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Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)

Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)
Autoren: Max Wilde , Roger Smith
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wie das warme Pipi sein Bein hinunter auf den Boden lief.
    Erst war der Blitz gekommen – die Horrorshow fing immer mit einem hellen Blitz an, und die Farben waren ganz komisch und viel zu grell –, und dann war ein Monster im Garten gestanden, unter dem Basketballkorb. Ein Monster mit langen Armen und einem herunterhängenden Gesicht.
    Timmy verscheuchte die Horrorshow aus seinem Kopf und linste ein zweites Mal durch den Vorhang. Es war nur Skye. Skye stand da draußen. Timmy wusste nicht, warum sie so rot war. Sie sah zum Fenster hoch, und Timmy duckte sich schnell. Sie durfte nicht merken, dass er sich wieder nass gemacht hatte wie ein kleines Baby, deshalb zog er seine Schlafanzughose aus und wischte damit die Pfütze auf.
    Dann knüllte er die Hose zusammen. Auf dem Boden lag eine Plastiktüte voller Superhelden. Er schüttete die Figuren aus, stopfte die Hose in die Tüte und schob sie weit unters Bett. Er legte sich wieder hin, und als er hörte, wie sich die Haustür ganz leise öffnete und wieder ins Schloss fiel, zog er sich die Decke über den Kopf.
    Skye betrat lautlos das Haus und schlüpfte aus ihren Nikes, damit sie keine Blutspuren auf dem Teppich hinterließ. Maria wachte nicht auf. Ihr Gesicht wurde vom Flackern des Bildschirms erhellt. Skye schlich sich an ihr vorbei, ging die Treppe hinauf und riskierte einen kurzen Blick in Timmys Zimmer. Sie sah ihn still unter der Decke liegen und schloss vorsichtig die Tür.
    Dann ging sie ins Badezimmer und sperrte hinter sich ab. Sie starrte einen Augenblick lang das rosa Blumenmuster auf den braunen Fliesen an, nahm allen Mut zusammen und wandte sich wie ein Soldat auf dem Exerzierplatz rechtsum, damit sie in den großen Spiegel über dem Waschbecken sehen konnte. Sie musste alle Willenskraft aufbringen, um nicht aufzuschreien, als ihr eine Figur aus einem Horrorfilm entgegenstarrte – Haare, Gesicht und Kleidung waren über und über mit Blut bedeckt.
    Skye ging in die Hocke und schaffte es gerade rechtzeitig zur Toilette, bevor sich ihr Mageninhalt in die Schüs sel ergoss. Sie zitterte. Der Blutgeruch, sein Geschmack auf der Zunge in Kombination mit dem intensiven, würzigen Aroma von Menschenfleisch, ließ sie erneut würgen.
    Als sie fertig war, zog sie die Jeans und das zerfetzte T-Shirt aus und stopfte beides in den Wäschesack. BH und Höschen hatten offenbar nichts abbekommen, doch als Schwester eines Deputy war ihr sehr wohl bewusst, dass sie die ebenfalls verschwinden lassen musste. Genau wie die Uhr mit dem beschmutzten Armband. Hinter den eingetrockneten Blutflecken auf dem Glas konnte sie erkennen, dass es nach ein Uhr morgens war. Sie hatte über eine Stunde verloren.
    Sie stellte sich unter die Dusche, seifte sich ein und schrubbte ihren Körper, bis sich ihre Haut rot färbte und brannte. Dann fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar, riss die vom Blut verfilzten Strähnen heraus, löste die kleinen Klumpen mit den Fingernägeln. Rosa Wasser gurgelte in den Abfluss. Als es nach einer Ewigkeit endlich klar wurde, trocknete Skye sich ab.
    Sie ließ ihre Zunge durch ihre Mundhöhle gleiten, spürte einen Widerstand, beugte sich ganz nahe vor den Spiegel und fletschte die Zähne, zwischen denen Fleischfetzen steckten. Eine weitere Erinnerung tauchte auf: Eine Hand (es war nicht ihre, wirklich nicht, trotz der Armbanduhr) riss ein menschliches Herz aus einem Brustkorb. Das wabbelige Ding schlug noch und verspritzte Blut, als sie den ersten Bissen nahm.
    Verzweifelt griff sie nach der Zahnseide und löste damit einen grässlichen Fleischbrocken nach dem anderen, spuckte sie ins Waschbecken und spülte mit Wasser nach. Sie benutzte für jeden einzelnen Zahn ein neues Stück Seide und rieb so fest, bis sie ihr eigenes salziges Blut auf der Zunge spürte.
    Skye spülte die gerötete Zahnseide die Toilette hinunter, und als sie sich wieder im Spiegel betrachtete, waren sämtliche Spuren ihrer Taten verschwunden – genau wie das Ding, das in ihr schlummerte.
    Bis sie plötzlich begriff, dass sie auch ohne Brille sehen konnte. Da wusste sie, dass die Jahre der selbstauferlegten Kurzsichtigkeit und des Einsiedlerdaseins vorüber waren.

4
    Der Abend hatte für Skye begonnen wie alle anderen auch. Sie hatte Timmy Essen gemacht und gewartet, bis Maria Martinez, die Babysitterin – so pummelig und hübsch und unpünktlich wie immer –, ins Haus gestürmt kam. Und wie immer hatte sie eine mit Stricksachen, Klatschmagazinen und Horror-DVDs
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