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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition)
Autoren: Joanna Trollope
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ihm umdrehen und ihn als Verräter und Kidnapper beschimpfen würde. Aber das tat er nicht. Er stand nur da und starrte seine Kinder an und Petra, die Barney davon abhielt, begeistert über Charlottes Gesicht zu krabbeln.
    Edward gab Ralph einen kleinen Schubs.
    »Na los«, sagte er. »Geh schon. Geh zu ihnen.«
    Sie brachten die Jungs auf improvisierten Matratzen in Mariellas Zimmer zu Bett. Sie war sich ihrer Verpflichtung bewusst und lieh ihnen höflicherweise einige ihrer Kuscheltiere und hielt Wache auf ihrer erhöhten Bettposition, bis sie schließlich einschliefen, selbst Barney, der trotz der neuen und aufregenden Erfahrung, nicht in einem Gitterbett eingesperrt zu sein, auf dem Rücken lag und leise schnarchte. Als Ralph hereinkam, um nach dem Rechten zu sehen, ließ Mariella ihn wissen, dass sie die Lage absolut im Griff hatte.
    »Entschuldigung, Ma’am«, sagte Ralph lächelnd.
    Sie nickte. Er sah so viel besser aus, wenn er lächelte. Sie machte noch zweimal ihr schwedisches Geduldsspiel, bevor sie das Licht ausknipste. Sie schaffte es inzwischen so schnell, dass sie Farfar bitten musste, ihr ein neues zu basteln. Und seltsamerweise schien ihr dies das Einzige auf der ganzen weiten Welt zu sein, über das sie sich im Moment überhaupt noch Gedanken zu machen brauchte.
    Ein- oder zweimal während des Essens schnappte Edward Sigrids Blick auf. Er wollte ihr seine Überraschung zeigen, seine Genugtuung darüber, zum ersten Mal seine beiden Brüder und ihre Frauen um seinen und Sigrids Küchentisch versammelt zu haben, während alle drei Kinder sicher in einem Zimmer schliefen und ein Wochenende vor ihnen lag. Aber obwohl sie ihn angelächelt hatte, obwohl sie offensichtlich sehr viel Spaß hatte und es genoss, Gastgeberin zu sein, Abendessen für alle zu kochen, zusätzliche Kissen und ein Badespielzeug für Barney zur Hand zu haben, als ob sie so etwas tagtäglich machte, wollte sie Edward nicht erlauben, aus diesem Abend ein seltenes Ereignis, etwas Besonderes zu machen. Sie benahm sich, als sei das alles völlig normal, als käme Petra öfter mit dem Bus nach London, als hätte es keine Entfremdung zwischen Ralph und Petra gegeben, keine Komplizenschaft zwischen Charlotte und Petra, kein Straucheln in ihrem und Edwards Eheleben. Und sie hatte recht, dachte Edward, sie hatte recht, keine große Sache daraus zu machen, denn selbst wenn es ein erstes Mal war, es war erst ein Anfang und es lag noch ein weiter, weiter Weg vor ihnen.
    Anfangs saßen sich Ralph und Petra an den Tischenden gegenüber. Sie hatten sich den ganzen Abend nicht berührt; kaum direkt miteinander gesprochen, und Ralph hatte ziemlich früh am Abend angekündigt, dass er anschließend zurück in sein Zimmer fahren würde. Petra hatte nicht mit der Wimper gezuckt. Sie machte auf Edward einen bemerkenswert gefassten Eindruck und schaffte es, Ralph auf eine Weise anzusehen, wie er sie nicht ansehen konnte – zumindest noch nicht. Charlotte und Luke flirteten über den Tisch hinweg, der ganze Lärm und die Energie schienen von ihnen auszugehen. Er bemerkte, dass Petra sie mit Unbefangenheit und Freude und mit einem Ausdruck, wie vorhin schon bei der Kissenschlacht der Jungs, beobachtete, beinahe nachsichtig. Komisches Mädchen, dachte er, komisches, merkwürdiges Mädchen, aber wir sollten sie nicht unterschätzen, vor allem ich nicht, und Ralph erst recht nicht. Nur weil jemand nicht dasselbe weiß wie man selbst, heißt das noch lange nicht, dass das, was er weiß, nicht genauso wichtig ist. Oder sogar noch wichtiger. Sie hat sich alles allein erkämpft, das sollten wir nicht vergessen, wir sollten nicht vergessen, wie behütet wir gewesen sind, verglichen mit ihr. Er hatte einen Kloß im Hals und hob sein Weinglas, um ihn hinunterzuspülen. Gott, er wurde schon genauso sentimental wie sein Vater.
    Sein Vater! Er hob die Hand und schlug sich gegen die Stirn. Die Eltern! Sie sollten es ihnen sagen, sie sollten – nein, er sollte Anthony und Rachel anrufen, um ihnen zu sagen, dass alle hier versammelt waren, in bester Laune. Er hatte sie vollkommen vergessen. Das war schlimm, wirklich schlimm. Er erhob sich halb. Er würde sie gleich vom Arbeitszimmer aus anrufen.
    »Wohin gehst du, Mann?«, fragte Luke. Er langte zwischen schmutzigen Tellern und Gläsern über den halben Tisch, um Charlottes Hand zu halten.
    Edwards Gesicht hatte diesen leicht besorgten Ausdruck, der Sigrid so vertraut war.
    »Ich hab nur gerade gedacht, ich sollte die
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