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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition)
Autoren: Joanna Trollope
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geht dich nichts an, Mum«, sagte Ralph freundlich.
    »Darf ich wenigstens erfahren, ob ihr noch vorhabt, euch scheiden zu lassen?«, rief Rachel aus.
    Ralph kippelte mit seinem Stuhl. Ungerührt gab er zurück: »Nein. Wir haben jetzt diesen Plan gemacht. Wir probieren ihn aus. Mal sehen, ob es funktioniert.«
    »Aber wann werden wir die Jungs sehen?«
    »Wenn ihr nach London kommt.«
    »London«, sagte Rachel voller Abscheu.
    »Ihr werdet euch damit abfinden müssen. Ihr beide. Wir werden alle dort sein.«
    Anthony sagte langsam: »Aber Petra – in London?«
    »Sicher«, entgegnete Ralph. »Warum nicht? Sie wird lernen, sich zurechtzufinden.«
    »Und – gefällt ihr dieser Plan?«
    Ralph richtete den Blick auf seinen Vater.
    »Sie hat es selbst vorgeschlagen.«
    »Und …«
    »Und Sigi hat vorgeschlagen, dass ihr nach London kommt und bei ihnen wohnt. Regelmäßig. Das werdet ihr doch sowieso wollen, wenn das Baby kommt, oder?«
    »Natürlich«, bestätigte Anthony. Er warf einen Blick zu Rachel. Sie sah starr auf den Platz an der Stirnseite des Tisches, wo Anthony immer saß, wenn viele Leute da waren, wenn es beim Essen munter und laut zuging. Mit einem Hauch von Sarkasmus in der Stimme sagte sie:
    »Und Charlotte? Hat sie auch einen Vorschlag, wie ich mein Leben in Zukunft führen soll?«
    »Sie schickt liebe Grüße«, versicherte Ralph. »Sie hat sogar zweimal welche geschickt.«
    Er stand auf und schaute hinunter auf seine Eltern. »Petra würde euch auch grüßen lassen, wenn das ihre Art wäre. Ist es aber nicht. Das wisst ihr. Ist es nie gewesen. Das heißt aber nicht, dass ihr solche Gefühle fremd wären. Sie empfindet sogar sehr viel und sehr intensiv, aber sie ist darin ehrlicher als wir alle. Zu sich selbst.« Er unterbrach sich kurz, bevor er fortfuhr: »Sie und ich müssen lernen, die Dinge anders anzugehen.« Dann heftete er einen durchdringenden Blick auf seinen Vater und sagte beschwörend: »Genauso wie du und Mum. Ihr müsst euch auch auf Veränderungen einstellen. Okay?«
    Sie blieben noch eine ganze Weile nebeneinander in der stillen Küche sitzen, nachdem er gegangen war. Stimmen und Geräusche drangen aus dem Dorf herüber und ein paar Autos fuhren vorbei, aber drinnen im Haus war es wie unter einer Glasglocke, abgekoppelt von der Zeit und der Außenwelt. Anthony wusste nicht, wie lange sie dort gesessen hatten, wusste nicht, ob er tatsächlich etwas Konkretes gedacht oder sein Geist nur darum gekreist war, was Ralph gesagt hatte und was er angedeutet hatte. Wie auch immer, er fuhr zusammen, als Rachel plötzlich sagte: »Nun, ich nehme an, ich könnte die Bed-and-Breakfast-Idee wiederbeleben.«
    Er starrte sie an.
    »Was?«
    »Du weißt doch«, erinnerte ihn Rachel. »Ist Jahre her. Ich hatte mal überlegt, über den Sommer ein Bed and Breakfast zu machen. Ich müsste dafür das obere Stockwerk ein bisschen aufmöbeln. Die Bäder sind nicht gerade die allermodernsten.«
    »Könntest du das wirklich?«
    Sie drehte sich zu ihm um.
    »Aber ja. Wenn ich muss. Und – jetzt muss ich wohl, oder?«
    Er beugte sich zu ihr und küsste sie auf die Wange.
    »Gutes Mädchen.«
    »Sei nicht so herablassend.«
    »Ich bewundere dich.«
    »Also, dann komm und bewundere mich im Atelier«, bestimmte Rachel und stand auf. »Ich werde die alten Pläne auf dem Tisch ausbreiten und nachdenken. Ich werde darüber nachdenken, wie das gehen könnte, was die Jungs da von uns erwarten.«
    »Einfach so?«
    »Nein«, sagte sie. Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Mit großer Überwindung. Und du kannst dich auch überwinden und diese Vogelknochen entsorgen.«
    Aber das kann ich eben nicht, dachte Anthony jetzt. Ich kann es nicht und ich sollte es nicht. Sie wegzuschmeißen hat nichts mit meinem veränderten Status als Vater zu tun, es hat etwas mit meinem innersten Wesen zu tun, mit etwas, das mich ausmacht. Ralph hat gesagt, Petra sei ehrlich gegenüber sich selbst. Ich weiß nicht, ob das bloß bedeutet, unbeeinflusst zu sein, oder ob es tiefer geht. Aber ich bin Vogelmaler mit ganzer Seele, und ich brauche meine Knochen.
    Es dämmerte inzwischen. Durch das hohe Nordfenster fielen längliche Streifen bleichen Lichts herein und kleinere Rechtecke von den Fenstern an der Westseite, aber sonst war das Atelier in weiche Dunkelheit gehüllt, nur die Staffelei ragte wie ein Kran auf einer Baustelle über die Konturen der Möbel. Auf der Staffelei war ein Brett, an dem Anthony ein Blatt grobes Büttenpapier
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