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Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente

Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente

Titel: Schweinskopf al dente - Falk, R: Schweinskopf al dente
Autoren: Rita Falk
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man selber holen. Und dann muss man ewig oft gehen, weil die Teller so klein sind. Und wenn man zu viel draufpackt, verliert man die Hälfte. Und dann kriegt man böse Blicke vom Pinguin. Also von Traum keine Rede. Direkt schon mehr ein Albtraum, kann man da quasi sagen.
    Draußen in der Empfangshalle steht eine Tafel, wo draufsteht:
    Heute großer Tanzabend.
    Um Tischreservierung wird gebeten.
    Abendkleidung erwünscht.
    »Ach, schau Franz, da gehen wir hin! Wir haben schon |218| so lange nicht mehr getanzt«, sagt die Susi und hüpft gleich vor Freude in die Höhe. Also wandern wir zielstrebig zur Rezeption, wo jetzt der Pinguin wieder lauert.
    Verfolgt der uns, oder was?
    Er reserviert uns einen Tisch, kein Problem, und trägt unsere Namen in eine Liste ein.
    »Besitzen Sie eine Krawatte?«, fragt er in meine Richtung.
    »Nicht, dass ich wüsste«, sag ich.
    Was will der von mir?
    »Jeder erwachsene Mann sollte in Gottes Namen zumindest eine einzige brauchbare Krawatte besitzen«, sagt er und rümpft ein bisschen die Nase.
    »Hey, hey, hey!«, sag ich.
    »Wir werden eine kaufen«, sagt die Susi und schleift mich hinter sich her zur Tür hinaus.
    Wir kaufen nicht eine, wir kaufen sieben. Für jeden Wochentag eine. Mit den jeweiligen Wochentagen drauf, versteht sich. Sehr praktisch. So hat man nicht zweimal hintereinander dieselbe am Hals.
    Die Susi schmeißt sich in Schale, das kann man gar nicht erzählen. Sie trägt ein Dirndl, und weil sie einen einwandfreien Dirndlbusen hat, schaut sie halt schon besonders scharf aus darin. Da fall ich eher ab mit meiner Jeans und dem weißen Hemd. Dafür trag ich aber Krawatten. Sieben Stück an der Zahl. Jetzt kann er sich eine aussuchen, der Herr Oberkellner.
     
    Der großartige Tanzabend besteht dann aus einer Elektroorgel samt Peiniger, der inbrünstig Julio-Iglesias-Lieder in den Saal schmachtet und bei jeder Gelegenheit einzelne Schmalzlocken über eine ansonsten eher lichte Schädeldecke fingert. Ein paar alternde Paare schlurfen übers Parkett |219| und sabbern sich gegenseitig ans Revers. Ein älterer Herr mit jüngerer Begleitung schwingt ebenfalls eifrig das Tanzbein, während sie hinterrücks die Augen in alle Richtungen verdreht. Und auch zwei betagte Mädchen durchstreifen Wange an Wange den Saal.
    »Ich glaub, ich mag lieber doch nicht tanzen«, sagt die Susi mit Blick auf das wiegende Elend.
    Das ist ein Wort!
    Ich pack sie am Arm und schleif sie hinter mir her.
    »Amor   …«, tönt es noch bedrohlich aus den Boxen. Am Eingang steht der Pinguin. Ich reiß mir die Krawatten vom Hals und drück sie ihm in die Arme. Alle sieben.
    Später finden wir ein erstklassiges Rockcafé und fetzen uns bei ›Metallica‹ die Seele aus dem Leib.

|220| Kapitel 25
    Wie ich am Montag in der Früh in mein Büro komm, sind schon die Özdemirs drin. Der Vater im Kleid, die Mutter mit Kopftuch, ganz, wie gehabt. Und nicht zuletzt der Fußballgott mitsamt seiner Schwester. Medine, die Hässliche, steht am Fenster und schaut hinaus.
    »Familie Özdemir, was verschafft mir die Ehre?«, sag ich gleich, wie ich reinkomm.
    Der Jüngere tritt mir entgegen und gibt mir die Hand.
    »Eberhofer, alte Wursthaut«, sagt er und grinst. »Das ist übrigens meine Schwester Medine.«
    Das war nicht zu übersehen.
    Sie kommt zu uns rüber und begrüßt mich mit Handschlag. Wobei jetzt das Wort Schlag vielleicht völlig fehlbesetzt ist. Schlaff würd es viel eher treffen.
    Aber gut.
    Vater und Mutter Özdemir sitzen ein bisschen betrübt vor meinem Schreibtisch nebeneinander.
    »Wir müssen eine Vermisstenanzeige machen«, sagt dann der Vater leise, und mir schwant Furchtbares. Wird doch nicht etwa der Bräutigam wieder den Rückwärtsgang eingelegt haben, so kurz vor der Hochzeit? Ich schau die Medine an. Da gibt’s kaum einen Zweifel.
    »Und wer genau wird vermisst?«, frag ich dann einfach der Form halber.
    »Der Verlobte von Medine«, sagt jetzt ihr Bruder und legt den Arm um sie. »Er war zu Besuch bei uns zu Hause. Wegen den Hochzeitsvorbereitungen und so. Am Nachmittag |221| wollte er dann noch einen alten Schulfreund besuchen. Der muss hier irgendwo in der Gegend wohnen. Und dem wollte er die Einladung eben gern persönlich vorbeifahren.«
    Medine nimmt ein Taschentuch und wischt sich über die Augen.
    »Und seitdem ist er verschwunden?«, frag ich.
    »So ist es. Zuerst haben wir ja noch geglaubt, die beiden haben sich ziemlich lange nicht mehr gesehen, und da gibt’s wahrscheinlich
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