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Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)

Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)

Titel: Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)
Autoren: Frank Domeier
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den anderen ausgekungelt hatte, hat er dann dem ...« Wieder unterbrach ihn ein Hustenanfall. »... dem alten Schlitzohr verraten. Natürlich gegen Belohnung. Junk sorgte auch dafür, dass Herrmann Zunftmeister wurde.«
    Der junge Mann klatschte erfreut in die Hände. »Genau! Er hat die Söhne gegen den Vater ausgespielt und davon profitiert. Aber da die Bande seine Hilfe unbedingt brauchte, hat er sich auch bei ihnen die Zustimmung zur Heirat eingefordert. Denn Helena war ja eigentlich Thomas von Buschfeld versprochen. So hat Herrmann eigentlich doppelt kassiert! Ganz schön gerissen.«
    Der Schwerverletzte lächelte und nickte. »Der alte Buschfeld hat wohl oder übel mitgezogen, weil sein Sprössling auch mit drinsteckt.«
    »Wenn wir doch wüssten, um was es ging«, murmelte Nikolaus vor sich hin.
    Gesine trat an das Bett ihres Bruders und wechselte das Tuch. »Jetzt ist aber genug. Franz wird immer schwächer. Es strengt ihn zu sehr an.«
    »Es geht noch, Liebchen.«
    »Bitte!«
    Nikolaus hatte den Wink verstanden. Es war unübersehbar, wie schlecht es dem Kranken ging. Er hatte Fieber, und die Wunde war entzündet. Er musste große Schmerzen haben. Aber es gab da noch offene Fragen. Der junge Mann wandte sich an Gesine: »Bitte verzeiht, werte Frau, aber eine Sache könntet Ihr mir vielleicht noch beantworten. Euer verstorbener Bruder hatte immer eine Mappe bei sich. Mit seinen Zeichnungen darin. Wo ist die eigentlich geblieben?«
    Ehe die Schwester etwas sagen konnte, meldete sich Franz zu Wort: »Ich habe sie. Dort.« Mit zittriger Hand deutete er in eine Zimmerecke, wo die lederne Kladde an der Wand lehnte.
    »Woher denn?«
    »Ich habe sie mitgenommen, nachdem Albrecht gesprungen war.«
    »Er ist selbst gesprungen?«
    Er nickte.
    Nikolaus hätte fast laut Hurra geschrien. Hatte er doch recht gehabt – wieder einmal! Er hatte ja gleich auf Selbstmord getippt, gut – all die anderen Umstände, die geheimen Absprachen, die verschiedenen Leute, die kurz vor dem Sturz in und an der Kirche waren, hatten ihn etwas in die Irre geführt. Beinahe wäre er seiner eigenen Logik untreu geworden. Aber nur beinahe.
    »Das heißt, Ihr wart auf dem Turm?«
    »Ich wollte mir Geld von ihm leihen. Ich habe erst im Kirchenraum gewartet und bin dann den Turm hinauf.«
    »Der Mann, der nach dem Sturz aus dem Turmfenster sah, wart Ihr?«
    »Ja. Ich konnte nicht anders. Ich musste hinausschauen.«
    »Es sah aus, als hättet Ihr da eine Gugel aufgehabt, aber als Ihr mich verfolgtet, habe ich keine gesehen. Ich denke, dass man aufgrund der Entfernung die Kapuze Eures Umhangs dafür hielt.«
    Franz nickte.
    »So leicht kann man sich irren.« Der junge Mann lächelte. »Und was habt Ihr auf dem Turm gesehen?«
    »Da oben ist so ein kleiner Verschlag. Da habe ich mich versteckt.«
    »Dort habt Ihr dann ein Astloch vergrößert, um besser hinausschauen zu können, und in der Aufregung Eure Branntweinflasche vergessen.«
    Franz riss die Augen erstaunt auf. »Das habt Ihr entdeckt?«
    »Ja. Und was geschah dann?«
    »Herrmann kam die Treppe hoch, legte seine Mappe zur Seite, und schon war der Grimbach da. Der schnauzte Herrmann an, warum er schon wieder zu spät kam. Die stritten sich eine Zeit lang, bis der junge Schnösel wieder abzog. Dann ging Herrmann zum Fenster, und ehe ich überhaupt verstand, was er da machte, stand er schon im Fenster und sprang.«
    »Ohne ein Wort?«
    Franz schloss die Augen. » ›Vergib mir, Herr. Es ist nur zu deiner Ehre. Die Teufel haben es nicht anders verdient.‹ Das sagte er. Wort für Wort. Ich werde es nie mehr vergessen.«
    Alle im Raum schwiegen. Es musste ein schrecklicher Augenblick gewesen sein, mit anzusehen, wie der eigene Bruder sich zu Tode stürzte. So etwas sollte keiner erleben. Gesine hatte begonnen, leise zu weinen. Auch Helena liefen die Tränen übers Gesicht. Jeder schaute nach unten, zur Seite oder hatte die Augen geschlossen. Es war ein Augenblick des Schmerzes und der Trauer. Die nackte, ungeschminkte Wahrheit konnte ein grausames Schwert sein.
    Nikolaus unterbrach das Schweigen. »Ihr wisst, wen Euer Bruder mit den Teufeln meinte?«
    »Ich vermute es. Ihr doch auch. Oder?«
    »Konstantin, Crispus und Thomas, die seit Ende der letzten Woche vermisst werden.«
    Helena schrie laut auf und lief weinend hinaus. Gesine blickte sich erregt um. Sie wusste wohl nicht, um wen sie sich in diesem Augenblick mehr kümmern sollte. Schließlich blieb sie neben ihrem Bruder stehen und legte ihm
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