Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
Wochen würde sie zurückkehren. Um uns die Trennung nicht schwerer als nötig zu machen, hatten wir beschlossen, in dieser Zeit keinen Kontakt zu pflegen. E-Mail-Verkehr war ohnehin schlecht möglich, da sie natürlich ohne Computer reiste, und ob man von Thailand aus SMS versenden konnte, wussten wir beide nicht.
    Der Abendwind war angenehm, die Temperatur genau richtig, und ich fühlte mich gut wie lange nicht mehr. Plötzlich hatte ich das Gefühl, meine Ferien hätten eben erst begonnen, und konnte nicht begreifen, warum um Himmels willen ich so lange unfähig gewesen war, mein Fahrrad wieder auf Vordermann zu bringen. Von heute an würde ich jeden Tag eine Tour machen. Radfahren war ja tausendmal unterhaltsamer als Joggen. Man sah etwas von der Welt und kam außerdem an netten Lokalen vorbei. Auch für den morgendlichen Weg ins Büro würde ich künftig, so oft es ging, das Rad nehmen und abends nach Dienst gar nicht erst nach Hause fahren, sondern die Gegend erkunden, meine immer noch neue Heimat entdecken. Fit und ein bisschen schlanker würde ich werden und nur noch gute Laune haben. Über dieser Vorstellung schlief ich ein.
     
    Natürlich wählte ich für den Heimweg nicht dieselbe Strecke wie für die Herfahrt, und natürlich führte mich dieser Weg an der Stelle vorbei, wo Rosana gelegen hatte. Einmal Kripo, immer Kripo, hatte Vera gerne gesagt, als sie noch lebte.
    Auch bergab wurde ich unentwegt überholt. Aber diesmal machte mir das nichts aus. Bergab zu rasen, zeugt weder von Kondition noch von Mut, sondern nur von mangelnder Phantasie. Ich bremste ständig und hatte dabei sogar die schöne Ausrede, dass ich nicht aus Versehen an der gesuchten Stelle vorbeisausen wollte. Diese war jedoch nicht zu übersehen.
    Ein Stück weiß-rotes Polizei-Absperrband flatterte im Auslauf einer scharfen Linkskurve. Einige helle Schrammen im Asphalt, die vermutlich von der dahinschlitternden BMW stammten, endeten im aufgewühlten Moos am Straßenrand. Die Straße führte hier durch einen hohen, lichten Buchenwald, nur hie und da hatte sich eine Tanne dazwischengemogelt. Es duftete nach Sommerabend, irgendwo in der Ferne wurde gegrillt, Menschen lachten. Die Vögel, die in der Hitze des Tages geschwiegen hatten, holten das Versäumte jetzt mit umso größerem Eifer nach. In der Ferne hupte ein Auto.
    Rosana musste etwa zehn Schritte vom Straßenrand entfernt unterhalb einer ungefähr anderthalb Meter hohen Böschung gelegen haben. Der Täter hatte sie hinuntergeworfen wie einen Müllsack, in dieses struppige Gebüsch, und es war ein Wunder, dass der Motorradfahrer sie im Dunkeln überhaupt bemerkt hatte.
    Ich lehnte mein Rad an einen Baum, setzte mich oberhalb der Böschung auf den weichen Boden und sah hinab. Die Spuren der Retter und Spurensucher waren deutlich zu erkennen. Aber das war auch schon alles, was es hier zu sehen gab.
    Warum hatte der Täter ausgerechnet diesen Ort für geeignet gehalten, sein Opfer loszuwerden? Dort, wo er die Frau niedergeschlagen hatte, konnte sie vermutlich nicht liegen bleiben. Also hatte er sie ins Auto gepackt und hierher gefahren, so weit vom Tatort entfernt, dass keine Spur zurückführte. Wahrscheinlich hatte er sie für tot gehalten. Andernfalls musste er damit rechnen, dass sie ihn verriet, sobald sie das Bewusstsein wiedererlangte.
    Auffällig war, dass der Täter es nicht für notwendig befunden hatte, die vermeintliche Leiche zu verstecken. Er hätte sie ja irgendwo vergraben können. Oder wenigstens ein Stück von der Straße entfernt unter dem Laub verscharren. Er hatte sie jedoch nur wenige Meter weit getragen und dann diesen kleinen Abhang hinuntergeworfen. Offenbar war er der Überzeugung gewesen, dass es nicht gelingen würde, eine Verbindung zwischen ihm und seinem Opfer herzustellen.
    Von irgendwoher wehte Musik heran, ein alter Schlager aus den Sechzigern, und plötzlich fühlte ich mich, als hätte ich eine große Entdeckung gemacht.

2
    Am Sonntagabend sah ich das nun schon wohlbekannte Gesicht wieder, um zehn vor acht in den Fernsehnachrichten des SWR. Am Montag wurde es sogar in der süddeutschen Ausgabe der Bild-Zeitung gezeigt, zusammen mit einigen gutmütigen Spekulationen, sowie in fast allen Tageszeitungen Baden-Württembergs und der Pfalz.
    Doch ohne Erfolg.
    Das Wetter war unverändert heiß, sonnig und für das Oberrheintal ungewöhnlich klar, und tatsächlich machte ich in meiner zweiten und letzten Ferienwoche noch die eine oder andere Ausfahrt mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher