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Schwesterlein, komm stirb mit mir

Schwesterlein, komm stirb mit mir

Titel: Schwesterlein, komm stirb mit mir
Autoren: Karen Sander
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gefährlich waren. Einsame Parkhäuser befanden sich definitiv unter den Top Ten. Hier konnte ein Täter unauffällig seinem Opfer auflauern und es in Sekundenschnelle überwältigen, ohne dass irgendwer etwas mitbekam – zumindest wenn es keine Kameraüberwachung gab.
    Liz erreichte den Treppenabsatz, trat hinaus in den Regen und atmete erleichtert auf. Normalerweise hatte sie sich besser unter Kontrolle, doch dieser Briefschreiber hatte ihren Schutzwall durchbrochen. So sehr, dass sie gestern Abend lieber auf der Straße geparkt hatte, als in die Tiefgarage zu fahren, die zu ihrem Wohnkomplex gehörte. Liz schob den Gedanken beiseite, spannte den Schirm auf und lief auf das Gebäude der Philosophischen Fakultät zu.
    Als sie die Tür zum Büro aufstieß, registrierte sie, dass außer Ruben niemand da war. Gut so.
    «Morgen», sagte sie.
    Ruben blickte erschrocken auf, offenbar hatte er die Tür nicht gehört. «O, Morgen. Ist heute Donnerstag?» Er blinzelte verunsichert.
    «Ich habe gestern was vergessen», erklärte Liz und trat an den Schreibtisch. Sie griff nach einem Buch, das sie absichtlich dort gelassen hatte, weil sie es zu Hause nicht brauchte. Jetzt diente es als Vorwand. Langsam ging sie zurück zur Tür. Als sie die Klinke schon in der Hand hatte, fragte sie, als wäre es ihr gerade eingefallen: «Dieser Brief gestern, woher kam der eigentlich?»
    Ruben sah sie an. «Welcher Brief?»
    «Der Umschlag, auf dem die Anschrift mit Schreibmaschine getippt war.»
    «Ach der. Hab mich auch gewundert, dass jemand noch so ein antiquiertes Gerät benutzt. Ich dachte, der sei vielleicht von irgendeinem alten Professor, der keinen Computer besitzt.»
    Liz nickte ungeduldig. «Und?»
    «Ich weiß nicht. Er war in der Poststelle, wie die anderen Briefe auch. Gab es denn keinen Absender?»
    «Nein. Und keinen Poststempel.»
    «Dann muss ihn jemand persönlich in Ihr Fach gelegt haben.»
    «Wird wohl so sein. Danke.» Sie öffnete die Tür. Ein Gedanke kam ihr, und sie schloss sie wieder. «Ruben?»
    «Ja, Frau Montario?»
    «Sie kennen sich doch ganz gut damit aus, wie man im Internet an Informationen kommt. Auch solche, die nicht so leicht zugänglich sind.»
    Jetzt schien sein Interesse geweckt. «Um was geht es denn?»
    Sie zögerte. «Es geht um eine Person. Ich müsste wissen, wo sie wohnt und was sie macht.»
    «Dürfte nicht so schwer sein. Falls Sie einen Namen haben. Und am besten auch das Geburtsdatum, zumindest so ungefähr.»
    «Jan Schneider», sagte sie. «Ein genaues Geburtsdatum habe ich leider nicht, aber er müsste so Mitte dreißig sein.»
    «Hm. Schneider ist nicht gerade ein seltener Name. Irgendetwas, das mir die Suche erleichtern könnte?»
    «Soviel ich weiß, hat er bis vor wenigen Monaten im Gefängnis gesessen. Wo, kann ich nicht sagen, aber als Jugendlicher war er einige Monate in der JVA  Siegburg.»

Freitag, 18. Oktober, 19:03 Uhr
    Georg Stadler warf seine Lederjacke auf das Sofa und ging ins Bad. Eine halbe Stunde blieb ihm bis zu seiner Verabredung mit der Psychologin, gerade genug Zeit für eine Dusche und ein kaltes Bier. Er ließ erst heißes, dann eiskaltes Wasser über seinen Körper laufen und summte dabei vor sich hin. Er hätte nicht gedacht, dass diese Elisabeth Montario sich so rasch zu einem Treffen bereit erklären würde. Jetzt hing es von seiner Überredungskunst ab, ob er es schaffte, sie für sein Problem zu erwärmen. Und von seinem Charme. Er trat aus der Dusche, trocknete sich kurz ab und betrachtete sich im Spiegel. Nicht schlecht für einen Mann Ende vierzig, dachte er zufrieden. Zahlte sich doch aus, regelmäßig Sport zu treiben. Er trat ins Schlafzimmer und registrierte, dass die Putzfrau ganze Arbeit geleistet hatte. Das Bett war frisch bezogen, keine Spuren mehr übrig von der letzten Nacht. Diese Regine, Regula oder wie sie hieß war allerdings eine ziemliche Pleite gewesen. Erst hatte sie ihn angebaggert und sich dann im Bett plötzlich steif gemacht wie ein Brett. Er gehörte nicht zu den Männern, die so taten, als würden sie es nicht merken. Also hatten sie stattdessen geredet. Nicht gerade seine Vorstellung von einem befriedigenden Feierabend, zumal Regine oder Regula zwar gut aussah, aber nur über ein sehr eingeschränktes Repertoire an Gesprächsthemen verfügte. Na ja, meistens hatte er mehr Glück. Er nahm ein frisches Hemd aus dem Schrank und zog sich an. Vielleicht war diese Psychotante einen Versuch wert. Nein, eher nicht. Schließlich
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