Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwerter und Eiszauber

Schwerter und Eiszauber

Titel: Schwerter und Eiszauber
Autoren: Fritz Leiber
Vom Netzwerk:
erstreckte. Sie alle schwenkten Lanzen oder andere Waffen. Während auf ganzer Strecke zwischen ihnen die Verteidiger Kalthafens Aufstellung genommen hatten, ebenso Fafhrds Berserker, die die Zahl der Krieger verstärkten, aber auch die Leute aus Salzhaven in Reih und Glied halten mußten, die noch immer dazu neigten, einfach loszumarschieren. In der Mitte der breiten Wehrmauern Kalthafens, flankiert von Groniger und einem anderen Lanzenschwinger, stand Odins Sänfte, darüber der flach gelegte Galgen, den man wie im Totenland festgeklemmt hatte, während ringsum Fafhrd, Afreyt und die drei Mädchen Aufstellung genommen hatten. Letztere ließen an langen Stangen ihre roten Mäntel wie Flaggen wehen. (Fafhrd hatte alles befürwortet, das die Wirkung verstärken konnte, und die Mädchen waren begierig, ihren Teil zu der Demonstration beizutragen.) Afreyt hatte sich einen Speer ausgeborgt, während Fafhrd abwechselnd sein Schwert und die Schnüre der fünf Schlingen schwenkte, die um seine linke Hand lagen – er schüttelte sie den gedrängt fahrenden Mingol-Schiffen entgegen, die dem Hafen entgegenglitten. Und Groniger und die anderen Inselbewohner brüllten so laut sie konnten das Verderben-Lied.
    Plötzlich (es geschah genau in dem Augenblick, da der Mausling auf der anderen Seite der Reifinsel seinen Wirbeltöter schleuderte) zogen die Wirbelwinde, die von der Veränderung der Winde ausgelöst wurden, nordwärts über die Szene hin und ließen die roten Flaggen flattern, und der Himmel verdüsterte sich, und ein Grollen ertönte aus der Tiefe Höllenscheins, der aus Sympathie für Dunkelfeuer ebenfalls auszubrechen begann. Das Meer geriet in Bewegung und war kurz darauf genarbt von den Auswürfen des Vulkans, riesige Felsen, die in gewaltiger Kanonade ins Meer prasselten wie das gebrüllte »Verderben! Verderben!« des dräuenden Gesangs. Die Flotte der Gegenlauf-Mingols wich bereits auf das offene Meer zurück, getrieben von der Gewalt des Windes, der nun von der Küste wehte – entfernte sich frohgemut von der schrecklichen brennenden Küste, die von einer Mauer aus Riesen bewacht zu sein schien, größer als Bäume, und von der Macht aller vier Elemente. Und Höllenfeuers Rauch streckte sich über ihnen wie ein Leichentuch.
    Doch ehe diese Ereignisse ihren Abschluß gefunden hatten (genaugenommen in dem Augenblick, da hundert Meilen weiter östlich ein schwarzer Regenbogen oder Wasserstrahl aus dem Zentrum des Wirbels in den Himmel schoß), begann Odins Sänfte auf der Schutzmauer zu zittern, und der schwere Galgen regte sich und neigte sich aufwärts wie eine Kompaßnadel, die einem fremdartigen Magnetismus gehorcht. Afreyt schrie auf, als sie Fafhrds linke Hand vor ihren Augen schwarz werden sah. Und Fafhrd brüllte in plötzlicher Pein, als er spürte, wie sich die fünf Schlingen, die May geflochten hatte, erbarmungslos wie Stahldrähte um sein Handgelenk zusammenzogen, sich tiefer und immer tiefer zwischen Arm- und Handknochen eingruben, Haut und Fleisch durchschneidend, Knorpel und Sehnen und zarteres Gewebe sprengend, während die Hand gleichzeitig in die Höhe gezerrt wurde.
    Im nächsten Augenblick schossen die Vorhänge der Sänfte senkrecht empor, und der Galgen richtete sich ruckartig auf und begann zu vibrieren. Plötzlich schoß etwas schimmernd Schwarzes in den Himmel, die Wolken durchstoßend, und Fafhrds abgetrennte Hand, an den Schlingen hängend, folgte der Erscheinung.
    In dem Moment fielen die Vorhänge zurück, und der Galgen stürzte krachend von der Mauer, während Fafhrd verständnislos auf das Blut starrte, das aus seinem Armstumpf quoll. Afreyt bezwang ihr Entsetzen und schloß die Finger um die Arterien und forderte May auf, die am nächsten stand, mit dem Messer ihren weißen Rock zu zerschneiden, damit sie Bandagen hatten. Das Mädchen reagierte schnell, und Afreyt gebrauchte die Streifen zum Abbinden und versorgte Fafhrds schlimme Wunde, während er ausdruckslos zuschaute.
    Als sie fertig war, murmelte er: »›Ein Kopf für einen Kopf, eine Hand für eine Hand‹, hat sie gesagt.«
    Und Afreyt gab energisch zurück: »Besser eine Hand als einen Kopf.«
     
    In Seiner engen Kugel hämmerte Khahkht vom Schwarzen Eis zornig gegen die gekrümmten Wände und versuchte, die Reifinsel von der Landkarte zu kratzen. Er mahlte die Figuren, die Fafhrd und den Mausling und die anderen darstellten, zwischen hornigen schwarzen Handflächen und zupfte verzweifelt an den Stücken, die die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher