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Schwesterlein, komm tanz mit mir

Schwesterlein, komm tanz mit mir

Titel: Schwesterlein, komm tanz mit mir
Autoren: Mary Higgins Clark
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Wochen hatten sie angefangen. Darcy hatte nur Zeit für ein einziges Treffen gehabt, ehe sie nach Lake Tahoe und Bel-Air abreiste. Dieser Mann hatte geschrieben, er sei einsfünfundachtzig groß. Wie sie Erin hinterher erzählte, mußte er auf einer Leiter gestanden haben, als er sich maß. Außerdem hatte er behauptet, er sei leitender Mitarbeiter einer Werbeagentur. Aber als Darcy beiläufig die Namen einiger Agenturen und Kunden erwähnte, war er total ins Schwimmen geraten. Ein Lügner und eine Null, berichtete sie Erin und Nona. Jetzt lächelte Darcy erwartungsvoll und bat Erin, von ihren neusten Begegnungen zu erzählen.
    «Das heb ich mir für morgen abend auf, wenn wir mit Nona zusammenkommen», sagte Erin. «Ich schreibe alle Einzelheiten in das Notizbuch, das du mir zu Weihnachten geschenkt hast. Jetzt nur soviel: Seit unserem Gespräch habe ich zwei weitere Treffen gehabt. Das macht insgesamt acht Verabredungen in den letzten drei Wochen. Die meisten waren Trottel, für die es sich nicht gelohnt hat.
    Einen kannte ich schon vorher, wie sich herausstellte. Einer der Neuen war wirklich attraktiv, und der hat natürlich nicht wieder angerufen. Heute abend treffe ich wieder einen. Hörte sich gut an, aber warten wir’s ab.»
    Darcy grinste. «Offenbar hab ich eine Menge verpaßt.
    Wie viele Anzeigen hast du für mich beantwortet?»
    «Ungefähr ein Dutzend. Ich dachte, es könnte lustig sein, wenn wir auf einige Anzeigen beide antworten würden.
    Dann können wir unsere Notizen vergleichen, falls die Typen anrufen.»
    «Wunderbar. Und wo triffst du heute abend deinen Kandidaten?»
    «In einem Lokal in der Nähe vom Washington Square.»
    «Was macht er?»
    «Er ist Anwalt. Aus Philadelphia. Er läßt sich gerade hier nieder. Du kannst doch morgen abend kommen, oder?»
    «Natürlich.» Sie wollten sich mit Nona zum Abendessen treffen.
    Erins Ton veränderte sich. «Ich bin froh, daß du wieder in der Stadt bist, Darce. Ich hab dich vermißt.»
    «Ich dich auch», sagte Darcy, und es kam von Herzen.
    «Okay, bis morgen.» Sie wollte sich schon verabschieden, fragte aber noch: «Wie heißt denn die heutige Katze im Sack?»
    «Charles North.»
    «Hört sich nach was Besserem an, gehobene weiße Mittelklasse. Also dann viel Spaß, Erin.» Darcy legte auf.
    Bev wartete geduldig mit den Nachrichten. Jetzt war ihr Ton eindeutig neidisch. «Ehrlich, wenn Sie beide reden, hören Sie sich an wie zwei Schulmädchen. Sie stehen sich näher als Schwestern. Wenn ich an
meine
Schwester denke, dann würde ich sagen, viel näher.»
    «Da haben Sie vollkommen recht», sagte Darcy leise.
    In der Sheridan-Galerie in der 78. Straße unweit der Madison Avenue war eine Auktion in vollem Gange. Der Inhalt des riesigen Landhauses eines verstorbenen Ölbarons hatte eine große Menge von Händlern und Sammlern angelockt.
    Chris Sheridan beobachtete die Szene aus dem Hintergrund des Raumes und dachte zufrieden, welcher Triumph es gewesen war, Sotheby’s und Christie’s das Privileg wegzuschnappen, diese Sammlung zu versteigern. Absolut wundervolle Möbel aus der Queen-Ann-Periode; Gemälde, die sich weniger durch ihre Technik als durch ihre Seltenheit auszeichneten; Revere-Silber, von dem er wußte, daß es fieberhafte Gebote auslösen würde.
    Mit seinen dreiunddreißig Jahren glich Chris Sheridan noch immer mehr der Sportskanone, die er im College gewesen war, als einer führenden Autorität auf dem Gebiet antiker Möbel. Seine Größe von fast einsneunzig wurde noch betont durch seine gerade Haltung. Er hatte breite Schultern und schmale Hüften. Sandfarbenes Haar rahmte ein Gesicht mit ausgeprägten Zügen ein. Die blauen Augen schauten entwaffnend und freundlich. Seine Konkurrenten hatten allerdings die Erfahrung gemacht, daß diese Augen rasch ein durchdringendes, zielstrebiges Funkeln annehmen konnten.
    Chris verschränkte die Arme, während er den letzten Geboten für einen Domenico-Cucci-Schrank mit Paneelen aus
pietra dura
und in der Mitte eingelegten Steinreliefs zuhörte. Er war kleiner und weniger fein ausgeführt als die beiden Schränke, die Cucci für Ludwig XIV. angefertigt hatte, aber dennoch ein herrliches, makelloses Stück, von dem er wußte, daß das Metropolitan-Museum es unbedingt haben wollte.
    Es wurde still im Raum, als die beiden hochrangigen Konkurrenten, das Met und der Vertreter einer japanischen Bank, ihren Kampf fortsetzten. Jemand tippte Chris auf den Arm, und mit zerstreutem Stirnrunzeln wandte er sich
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