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Schwarzkittel

Schwarzkittel

Titel: Schwarzkittel
Autoren: Harald Schneider
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Wangen.
    »Leider bin ich eben erst angekommen und habe die Sanktionierung verpasst. Können Sie mir das alles beschreiben?«
    »Oh ja, ich habe alles gesehen. Doktor Dipper wurde bestraft.« Er fing wie ein kleines Kind an zu kichern. »Ich habe sogar nachgeschaut, ob er wirklich tot ist. Dann habe ich ihm noch einen Schubs gegeben, damit er schön wackelt.«
    »Haben Sie ihm den Karton umgehängt?« Ich versuchte, ihm eine Falle zu stellen.
    Er brauchte ein paar Sekunden, bis er sich mit seinem Kichern wieder unter Kontrolle hatte.
    »Der war schon da. Dort steht, dass er böse ist.«
    Erneut wurden wir durch lautes Rufen unterbrochen, diesmal von einer weiblichen Stimme.
    » HAGEN ! HAGEN , WO BIST DU ?«
    Die zur Stimme gehörende Rothaarige, die in einem grasgrünen Jogginganzug steckte, hatte den Gesuchten bei uns gefunden.
    »Hagen, was machst du hier? Ich habe dich überall gesucht!« Eben erst bemerkte die Frau, dass neben Gerhard und mir weitere Personen anwesend waren.
    »Was ist hier los?«, fragte sie erstaunt.
    »Kriminalpolizei, wir sichern gerade einen Tatort. Würden Sie uns bitte sagen, wer Sie sind und wer Hagen ist?«
    »Sie kennen Hagen nicht? Demnach sind Sie nicht aus Haßloch. Hagen ist mein Neffe und wohnt bei mir. Bei seiner Geburt gab es Probleme, dadurch war kurzzeitig die Sauerstoffversorgung seines Gehirns lahmgelegt. Das hat sich leider auf seine geistige Reife ausgewirkt. Aber keine Angst, Hagen ist harmlos und war noch nie gewalttätig. Hat er etwas angestellt?«
    »Nein, nein, das heißt, wir glauben es nicht. Sagen Sie mir bitte Ihren Namen?«
    »Ach so, das habe ich ganz vergessen. Mein Name ist Amelie Schäfer. Ich wohne direkt neben dem Vereinsheim.«
    Gerhard machte sich gewissenhaft Notizen. Das war mir recht, Papierkram hält nur auf.
    »Läuft Ihr Neffe öfters auf der Rennbahn herum?«
    »Das lässt sich kaum vermeiden, wir wohnen schließlich hier. Nur im Moment ist das ungewöhnlich. Eigent lich sollte er jetzt am Kiosk vom alten Berendorf sein. Da darf er kleine Handlangerdienste machen. Sachen, die seiner Auffassungsgabe gerecht werden, Zeitungen sortieren oder Pfandgut stapeln.«
    Frau Schäfer drehte sich zu Hagen, der die ganze Zeit teilnahmslos zugehört hatte.
    »Warum bist du nicht beim Berendorf? Ich habe dich überall gesucht, Hagen!«
    Dieser kicherte erneut. »Hier war es spannender, Tante. Der Doktor Dipper wurde für seine Taten bestraft. Ihm wurde sogar ein Schild umgehängt. Da steht drauf, dass er böse ist!«
    Frau Schäfer wandte sich uns zu: »Stimmt das, was Hagen erzählt? Sie müssen wissen, dass seine Fantasie gerne mit ihm durchgeht. Ist Doktor Dipper hier gewesen?«
    Verwundert sahen Gerhard und ich sie an. Klar, die Frau hatte bisher nichts mitbekommen.
    »Wie man es nimmt, Frau Schäfer. Wir haben Doktor Dipper an einem Nussbaum erhängt aufgefunden. Es könnte sein, dass Hagen etwas von der Tat mitbekommen hat.«
    »Der Kinderarzt wurde doch nicht etwa ermordet? Oje, das ist ja furchtbar!« Sie schlug sich mit der flachen Hand an die rechte Wange. Hagen fing zeitgleich wieder an, wie wild zu kichern.
    »Lass das, Hagen«, fuhr ihn seine Tante heftig an. »Das macht man nicht. Immerhin ist der Doktor tot.«
    »Genauso tot wie die Kinder«, kicherte Hagen weiter, ohne sich um die Zurechtweisung zu kümmern.
    »Welche toten Kinder?«, platzten Gerhard und ich gleichzeitig heraus.
    »Das brauchen sie nicht so ernst zu nehmen. Das hat er am Kiosk vom Berendorf aufgeschnappt. Dort versammeln sich täglich die Haßlocher Lebertester, im Dorfjargon auch die ›Zweipromiller‹ genannt. Da wird viel geredet, bis der Tag rum ist. Im Übrigen hat Doktor Dipper einen sehr guten Ruf im Ort.«
    Ich sah Gerhard kurz an und er verstand. Um diese Sache sollten wir uns später intensiver kümmern. Mein Kollege notierte die Adresse der guten Frau, bevor er sie entließ.
    »Wo hat der Doktor eigentlich seine Praxis?«, wandte ich mich nach einiger Zeit des Nachdenkens an Gerhard.
    »Im Föhrenweg, gleich hier um die Ecke, kann man nicht verfehlen. Sie befindet sich im Erdgeschoss des Privathauses.«
    Mit einem prüfenden Blick auf meine Armbanduhr fasste ich einen Entschluss. »Ich werde mal rübergehen und schauen, ob jemand dort ist. Wahrscheinlich hat das Personal bisher keine Ahnung.«
    Ich musste nicht lange suchen, das Praxisschild war nicht zu übersehen. Dippers Anwesen war ein ziemlich verwinkeltes Architektenhaus mit mehreren kleinen Erkertürmchen, das
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