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Schwindelfreie Luegen

Schwindelfreie Luegen

Titel: Schwindelfreie Luegen
Autoren: Kajsa Arnold
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fällt, kehre ich in die Wirklichkeit zurück.
    »Oh mein Gott, Jean, wie kann ich Ihnen für dieses Erlebnis nur danken?«, frage ich, als wir in der Halle mit einem Glas Champagner anstoßen.
    »Dass Sie mich an diesem Abend begleiten, ist Dank genug«, flüstert er mir leise ins Ohr. Als seine Lippen dabei leicht meine Haut berühren, lässt mich die zufällige Berührung erschaudern. Unwillkürlich schaue ich ihn an. Sein Blick ist so eindringlich auf mich gerichtet, als wolle er mich mit Haut und Haar verspeisen. Ich bin es nicht gewohnt, dass mich jemand so ansieht, und möchte mich am liebsten ein wenig abwenden, aber dann wiederum bin ich auch nicht vollkommen verrückt und halte stattdessen seinem Blick stand. Die kaum verhohlene Begierde, die ich darin erkenne, lässt eine Saite in mir klingen, die ich schon lange nicht mehr vernommen habe. Was ist bloß mit mir los? Bin ich in die Rolle einer Fremden geschlüpft, als ich mein elegantes Kleid anzog? Wenn er jetzt fragt, ob ich die Nacht mit ihm verbringe, würde ich nicht Nein sagen.
    »Sie sind wunderschön, Sylvie «, flüstert er wieder, aber leider berührt er mich dabei nicht. Ich ertappe mich, wie ich meinen Hals ein wenig vorstrecke, damit er es vielleicht doch tut, aber ich spüre lediglich seine Schulter an meiner.
    » Ich kann mich glücklich schätzen, Sie begleiten zu dürfen. Keine Frau in diesem Raum kann Ihnen das Wasser reichen«, murmelt Jean plötzlich.
    Was redet er da? Er ist es doch, der hier von allen Frauen mit Blicken verschlungen wird. Seine eindrucksvolle Gestalt lässt keinen der weiblichen Gäste kalt. Ich denke, jede würde mir mit Vorliebe ein Messer in den Rücken rammen, um meinen Platz einzunehmen.
    »Sie sind sehr charmant, Jean. Ich danke Ihnen« , sage ich und atme tief durch.
    »Ich bin nur ehrlich.«
    Ich nippe an meinem Glas, weil ich einfach nicht mehr weiß, was ich noch erwidern soll. Noch nie hat mir jemand solche Komplimente gemacht, noch nie hat mich die Nähe eines Mannes so aufgewühlt.
    »Ich finde, wir sollten zum Du übergehen«, sagt er ganz unvermutet und überrumpelt mich.
    »Sicher, Jean. Ich mag es gerne … unkompliziert«, erwidere ich überrascht.
    »Ich auch«, sagt er, stößt sein Glas an meines und küsst meine Lippen.
    Ich kann nicht anders, als diesen kurzen aber intensiven Kuss zu erwidern. Oh Gott, was tue ich hier? Ich küsse einen Mann, den ich nicht einmal vierundzwanzig Stunden kenne, und wünsche mir, wir wären nicht in einer Oper, sondern alleine irgendwo. Bin ich jetzt total verrückt geworden?
    »Du schmeckst so wundervoll , wie du aussiehst«, sagt er, dann nimmt er mir das Glas aus der Hand und geleitet mich wieder zu unseren Plätzen.
    Nach diesem Kuss kann ich mich unmöglich noch auf Rodolfo und Mimi konzentrieren. Immer wieder wandert die Erinnerung an Jeans weiche Lippen durch meinen Kopf und lässt mich leise seufzen.
    »Ist dir kalt?«, fragt er mit Blick auf meine Arme, auf denen sich eine Gänsehaut gebildet hat.
    Ich schüttele den Kopf. Nein, ganz im Gegenteil , denke ich. Mir ist heiß, mein Gesicht glüht, da bin ich sicher. Noch ein paar Grad mehr und meine helle Haut würde Blasen werfen.
    »Nein, ich brauche dich nur ansehen, dann wird mir warm«, flüstere ich , ehe ich es verhindern kann. Was habe ich da gerade gesagt? Hitzeschlag, ich ahnte es.
    Jean senkt den Blick und schaut mich von unten herauf an. Ein bezauberndes Lächeln entblößt seine perfekten Zähne und das Bühnenlicht erhellt für einen Moment sein Gesicht. In seinem Blick liegt Begehren. Ich sehe es ganz deutlich und bin nicht in der Lage, wegzuschauen. Wir starren einander an. Seine Mimik zeigt keine Regung, nur sein Blick fährt über mein Gesicht, als würde er es zärtlich streicheln. Dann spüre ich seine Hand auf meiner, sein Daumen liebkost zart meinen Ballen. Die sanfte Berührung löst in mir das Verlangen aus, seine Zärtlichkeit zu erwidern, aber ich kann mich nicht rühren. Fassungslos verharre ich, durchflutet von der Sehnsucht nach einem Mann, von dem ich nicht mehr weiß als seinen Namen.
    Erst als Applaus einsetzt, merken wir beide, dass der Vorhang gefallen ist und wir den Rest der Aufführung versäumt haben. Die Zuschauer stehen applaudierend auf und spenden Standing Ovation s, während Jean sich zu mir beugt und mich ein weiteres Mal küsst. Nur leicht berühren seine Lippen meine, als wolle er testen, ob er mit Widerspruch rechnen muss, doch ich bin ein williges Opfer.
    Seine
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