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Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)

Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)

Titel: Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)
Autoren: Frank Domeier
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die Hand auf die Schulter. Sie brauchte jetzt genauso Trost und Halt wie alle anderen auch. Sie konnte nicht immer die gute Fee für die anderen sein.
    Nikolaus fragte schließlich: »Wusste Helena das noch nicht?«
    Gesine schüttelte den Kopf: »Franz hatte es mir gesagt, aber nicht ihr. Aber sie hat bestimmt schon geahnt, dass es mit den Jungs einmal böse ausgehen würde. Sie haben schon genug schlimme Sachen angestellt.«
    »Ihr sagtet mir vor drei Tagen, dass Theodor Junk Helena wie ein Wechselbalg behandelte. Das war nicht aus der Luft gegriffen. Nicht wahr?«
    Sie fuhr sich nervös durchs Haar. »Wie ... wie meint Ihr das?«
    »Ihr kennt Helenas wirklichen Vater?«
    Sie nickte nur stumm.
    »Kennt sie ihn auch?«
    »Ich denke nicht. Ich habe ihr nie etwas gesagt. Und der Herr Junk erst recht nicht.«
    Nikolaus schaute auf den Mann hinunter, der wie ein Häufchen Elend im Bett lag. »Ich habe Euch nun lang genug gequält. Ich werde jetzt besser gehen.«
    »Ist schon gut«, brummte Franz mit zusehends heiserer werdender Stimme.
    »Darf ich mir Herrmanns Mappe ausleihen? Vielleicht finde ich einen Hinweis auf dieses mysteriöse Geschäft. Ich bringe sie Euch auch so bald wie möglich zurück.«
    Ein leichtes Nicken signalisierte Zustimmung.
    Nikolaus bedankte sich herzlich für die Hilfe und ganz besonders für den selbstlosen Einsatz bei seiner Rettung. Er versprach wiederzukommen und für jede Hilfe zu sorgen, die Franz oder Gesine benötigten. Dann ließ er die beiden allein.
    Er klemmte sich den wertvollen Schatz unter den Arm und verließ das Katharinenkloster. Gleich nach dem Mittagessen wollte er die Unterlagen durchstöbern. Hoffentlich fand er einen Anhaltspunkt. Denn nun gab es nur noch zwei Fragen: Was hatten die Ratsherrensöhne zusammen mit Vittorio und Herrmann vorgehabt? Wo waren die drei Verschwundenen?

Nach Jerusalem
    Nikolaus hatte sich die Pergamente mit den Zeichnungen und Skizzen schon zum wiederholten Mal angesehen. Er fand die Unterlagen zur Erneuerung des Daches bei St. Gangolf, zum Umbau von Finkens Scheune und zu einem Dutzend weiterer Projekte. Alle hatte Albrecht schön säuberlich mit einem Silberstift auf angerautem Pergament gezeichnet und mit Ort und Datum versehen. Obwohl Letzteres kaum nötig gewesen wäre, denn die einzelnen Aufträge verteilten sich mehr oder minder gleichmäßig über die letzten vier Jahre, sodass man die zeitliche Abfolge an der Verfärbung der Striche ablesen konnte. Kein Wunder, dass Herrmann Albrecht ständig knapp bei Kasse war – bei den wenigen Aufträgen. Nikolaus hatte alle Unterlagen mehrfach gedreht und gewendet, gegen das Licht gehalten, um auch sorgsam versteckte Hinweise zu finden. Hatte überprüft, ob nicht zwei Bögen zusammenklebten. Aber er fand nichts. Es war frustrierend.
    Lustlos schob er die Pergamente zusammen. Das Blatt mit den Umbauten von St. Gangolf fühlte sich eigenartig an – als wäre ein Muster eingeprägt worden. Nikolaus schaute ganz flach darüber. Eine Schrift hatte sich dort eingedrückt. Herrmann Albrecht hatte etwas mit einem Silberstift geschrieben, den man relativ stark aufdrücken musste, und nicht mit leichtgängiger Feder und Tinte. Dabei hatte sich seine Schrift in die darunterliegende Zeichnung gedrückt.
    »Das kann man doch nicht mehr lesen!«
    Nikolaus brauchte eine Substanz, die die Rillen auffüllte. Nein, umgekehrt. Schnell lief er in die Küche und holte aus der erkalteten Asche ein paar verkohlte Holzstücke. Eine Seite wurde mit dem Messer eben gekratzt. Er legte das Pergament auf eine glatte Fläche und rieb die Holzkohle sacht darüber. Alles, was nicht eingedrückt war, wurde schwarz. Schon erschienen die ersten Buchstaben. Vorsichtig arbeitete er weiter. Nun waren sogar Worte und ganze Sätze zu erkennen. Trotzdem musste er noch lange rätseln, bis er den gesamten Brief entschlüsselt hatte.
    Aber schließlich hatte er ihn vollständig vor sich liegen.
    Verehrter Theodor, aufgrund Eurer großzügigen Hilfe konnte ich eine angesehene Stellung in der Stadt einnehmen und ein liebliches Weib nach Hause führen. Als Gegenleistung hatte ich Euch versprochen, den Beweis eines unsäglichen Verbrechens zu vernichten. Ich tat es nicht. Eure Söhne hätten sofort gewusst, wem sie diese Zerstörung zu verdanken hätten. Sicherlich hätte ich den Abend nicht mehr erlebt. Eure Söhne sind Teufel, die keinen Respekt vor Hab und Gut und Leben anderer Menschen haben. Wem sie diese infame Einstellung zu verdanken
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