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Schweine zuechten in Nazareth

Titel: Schweine zuechten in Nazareth
Autoren: Amanda Sthers
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zu waschen. Schweine zu züchten macht aus mir noch lange keins von ihnen, Ihr Mangel an Taktgefühl schon eher.
    Wenn Sie über Schweine reden oder mir die Tefillin anlegen wollen, müssen Sie schon zu mir kommen. Oder vielleicht könnten wir uns auf einen Kaffee in der Stadt treffen?
    Wenn man aus der Religion sein Leben macht, was weiß man dann vom Leben? Kommt es vor, dass Sie über Gefühle, über Ärger, Wut, Liebe sprechen und Gott dabei außen vor lassen?
    Ich glaube nicht. Wie schade!
    Mit dem höchsten Respekt, natürlich,
    Harry Rosenmerck

Von: [email protected]
    An: [email protected]
    Datum: 12. April 2009
    Betreff: Vom Flughafen in Rom auf dem Weg nach Parigi
    Liebes Schwesterherz,
    du hast es also nicht geschafft, deinen Literatur-Prof mit den blauen Augen zur Scheidung zu bewegen? Wer hatte also Recht? Wie viel hast du diesmal geheult? Ein Glas oder eine Badewanne voll? Hast du dein Artischockenherz verbunden? Nächste Woche hat mein Stück in Paris Premiere. Du wirst da sein. Das ist keine Frage. Es ist ein Stück über Papa, weißt du. Ja, es stimmt, damit habe ich dann alles versucht. Jetzt ist die Provokation an der Reihe. Aber ich glaube, es ist das Beste, was ich bisher geschrieben habe. Es wird in Mathurins aufgeführt, in dem kleinen Saal mit achtzig Plätzen. Dort, wo alles für mich begann. Weißt du noch, wie wir alle Karten für den ersten Abend aufgekauft hatten, aus Angst, die Schauspielerin würde vor leeren Stühlen spielen müssen? Und am Ende haben wir den Saal mit Omi und allen ihren Bridge-Freunden gefüllt (oder war es Bingo … ich weiß es nicht mehr, ein Sport für das junge Volk halt)! Diesmal gibt es Gerangel um die Plätze. Es ist gut, Events für die Happy few zu machen. Siehst du? Ich rede schon wie eine echte Schwuchtel. Du kannst beruhigt sein, nur in den Mails an meine Schwester. Ich würde dir auch gern Barbra Streisand am Telefon vorsingen, aber ich mache dich darauf aufmerksam, dass du nicht drangehst.
    Letzte Woche saß ich im Zug (ich lebe in Flugzeugen oder in Zügen, in denen ich neue Stücke schreibe, derentwegen ich wieder Flugzeuge und Züge nehmen muss). Da waren zwei ausgelassene Kinder, die sich ein Sandwich geteilt haben. Das jüngere Kind versuchte das Stück des Bruders aufzuessen, der mit seiner Gabel lauerte und so tat, als würde er nicht zögern, den anderen aufzuspießen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie die beiden gelacht haben.
    Auf den Sitzen dahinter saß ein kleiner Junge mit seiner Mutter, der ein ganzes Sandwich für sich allein hatte. Er aß es ohne einen Ton. Seine Mutter las.
    Ich dachte bei mir, dass ich wirklich Glück gehabt hatte, dass du da warst, dass ich dich an den Zöpfen ziehen und mir später deine Klamotten klauen konnte.
    Es ist einiges los in meinem Leben. Ich habe den Eindruck, du hast zwanzig Folgen der fünften Staffel verpasst. Und ich dachte, ich sei deine Lieblingsserie …
    Ich brauche dich, Annabelle.
    Ich umarme dich ganz fest,
    David

Rabbi Moshe Cattan an Harry Rosenmerck
    Nazareth, 14. April 2009
    Lieber Herr Rosenmerck,
    ich sehe, dass ich Sie mit meiner Bitte, sich zu waschen, gekränkt habe. Erlauben Sie mir bitte, mich dafür zu entschuldigen. Ich will Sie nicht deshalb in die Jeschiwa einladen, um Ihnen Ihre Tefillin anzulegen. Unsere Religion, wie Sie sehr wohl wissen, zeichnet sich nicht durch Bekehrungseifer aus, vor allem nicht gegenüber Menschen, die bereits Juden sind. (Sind Sie es tatsächlich, wenn Sie nicht beschnitten sind? Mit dieser Frage muss ich mich noch auseinandersetzen.)
    Besuchen Sie mich, Herr Rosenmerck. Ich kann nicht zu Ihnen kommen. Es ist mir nicht gestattet, mit der Schweinerasse in Kontakt zu treten.
    Mit freundlichen Grüßen,
    Moshe Cattan, Rabbi von Nazareth

Harry Rosenmerck an Rabbi Moshe Cattan
    Nazareth, 16. April 2009
    Verehrter Rabbi,
    ich bin untröstlich, dass ein kleines Stückchen Haut mich möglicherweise des Privilegs beraubt, zum erwählten Volk zu gehören. Wissen Sie, ich bin ein netter Mensch, auch wenn ich Schinken mag. Sakrileg!
    Wussten Sie, dass Sie dabei sind, für die jungen Leute von Tel Aviv zu einer Berühmtheit zu werden? Der Schmähbrief, den Sie an das Restaurant USAVIV geschickt haben, wurde laminiert und dient nun als Tischset. Und neben den Eiern mit Speck steht auf der Speisekarte:
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