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Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi

Titel: Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
Autoren: Anni Buerkl
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bei den Gästen wunderbar an. Wenn es
Gäste gab. Oder sie versuchte es mit marmorierten Tee-Eiern. Dazu fehlte ihr
jedoch das chinesische Fünf-Gewürze-Pulver. Dann lieber ein Karottensandwich
mit Stilton, dem englischen Schimmelkäse. Orangenmarmelade als Unterlage, die
hatte sie immer vorrätig.
    Plötzlich ein Geräusch. Es schien aus dem Literatursalon zu
kommen. Berenike trat zu der versiegelten Glastür. Verrenkte sich, um das
Fenster in dem Raum ins Blickfeld zu bekommen, konnte aber nichts erkennen.
Schnell eilte sie auf die Straße. Zwei Jugendliche entdeckten Berenike und
liefen weg, deuteten mit wilden Gesten auf ihr Lokal. Das Gelächter, sie waren
im Stimmbruch. Drohend hob Berenike einen Arm, aber was bewirkte das schon. Sie
blickte von außen in den Literatursalon. Nichts, was sie nicht schon kannte.
Glauben die alle, dass ich …?
    Berenike ging wieder hinein, ihr Körper fühlte sich
erdenschwer an. Sie nippte am Kräutertee. Sie hatte doch jede Menge
Herausforderungen im Leben gemeistert, da sollte sie auch eine kleine
Mordermittlung zuwege bringen. Sie musste wissen, was für ein Mensch Rabenstein
gewesen war. Für Nachforschungen war natürlich die Polizei zuständig. Aber wenn
sie …? Just a little bit, so übers Internet … Damit hätte sie
wenigstens eine Beschäftigung. Und die Buchhaltung?, meldete sich eine Stimme
in ihr. Später. Sie stellte eine Messingklingel auf der Theke bereit, wie sie
in Hotels üblich war. Sie stammte noch aus dem Lebensmittelgeschäft ihrer
Großeltern. Damit hatten sich Kunden bemerkbar machen können, die schnell ein
halbes Kilo Zwiebeln kaufen wollten, oder einen Laib Brot, aber bitte kein
dunkles, wenn der Großvater gerade etwas aus dem Lagerraum holte und seine Frau
nicht im Geschäft war. Daneben platzierte Berenike ein Schild: ›Service
gewünscht? – Bitte klingeln!‹ Mit rotem Stift malte sie ein lachendes
Gesicht auf das grüne Papier.
    Sie musste etwas unternehmen, musste mehr herausfinden. Der
Gedanke an Gift im Tee ließ ihr keine Ruhe. Auch wenn es dafür keine
Anhaltspunkte gab, glaubte man Kains Worten.
    Diese Angst, die gekrochen kam. Erstarrung, Wehrlosigkeit.
Dem Angreifer ausgeliefert.
    Gift.
    Wie damals.
    Obwohl Berenike dies doch selbst gar nicht erlebt hatte.
Gnade der späten Geburt, wie man sagte. Als hätte man eine Ahnung. Von ihrem
Leben. Von ihrer Geschichte.

     
    Als Kind hatte sie gedacht, alle Familien seien
gleich. Sie war in einem Weiberhaushalt groß geworden, die meiste Zeit. Ihre
Mutter Rose Roither, die Schwester Selene und sie wohnten in einer alten,
vollgestopften Wohnung in der Wiener Josefstadt. Die Großeltern Roither, Roses
Eltern, gleich um die Ecke. Ein Kommen und Gehen in beiden Wohnungen und im
Geschäft, das die Großeltern seit Jahrzehnten besaßen. Oft erzählten sie, wie
es im Krieg ausgebombt worden war, und dass sie 1945 bei null anfangen hatten
müssen. Dass sich die Flüchtlinge, die später zurückkehrten, das alles erspart
hätten, den Hunger vor allem. Ein durch Bomben wohnungslos gewordenes Ehepaar
war bei ihnen einquartiert gewesen. Man war eben zusammengerückt, ungern, aber
doch. Berenike hatte diese Tatsache als Kind erstaunt zur Kenntnis genommen.
Dass da jemand kommen konnte und bei einem wohnen wollte. Und durfte. Gleich
hatten ihr die Leute leidgetan, die sich gegen die Oma durchsetzen hatten
müssen. Sicher kein leichtes Leben, so wie die Oma war, hart und kühl, nur
manchmal wollte sie eines der Kinder plötzlich drücken, küssen, zu fest, zu
hart, Berenike strampelte sich immer frei. Ihr Vater Fred Stein war ein
unsteter Gast in Berenikes Kindheit. Er zog einmal ein, einmal aus im Löwenhof.
War einmal nah, dann weit weg. Fred Stein, klein, zart – und Jude.
Großvater Roither war offizieller Vormund von Selene und Berenike. Weil das
Gesetz noch in den 70er-Jahren einer ledigen Mutter die Obsorge nicht zutrauen
wollte.

     
    In ihrem kleinen Büro setzte sich Berenike an
den Schreibtisch. Auch ein Erbstück vom Großvater. Vor dem Bildschirm stapelten
sich die Papiere, sodass Berenike nicht einmal die Tastatur ausmachen konnte.
Seufzend bückte sie sich und schaltete den Computer ein. Mit einem, wie ihr
schien, ebenso seufzenden Geräusch fuhr der PC hoch. Sie lauschte nach nebenan,
es war still. Sie sollte wohl noch froh sein, wenn Inspektor Kain keine neuen
Hiobsbotschaften brachte.
    Sie schob ein paar Papierstapel zusammen
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