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Schweig um dein Leben

Schweig um dein Leben

Titel: Schweig um dein Leben
Autoren: Lois Duncan
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den wir zum Glück abfangen konnten, bevor er ihn bekam. Hätte er ihn gelesen, würde er sich wahrscheinlich weigern, morgen in den Zeugenstand zu treten. Die Botschaft war eindeutig – der Verfasser hat nicht mit drastischen Worten gespart –, und die Drohungen richteten sich nicht gegen George, sondern gegen seine Familie.«
    »Du kannst doch nicht …«, begann Jim, brach dann aber ab.
    »Ich weiß, wir können ihm den Brief nicht ewig vorenthalten«, sagte Max, »aber zumindest für die nächsten vierundzwanzig Stunden. Normalerweise vertraut George mir blind, aber er könnte einen Rückzieher machen, wenn er das Gefühl hat, dass seine Familie in Gefahr ist. Wir können uns keine weitere Verzögerung leisten. Wenn George erst mal über Loftin ausgepackt hat, geht die Sache richtig los.«
    »Das heißt wohl, dass wir noch eine Weile hier festsitzen«, sagte Jim.
    »Die Corrigans dürfen auf keinen Fall auch nur einen Schritt aus ihrer Suite machen. Das Ganze hat ein noch viel größeres Ausmaß, als wir jemals dachten. Wenn George tatsächlich all die Informationen hat, die wir uns erhoffen, ist das genügend Munition, um diesen Drogenring komplett in die Luft zu sprengen.«
    »Verstehe«, sagte Jim. »Kannst du mir einen Gefallen tun? Ruf Della an und sag ihr, dass ich am Wochenende nicht nach Hause komme. Mein Sohn und seine Familie wollten uns besuchen. Sie soll ihnen vorschlagen, dass wir unser Treffen auf den Memorial Day verschieben.«
    »Mach ich«, versprach Max. »Aber du solltest ihr lieber keine falschen Hoffnungen machen. Noch kann niemand sagen, wie lange ihr dortbleiben müsst.«
    »Wir bleiben so lange hier, wie es notwendig ist«, sagte Jim. »Als ich diesen Job angenommen habe, wusste ich, dass es keine geregelten Arbeitszeiten gibt. Aber wie ich dir neulich schon gesagt habe, bin ich nicht mehr der Jüngste. Bist du sicher, dass du mir keine Verstärkung schicken willst?«
    »Du machst das schon«, erwiderte Max. »Du bist ein alter Hase, Jim. Es besteht keinen Grund, die Wache zu verdoppeln, wenn man in einer Festung ist. Ich melde mich morgen wieder, um zu sehen, wie alles läuft.«
    Es ertönten zwei Klicks, gefolgt vom Freizeichen.
    Ich legte ebenfalls auf und starrte fassungslos auf das Telefon. Bis jetzt hatte ich unsere Situation eher als eine Art Fernsehdrama gesehen, das eine festgelegte Sendezeit hat. Aber eben hatte ich erfahren, dass es für unser Drama keine zeitliche Begrenzung gab. Bruchstücke des Telefonats wirbelten durch meinen Kopf und warfen Fragen auf, die ich nicht beantworten konnte.
    »Wenn George erst mal über Loftin ausgepackt hat …«
    Was konnte mein Vater aussagen, das derartige Folgen haben würde? Was genau hatte Max gemeint, als er davon sprach, dass die Sache dann erst richtig losgehen würde? Und von wie viel Zeit ging Jim aus, als er gesagt hatte, wir würden »noch eine Weile hier festsitzen«? Aber die wichtigste Frage von allen war: Sollte ich das alles Mom erzählen? Würde es irgendetwas bringen, wenn sie erfuhr, was ich gehört hatte? Sie konnte nicht mit Dad darüber sprechen, und wenn er sie schließlich irgendwann anrief, hätte er bereits von dem Brief erfahren. Ich kam zu dem Schluss, dass es das Beste war, wenn ich mein Wissen für mich behielt. Mom machte sich schon genug Sorgen, da musste ich sie nicht noch mehr beunruhigen. Außerdem war ich nicht besonders scharf drauf, zuzugeben, dass ich gelauscht hatte.
    Es klopfte an der Tür und eine Sekunde später steckte Bram den Kopf herein. »Ich soll dir von Mom ausrichten, dass das Abendessen da ist«, sagte er. »Isst du mit uns oder bist du immer noch sauer?«
    »Ich bin nicht mehr sauer«, seufzte ich. »Und klar esse ich mit euch.«
    Ich versuchte, nicht daran zu denken, wie Steve vor unserem verwaisten Haus stand. Stattdessen ging ich ins Wohnzimmer und aß von dem Roastbeef, das Jim für uns bestellt hatte.

VIER
    Wie Max versprochen hatte, rief Dad am Mittwochabend an. Wir waren gerade beim Essen, und Mom nahm den Anruf in unserem Schlafzimmer entgegen und schloss die Tür hinter sich. Sie telefonierte zwanzig Minuten lang, in denen die Meeresfrüchte-Lasagne auf ihrem Teller kalt wurde und Bram und ich unruhig auf unseren Plätzen hin- und herrutschten und darauf warteten, dass wir an der Reihe waren. Als sie schließlich zurückkam, war nicht zu übersehen, dass sie geweint hatte, und genauso offensichtlich war, dass Dad nicht mehr in der Leitung war und darauf wartete, dass Mom uns
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