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Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi

Titel: Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
Autoren: Anni Buerkl
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Entschuldige, das war dumm von
mir, ich hätte es dir sagen sollen.«
    Ragnhilds Hand wischte über die Tischfläche, sammelte Brösel
ein, wo kaum welche waren. Bei ihr sah immer alles picobello aus wie in einem
frisch bezogenen Hotelzimmer. Sie schob die Tassen herum. Vogelstimmen piepsten
abwartend, der Regen schien aufgehört zu haben. Berenike fiel die Kuchengabel
aus der Hand. Sie sah Ragnhild an, doch die wich ihrem Blick aus. Berenike
seufzte. Manchmal gingen ihr die typisch weiblichen Verhaltensweisen auf den Geist.
Da waren Männer direkter. Dafür …
    »Ich hab jemanden kennengelernt.« Ragnhild strich sich eine
Haarsträhne aus dem Gesicht. Berenike beneidete sie um ihre Haarfarbe, dieses
absolute Rot. Niemand konnte so etwas künstlich erzeugen. Endlich sah Ragnhild
sie an. Jemanden kennenlernen – es war doch besser allein, das sollte auch
Ragnhild wissen. Diese strich mit ihren Händen durch den wirren, feuchten
Haarschopf.
    »Und wer ist es?«
    »Einer von auswärts. Du kennst ihn nicht. Er ist begeisterter
Langläufer.« Ging man nach Ragnhild, war das eine Auszeichnung. Oft und oft
hatte sie sich darüber beklagt, dass diese Sportart hierzulande so wenig
Anhänger fand. Ragnhild stand auf, kramte in der alten Kredenz.
    »Bist du deshalb verschwunden? Weißt du, was letzte Nacht passiert
ist?« Berenike war sich nicht mehr sicher, ob Ragnhild von der Leiche im
Teehaus wusste. Obwohl sie mittlerweile Dorfgespräch war.
    »Was?« Wenn Ragnhild sich verstellte, gelang es ihr gut.
    »Ein Toter. Im Salon. In der Pause habe ich ihn im Publikum entdeckt.«
    Ragnhild starrte sie an, der Teller in ihrer Hand verharrte
mitten in der Luft.
    »Die Polizei war da. Volles Programm. Der Verbenentee …«
    Ragnhild klapperte mit irgendwas. »Wir haben nichts
miteinander, Berenike.« Ragnhild sah kurz auf. »Er ist fest vergeben. Schon
wieder einer.«
    »Wieso schon wieder?«
    »Ich – ich konnte es dir nicht erzählen.«
    »Was?«
    »Ich – hatte ein Verhältnis, wie man so sagt.
Mein – er hat mit mir Schluss gemacht.«
    »Wer?«
    »Ich – kann nicht darüber reden. Nicht jetzt.
Vielleicht – in 1000 Jahren oder so.« Der Teller in Ragnhilds Hand fiel zu
Boden. Es gab ein Splittern und Krachen. Ragnhild stützte sich mit den Händen
auf den Knien ab. »Wegen – seinetwegen bin ich – nicht nach Norwegen
zurück.« Gleich würde es Tränen geben.
    »Und wie heißt dein geheimnisvoller neuer Verehrer?«
    Berenike bemerkte, wie Ragnhild zusammenzuckte.
    »Verehrer?«
    »Sag schon. Ich erzähl es nicht weiter!«
    »Meine neue – Bekanntschaft? Robert ist nicht gekommen.
Gestern.«

     
    Robert, Robert, grübelte Berenike, als sie auf
dem Motorrad Richtung Tal brauste. Die Regenwand war grau, als ob die Welt da
vorne zu Ende wäre. Und wenn schon! Verflixt, sie kam nicht drauf, wo ihr der
Name Robert kürzlich untergekommen war.
    Im Salon schaltete sie das Licht ein, drehte das Türschild
um. Jetzt war von draußen zu lesen: ›Welcome, we’re open‹. Auf dem Weg in die
Küche fiel es ihr endlich ein: Der Name des toten Journalisten lautete Robert,
Robert Rabenstein. Davon war in dem Durcheinander mehrfach die Rede gewesen.
Aber Ragnhild konnte doch nicht mit einem Toten ausgehen …
    Berenike zog wieder den Sari an, klebte ein Bindi auf ihre
Stirn, jenen roten Punkt, wie ihn die Inderinnen über dem dritten Auge trugen.
    Dann auf zum Schreibtisch. Sie hatte vor Ragnhild mühsam die
Fassade gewahrt. Hatte nicht gewagt, über ihre Erschütterung zu sprechen. Wie
alles über ihr einzustürzen drohte. Wieder einmal! Selbst Ragnhild kannte ihre
Vergangenheit nur auszugsweise.
    Berenike starrte auf das bunte Weblog-Eingabefenster. Ein
neuer Eintrag musste her! Inspiration please! Doch die Einfälle ließen auf sich
warten. Sie klickte sinnlos in alten Einträgen herum. Zuletzt hatte sie das
Buch ›Tee, süßer Tau des Himmels‹ besprochen. Dann eben ein anderes Mal. In der
Tea-Community, wo sie als Moderatorin mitwirkte, war auch keine neue Frage
aufgetaucht. Berenike schlang ihre Beine um jene des Bürosessels. Die Stille
tönte ihr in den Ohren. Sie bestellte sich bei Samira Fernreiki, um sich mit
der universellen Lebensenergie aufzutanken. Samira hatte kürzlich einen
Einweihungskurs in Berenikes Salon abgehalten. Seither schrieben sie sich
gelegentlich E-Mails. Der gehobene Austausch tat gut. Small Talk hatte Berenike
den ganzen Tag, sie wollte
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