawatte zu einer dunkelblauen Stoffhose, in der sein strammer Hintern gut zur Geltung kommt. Galant rückt er mir den Stuhl zurecht und ehe ich mich versehe, serviert der Kellner das Frühstück. »Ich habe mir erlaubt, für uns zu bestellen.«
    Da ich nie besonderen Wert auf ein Frühstück lege, das bei mir daher meistens aus Kaffee und einem Knäckebrot besteht, nicke ich ergeben.
    Die Croissants duften verführerisch und schmecken mit Butter einfach köstlich. Es gibt Marmelade und Ei sowie Madeleines. Obwohl Süßes am frühen Morgen nicht so ganz mein Geschmack ist, lange ich herzhaft zu, dafür werde ich später auf das Mittagessen verzichten.
    »Ich hoffe, es schmeckt Ihnen?«, erkundigt sich Jean, als hätte er alles selb st zubereitet.
    »Wunderbar«, nicke ich.
    »Wie sehen Ihre Pläne für diesen Tag aus?«
    Ich schaue auf das Meer, dann zu den Wolken, die in einiger Entfernung auf uns zu kommen. »Ich glaube nicht, dass es sich lohnt, heute an den Strand zu gehen. Es scheint sich zuzuziehen. Ich habe mir vorgenommen, mir die Stadt anzusehen und ein wenig einzukaufen, obwohl Shopping sonst nicht so mein Ding ist.«
    Andächtig rührt Jean in seiner Tasse Café-au-lait. »Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich Sie begleite? Ich habe heute noch nichts vor, vielleicht können wir den Tag ja gemeinsam verbringen?«
    Überrascht schaue ich ihn an. Ein Mann, der gerne bummeln geht? Da kann es sich bei Jean nur um einen Außerirdischen handeln . Oder er ist schwul. Er macht zwar nicht den Eindruck, doch die sexuellen Vorlieben stehen einem ja nicht auf die Stirn geschrieben.
    Als Jean seine Tasse zum Mund führt, sehe ich an seiner rechten Hand einen breiten Ring funkeln. Komisch, dass er mir vorher nicht aufgefallen ist. Mattes Weißgold. Also ist er vergeben. Das macht die Sache schon mal viel einfacher und ich nicke. »Gerne, wenn es Ihnen Spaß macht.«
     
    In der Rue dʼ Antibes sind alle wichtigen Modelabels vertreten und ich kann so richtig schwelgen. Viele Marken kenne ich nur aus Zeitschriften und ich bin ein bisschen scheu, die Nobelläden zu betreten, doch Jean ist gnadenlos und zerrt mich von einem Geschäft zum nächsten. Ich kaufe zwei schöne Kleider mit Blumenmotiven, die wunderbar zum Sommer und zu dieser Stadt passen. Dazu eine neue Handtasche, drei Paar Schuhe, von denen man ja nie genug haben kann, eine Stola für frische Abende und ein Halstuch. Jean ist bepackt wie ein Esel, weil er alles für mich schleppt. Drei Stunden später machen wir in einem Café am Hafen Rast und nehmen eine Erfrischung zu uns.
    »Ich habe ein schlechtes Gewissen, Jean. Ich kaufe die halbe Stadt leer und Sie kommen gar nicht dazu, sich etwas auszusuchen. Wollen Sie nicht nach einem Souvenir für Ihre Frau Ausschau halten?«, frage ich und hoffe, er nimmt es mir nicht übel.
    Jean schaut mich erstaunt an. »Meine Frau?«, fragt er irritiert.
    Oh ja, ich hatte es schon fast verdrängt. »Ich meine natürlich Ihren Freund oder Mann?«
    »Meinen Mann?« Seine Augen blitzen belustigt auf. »Sie sind der Meinung, ich wäre schwul?«
    Ich hebe die Schultern. »Könnte doch möglich sein.«
    Plötzlich lacht er auf. »Oh, Sylvie, Sie kennen mich wirklich nicht, sonst wäre Ihnen bewusst, wie absurd diese Vermutung ist. Nein«, er schüttelt immer noch lachend den Kopf, »ich bin nicht gebunden. Weder an einen Mann noch an eine Frau.«
    Okay, Sylvie auf dem Holzweg. Ich trinke einen Schluck von meinem Mineralwasser. »Sagen Sie, Jean, spielen Sie Klavier?«
    »Ja, ab und an, wenn ich die Gelegenheit dazu habe.«
    »Welches ist Ihr Lieblingsstück?«
    Ohne lange zu überlegen sagt er: »Das Adagio No. 3 in D Minor.«
    Oh Gott, ich wusste es! Er ist der Mann meiner Träume!
    »Haben Sie ein Abendkleid dabei?«, fragt Jean zu meiner Verwunderung und unterbricht meine Träumerei von ihm als Mr Wonderful.
    »Nein. Ich wüsste nicht, wozu ich es bräuchte.«
    »Dann müssen wir unbedingt noch eines besorgen. Ich habe Karten für ein Konzert, das heute Abend stattfindet, und würde Sie gerne dazu einladen.«
    »Ein Konzert?«
    »Ja, heute Abend. Würde n Sie mir die Freude machen, mich zu
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