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Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar

Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar

Titel: Schwerter-Zylus 06 - Die Schwerter von Lankhmar
Autoren: Fritz Leiber
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umwandte. Sie führte die Handfläche langsam an den Mund, hob die Hand dann auf die andere Seite, um von der Dolchspitze des Mauslings die Pflaume abzuziehen. Geziert saugte sie an der winzigen Stichwunde, die sie sich dabei zuzog.
    »Mein lieber Sir«, sagte sie, »Sie haben mir versprochen, die Frucht wäre warm, aber das ist sie nicht. Der Abend hält Einzug.« Sie sah sich um. »Sogar Schwertkämpfer Fafhrd hat eine Gänsehaut!« verkündete sie, errötete und schlug eine Hand vor den Mund. »Schließen Sie Ihr Wams, Sir. Sie vermeiden damit vielleicht eine Erkältung und die Nervosität eines Mädchens, das solchen Anblick nicht gewöhnt ist – außer bei Sklaven.«
    Das schwarze Kätzchen kam auf der Steuerbordreling näher. Fafhrd griff sofort danach. »Haben Sie die Schiffskatze schon gesehen, kleine Dame?« rief er und näherte sich Hisvet, das Tier in seinen großen Händen verborgen. »Hier, sonnengeröstet, wärmer als jede Pflaume.« Und er streckte ihr das Tier hin.
    Doch Fafhrd hatte den Standpunkt der Katze unberücksichtigt gelassen. Ihr sträubte sich sofort das Fell, als sie sich in der Nähe der Ratten sah, und als Hisvet jetzt die Hand ausstreckte, ihre Zähne lächelnd entblößte und sagte: »Armes kleines Tier« – da zischte die Katze wild und schlug mit ausgespreizten Klauen zu.
    Hisvet zog überrascht die Hand zurück. Ehe Fafhrd das Tier zur Seite werfen konnte, war es schon auf seinen Kopf und von dort zum höchsten Punkt des Ruderbaums gesprungen.
    Der Mausling eilte an Hisvets Seite und rief Fafhrd zu: »Blödian! Siehst du denn nicht, daß das Tier halb wild ist!« Und Hisvet fragte er besorgt: »Demoiselle! Sind Sie verletzt?«
    Fafhrd schlug aufgebracht nach der Katze, und einer der Rudergänger tat es ihm nach, wohl weil er das Steuerruder nicht für einen geeigneten Platz für Tiere hielt. Die Katze sprang mit gewaltigem Satz zur Steuerbordreling, verlor hier den Halt und baumelte an zwei Pfoten über dem wirbelnden Wasser.
    Hisvet verbarg ihre Hand vor dem Mausling, der auf sie einredete: »Lassen Sie mich das untersuchen, Demoiselle. Schon der kleinste Kratzer einer schmutzigen Schiffskatze kann gefährlich sein.« Sie erwiderte, fast ein wenig verspielt: »Nein, Dolchschwinger, es ist nichts.«
    Fafhrd ging zur Steuerbordreling – in der Absicht, die Katze über Bord zu werfen, doch als er dann die Hände ausstreckte, umfing er plötzlich das Tier und zog es wieder hoch. Die Katze revanchierte sich mit einem kräftigen Biß in seinen Daumen und entfloh in den Achtermast. Fafhrd unterdrückte einen Aufschrei. Slinoor lachte.
    »Ich werde die Hand trotzdem untersuchen«, sagte der Mausling beherzt und nahm Hisvets Hand. Sie hielt einen Augenblick still, wich dann mit schneller Bewegung zurück, richtete sich auf und sagte eisig: »Dolchschwinger, Sie vergessen sich! Nicht einmal der eigene Arzt darf eine Demoiselle von Lankhmar berühren – er berührt nur den Körper ihres Mädchens, dem die Demoiselle ihre Schmerzen und Symptome schildert. Lassen Sie mich allein, Dolchschwinger!«
    Der Mausling trat mürrisch zurück. Fafhrd saugte an seinem Daumen. Hisvet folgte dem Mausling. »Sie hätten mich bitten sollen, mein Mädchen zu rufen. Sie ist sehr hübsch.«
    Die Sonne war kaum noch über dem Horizont zu sehen. Slinoor rief zum Krähennest hinauf: »Was ist mit dem schwarzen Segel, Junge?«
    »Die Entfernung ist unverändert, Herr«, tönte es von oben.
    Mit grünlichem Schimmer ging die Sonne unter. Hisvet neigte sich zur Seite und küßte den Mausling unter das Ohr. Ihre Zunge kitzelte ihn am Hals.
    »Jetzt habe ich es verloren, Herr«, rief der Ausguck. »Es gibt Nebel im Nordwesten. Und im Nordosten ... eine kleine schwarze Wolke ... wie ein schwarzes lichtbesprenkeltes Schiff ... bewegt sich durch die Luft. Ist auch verschwunden. Nichts mehr zu sehen, Herr.«
    Hisvet schaute wieder geradeaus. Slinoor kam auf sie zu. »Der Ausguck sieht zuviel«, knurrte er. Hisvet erschauderte und sagte: »Die Weißen Schatten werden sich erkälten. Sie sind so empfindlich, Dolchschwinger.« Der Mausling hauchte ihr ins Ohr: »Und Sie sind ein Weißer Schatten der Ekstase.« Dann marschierte er zu den Silberkäfigen und sagte laut: »Könnten Sie uns nicht morgen die Freude machen, die Ratten hier auf Deck vorzuführen? Es muß doch sehr lehrreich sein, zu sehen, wie Sie sie anleiten.« Er fuchtelte über den Käfigen herum und log: »Ja, es sind wirklich prächtige Tiere.«
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