Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwerter und Eiszauber

Schwerter und Eiszauber

Titel: Schwerter und Eiszauber
Autoren: Fritz Leiber
Vom Netzwerk:
und auf diese Weise zumindest die Vorhut der dicht gedrängt segelnden Mingolflotte festzuhalten. Der enger werdende Abstand setzte für diesen Fall eine perfekte, ja gottesähnliche zeitliche Genauigkeit voraus, doch er hatte sich damit große Mühe gegeben, und schließlich sollten die Götter ja auf seiner Seite stehen, nicht wahr? – zumindest zwei davon.
    Die Pferdegaleeren der Mingols hatten inzwischen so dicht aufgeschlossen, daß Mikkidu und seine Diebe ihre Schlingen mit Bleikugeln beluden und sich schleuderbereit aufstellten; allerdings hatten sie Anweisung, erst anzugreifen, nachdem die Mingols den Pfeilbeschuß begonnen hatten. Auf einem der verfolgenden Schiffe wieherte ein Hengst in seinem Käfig.
    Der Gedanke an den Mahlstrom veranlaßte den Mausling, in seinem Beutel nach dem goldenen Töter zu tasten. Er fand ihn, doch irgendwie hatte sich der verkohlte Stummel der Loki-Fackel darin verklemmt. Der Mausling wollte den schwarzen Gottesbrand schon lösen, als ihm der Gedanke kam, daß Loki als Gott (und auf eine Weise war dieser verkohlte Rest mit Loki identisch) ein goldenes Haus – oder Sarg – verdient hätte. So wickelte er einer Laune folgend die feste Schnur, die daran noch befestigt war, mehrmals fest um den schweren goldenen Würfel und verknotete sie, so daß die beiden (der Wirbeltöter und der Gottesbrand) fest miteinander verbunden waren.
    Cif stieß ihn von der Seite an. Ihre goldfleckigen Augen funkelten, als wollten sie ausrufen: »Ist das nicht aufregend!«
    Er nickte nicht ganz so begeistert. Gewiß, es war aufregend, doch auch ungemein gefährlich und von so vielen Einflüssen abhängig – außerdem konnte er nach wie vor nur Vermutungen anstellen über die Anweisungen, die der Gott Loki gegeben hatte in der Rede, die er vergessen und die offenbar niemand sonst gehört hatte ...
    Er blickte sich auf dem Deck um, suchte die Gesichter ab. Seltsam, doch in allen Augen schien dieselbe jungbrunnenhafte Erregung zu funkeln, die er schon bei Cif wahrgenommen hatte – sogar Gavs, Trenchi und Gib (die Mingols) waren davon angesteckt, auch Mutter Grum, deren Augen schimmerten wie schwarze Knöpfe ...
    Nur ein von Falten gesäumtes Augenpaar zeigte sich unverändert: in den Augen des alten Ourph, der Gavs am Steuer aushalf, schien eher eine traurige und geduldige Resignation zu liegen, als beschäftige er sich voller Gelassenheit aus der Ferne mit einer großen universalen Katastrophe. Impulsiv ließ ihn der Mausling ablösen und zog ihn an die Leereling.
    »Alter Mann«, sagte er, »du warst vorgestern abend im Ratssaal, als ich zu den Leuten sprach und sie mich bejubelten. Ich nehme an, daß du wie alle anderen kein Wort von meiner Rede gehört hast oder allenfalls einige wenige – die Anweisungen für Gronigers Expedition und unser heutiges Auslaufen.«
    Etwa zwei Atemzüge lang starrte der alte Mingol ihn seltsam an, dann schüttelte er langsam den kahlen Schädel und sagte: »Nein, Kapitän, ich habe jedes einzelne Wort gehört, das du an dem Abend sprachst, und sie stimmten mich sehr traurig, denn sie brachten dieselbe Philosophie zum Ausdruck, von der sich meine Artgenossen aus der Steppe leiten lassen, diese böse Philosophie, die mich dazu brachte, in jungen Jahren meine Heimat zu verlassen und mein Leben unter Heiden zu verbringen.«
    »Was meinst du?« fragte der Mausling. »Ich bitte dich, sprich so knapp wie möglich!«
    »Nun, auf höchst einschmeichelnde Weise – selbst ich war in Versuchung – hast du von der Herrlichkeit des Todes gesprochen und wie großartig es doch wäre, freudig der Vernichtung entgegenzugehen und dabei seine Feinde mitzunehmen. Daß dies das Gesetz des Lebens sei, sein krönender Abschluß und seine Größe, die höchste Befriedigung des Daseins. Und als du den Leuten sagtest, daß sie bald sterben müßten und wie das geschehen würde, jubelten sie dir begeistert zu, wie es meine Mingols im Klimakterium zu tun pflegen, und mit demselben Glanz in den Augen. Diesen Glanz kenne ich nur zu gut. Wie gesagt, es stimmte mich sehr traurig, daß du ein so inbrünstiger Anhänger des Todes bist, aber da du mein Kapitän bist, nahm ich das hin.«
    Der Mausling wandte den Kopf und blickte in die erstaunten Augen Cifs, die ihm gefolgt war und jedes Wort des alten Ourph gehört hatte, und sie beide sahen in den Augen ihres Gegenübers dasselbe Verstehen aufdämmern.
    In diesem Augenblick spürte der Mausling, wie die Treibgut unter seinen Füßen ruckartig
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher