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Schwesterlein, komm tanz mit mir

Schwesterlein, komm tanz mit mir

Titel: Schwesterlein, komm tanz mit mir
Autoren: Mary Higgins Clark
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tätowiert.
    Nicht, daß er die Kinder nicht liebte oder nicht genug an Susan hing. Er hätte sich nur nicht so früh auf diese Familienvater-Routine einlassen sollen. Als Douglas Fox, Investment-Banker, hervorragender Bürger von Scarsdale, war sein Leben ein Muster an Langeweile.
    Er parkte und rannte, um den Zug zu erwischen. Er tröstete sich mit dem Gedanken, daß sein Leben als Doug Fields, unverheirateter Künstler und Fürst der Bekanntschaftsanzeigen, bunt und geheimnisvoll war, und wenn der dunkle Drang ihn überkam, gab es eine Möglichkeit, ihn zu befriedigen.

3
    MITTWOCH, 20. FEBRUAR
    A m Mittwoch abend traf Darcy pünktlich um halb sieben in Nona Roberts’ Büro ein. Sie hatte am Riverside Drive einen Termin mit einem Kunden gehabt und Nona angerufen, um ihr vorzuschlagen, gemeinsam ein Taxi zum Restaurant zu nehmen.
    Nonas Büro war eine vollgestopfte Kabine in einer ganzen Reihe vollgestopfter Kabinen im neunten Stock des Gebäudes von Hudson Cable Network. Es enthielt einen etwas ramponierten, mit Papieren und mehreren Aktenordnern beladenen Eichenschreibtisch, dessen Schubladen nicht mehr richtig schlossen, Regale mit Nachschlagewerken und Bändern, ein sichtlich unbequemes Zweiersofa und einen Chefdrehsessel, von dem Darcy wußte, daß er sich nicht mehr drehte. Auf dem schmalen Fensterbrett ließ eine Pflanze, die Nona ständig zu gießen vergaß, müde die Blätter hängen.
    Nona liebte dieses Büro. Darcy fragte sich insgeheim, wieso es sich eigentlich nicht durch spontane Entzündung selbst verbrannte. Als sie kam, war Nona am Telefon; also ging sie hinaus, um Wasser für die Pflanze zu holen. «Sie fleht um Gnade», sagte sie, als sie zurückkam.
    Nona hatte den Anruf eben beendet. Sie sprang auf, um Darcy zu umarmen. «Ich hab halt keinen grünen Daumen.»
    Sie trug einen khakifarbenen Wolloverall, der die Linien ihres schlanken Körpers getreulich nachzeichnete. Ein schmaler Ledergürtel mit einer weißgoldenen Schnalle in Form verschränkter Hände umschloß ihre Taille. Ihr mittelblondes Haar mit grauen Strähnen war streng geschnitten und reichte kaum bis zum Kinn. Ihr lebhaftes Gesicht war eher interessant als hübsch.
    Darcy war froh zu sehen, daß der Kummer in Nonas dunkelbraunen Augen fast völlig einem Ausdruck trockenen Humors gewichen war. Nona war frisch geschieden, und das hatte ihr hart zugesetzt. Wie sie es ausdrückte:
    «Es ist schon traumatisch genug, vierzig zu werden, ohne daß der Ehemann einen wegen eines einundzwanzigjährigen Gänschens sitzenläßt.»
    «Bißchen spät geworden», entschuldigte sich Nona.
    «Treffen wir Erin um sieben?»
    «Zwischen sieben und Viertel nach sieben», sagte Darcy, deren Finger danach juckten, die toten Blätter der Pflanze abzuzupfen.
    «Also fünfzehn Minuten für den Weg, vorausgesetzt, ich werfe mich vor einem leeren Taxi auf die Fahrbahn. Großartig. Eins möchte ich noch machen, bevor wir gehen.
    Komm doch mit und schau dir die mitfühlende Seite des Fernsehens an.»
    «Ich wußte gar nicht, daß es eine hat.» Darcy griff nach ihrer Umhängetasche.
    Alle Büros waren um einen großen Mittelraum herum angeordnet, in dem Sekretärinnen und Schreibkräfte an ihren Schreibtischen saßen. Computer surrten, Faxmaschinen ratterten. Am Ende des Raumes saß ein Sprecher vor einer Kamera und verlas Nachrichten. Nona winkte einen allgemeinen Gruß, als sie vorbeiging. «Hier gibt es keine einzige unverheiratete Person, die nicht für mich auf Bekanntschaftsanzeigen antwortet. Ich hab sogar den Verdacht, daß ein paar vermutlich verheiratete Typen sich ebenfalls heimlich mit attraktiven Chiffrenummern treffen.»
    Sie führte Darcy in einen Vorführraum und machte sie mit Joan Nye bekannt, einer hübschen Blondine, die nicht älter aussah als zweiundzwanzig. «Joan macht die Nachrufe», erklärte sie. «Sie hat gerade einen wichtigen fertig und bat mich, ihn mir anzusehen.» Sie wandte sich Joan Nye zu.
    «Ich bin sicher, er ist prima», sagte sie beruhigend.
    Joan seufzte. «Hoffentlich», sagte sie und drückte auf den Knopf, um den Film abzuspielen.
    Das Gesicht der großen Filmschauspielerin Ann Bouchard füllte den Bildschirm. Die einschmeichelnde Stimme von Gary Finch, dem Moderator von Hudson Cable, klang angemessen gedämpft, als er zu sprechen begann.
    «Ann Bouchard gewann ihren ersten Oscar im Alter von neunzehn Jahren, als sie 1928 in dem Klassiker ‹Gefährlicher Weg› für die erkrankte Lillian Marker eingesprungen
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