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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition)
Autoren: Joanna Trollope
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Altarstufen saß Mariella, Edward und Sigrids acht Jahre alte Tochter. Sie saß sehr still und aufrecht, die Füße mit den Ballerinas unter ihrem rosa Rock verborgen, das Haar mit einem Haarreif aus Rosenknospen aus dem Gesicht gehalten. Anthony versuchte, ihren Blick aufzufangen. Seine einzige Enkelin. Seine ernste, disziplinierte Enkelin. Die Englisch und Schwedisch sprach und Cello spielte. Mit einer winzigen Bewegung ihres Kopfes deutete Mariella ihm an, dass sie sich seiner bewusst war, aber sie würde sich nicht zu ihm drehen. Ihre Mutter hatte gesagt, es sei heute ihre Aufgabe, den anderen kleinen Brautjungfern, allesamt Charlottes Nichten, ein gutes Beispiel zu sein, und Mariellas Leben widmete sich weitgehend der Aufgabe, sich die Gunst ihrer Mutter zu erhalten. Sie wusste, dass sie die ihres Großvaters besaß, ganz selbstverständlich und egal, was sie machte.
    »Konzentriere dich«, zischte Rachel plötzlich neben ihm.
    Er schrak aus seinen Gedanken auf. »Entschuldige.«
    »Ich habe die Freude, zu verkünden«, sagte der Pfarrer und entfernte seine Stola, die er vorher um Lukes und Charlottes neu beringte Hände gewickelt hatte, »dass Luke und Charlotte nun Mann und Frau sind.«
    Luke beugte sich vor, um seine Frau auf die Wange zu küssen, sie legte ihm die Arme um den Hals, er zog sie fest an sich, küsste sie leidenschaftlich, und Applaus brandete auf. Mariella erhob sich, schüttelte ihren Rock aus und blickte in Erwartung des nächsten Stichworts zu ihrer Mutter.
    »Paarweise«, gab Sigrid den Mädchen mit einer Lippenbewegung zu verstehen. »Immer zu zweit.«
    Charlotte lachte. Luke lachte. Einige von Lukes Freunden weiter hinten in der Kirche stießen Jubelrufe aus.
    Anthony nahm Rachels Hand.
    »Noch eine Schwiegertochter.«
    »Ich weiß.«
    »Die wir nicht wirklich kennen.«
    »Noch nicht.«
    »Nun«, sagte Anthony. »Wenn sie nur halb so gut wie Petra ist.«
    Rachel zog ihre Hand weg.
    »Wenn.«
    Der Empfang fand in einem großen Zelt im Garten von Charlottes Elternhaus statt. Es regnete nicht, aber es war bedeckt, und das Zelt war von einem sonderbaren grünlichen Licht erfüllt, das jedermann krank aussehen ließ. Der Rasen unter dem Zelt war leicht abschüssig, und zusätzlich ausgelegte wellige Kokosmatten machten es beinahe unmöglich, aufrecht zu stehen, vor allem für Charlottes Freundinnen, die ausnahmslos Schuhe mit Plateausohlen und halsbrecherisch hohen Hacken trugen. Durch eine Öffnung am unteren Ende des Zelts konnte man den engsten Kreis der Hochzeitsgesellschaft malerisch am Ufer eines großen Weihers sehen, wo sie von einem Fotografen herumkommandiert wurden.
    Oh Gott, Wasser, dachte Petra. Barney, der noch nicht laufen konnte, saß sicher angeschnallt in seinem Buggy und war durch eine Minipackung Rosinen abgelenkt, aber Kit war mit seinen drei Jahren mobil, und Wasser hatte ihn schon sein ganzes Leben lang unwiderstehlich angezogen. Beide Kinder hatten letzte Nacht in der unvertrauten Umgebung des Hotelzimmers nur sehr unruhig geschlafen, so dass auch Petra und Ralph keine Ruhe fanden, und Ralph war schließlich um fünf Uhr in der Früh aufgestanden und hatte einen so langen Spaziergang gemacht, weit über zwei Stunden, dass Petra schon der Verdacht gekommen war, er sei für immer fortgegangen. Und nun hatte er sich ganz untypisch zu einer Gruppe grölender Freunde von Luke gestellt und trank Champagner und rauchte, obwohl er das Rauchen seit Petras Schwangerschaft mit Kit aufgegeben und ihres Wissens seither keine Zigarette mehr angerührt hatte.
    Kit weinte. Er war erschöpft und hungrig und quengelig. Er wimmerte unentwegt vor sich hin, mal lauter, mal leiser, zappelte auf Petras Schoß umher, stieß gegen ihre Oberschenkel, war zerzaust und unzugänglich. Während der Trauung hatte er auf Charlottes ausdrücklichen Wunsch hin ein weißes Leinenhemd und eine dunkelblaue Hose getragen, obwohl er für einen Ringträger noch zu klein war, aber beides war in der Kirche so schmutzig und knitterig geworden, dass er nun wieder in dem Spiderman-T-Shirt steckte, das er immerzu tragen wollte, wenn es nicht gerade in der Waschmaschine war. Petra selbst fühlte sich in den Sachen, die sie ganz kleidsam und ansprechend gefunden hatte, als sie noch zu Hause vor dem Schrank in ihrem kleinen Schlafzimmer gehangen hatten, ebenso unwohl und fehl am Platz, wie Kit es offensichtlich tat. Charlottes Freundinnen, die meisten in den Zwanzigern, trugen alle fantastische mondäne
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