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Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)

Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)
Autoren: Max Wilde , Roger Smith
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einzusteigen, als er auch schon mit quietschenden Reifen losfuhr. Der Wagen schlingerte vom Parkplatz auf die Straße, die roten Rückscheinwerfer verschwanden in der Nacht.
    Im Diner herrschte mit einem Mal Stille, die nur durch das Ticken der Coca-Cola-Uhr an der Wand durchbrochen wurde. Skye legte die Hand auf das Telefon, um ihren Bruder anzurufen. Das Polizeirevier war nur drei Straßen entfernt, und er würde sie, ohne sich zu beschweren, mitnehmen. Zumindest ohne sich laut zu beschweren. Auf der Rückfahrt würde sein Ärger fast greifbar im Wagen hängen – sein Ärger darüber, dass er seine kostbare Zeit darauf verschwendete, seine Schwester von ihrem unsinnigen Job nach Hause zu fahren. Ein Job, mit dem sie noch nicht mal ihr Taschengeld verdiente.
    Skye verstaute Schürze und Hut in ihrem Spind, schaltete das Licht aus und sperrte ab. Als sie an Richie in seinem Kabuff vorbeiging, winkte sie ihm zu, aber er war so auf sein Buch konzentriert, dass er sie nicht bemerkte.
    Zu dieser Stunde war die Stadt wie ausgestorben. Einige Fetzen Gitarrenmusik wehten über den Grenzzaun zu ihr hinüber, dann war außer dem Zirpen der Insekten nichts mehr zu hören. Es war noch ziemlich warm. Die Hitze staute sich unter den Kumuluswolken, die den Mond verdeckten. Sie spürte Schweißtropfen auf ihrer Oberlippe, als sie das letzte niedrige Haus passierte und der rissige, löchrige Asphalt in einen Feldweg überging.
    Sie hatte gerade die Ruinen des alten Roadhouse erreicht – ein Durcheinander verrottender Dachbalken, das wie ein verlassenes Mikadospiel auf dem Betonfundament lag –, als sie ein quietschendes Lachen hörte. Das große Auto stand neben der Straße, ein Streichholz flackerte im Innern auf.
    Scharfer Chemiegestank schlug ihr aus den heruntergekurbelten Fenstern entgegen. Sie ging schneller und hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst, doch sie war noch nicht weit gekommen – der Wasserturm mit seinen dünnen Beinen war nach wie vor nur eine entfernte, dunkle Silhouette –, als sie das Grummeln des Motors hörte. Die Scheinwerfer beleuchteten den Sand zu ihren Füßen.
    Sie spielten mit ihr. Inzwischen hatte sie das Tempo eines olympischen Gehers angenommen, während der Fahrer nur immer gerade so viel Gas gab, um mit ihr mitzuhalten. Sie ließen sie rennen, hielten sich immer dicht hinter ihr. Der Wagen beschleunigte erst, als sie die Straße verließ und in die Wüste lief, eine große Sandfläche, die flach wie eine Tischplatte bis zum weit entfernten Grenzzaun reichte.
    Skye rannte, rannte schneller als bei jedem Leichtathletikwettbewerb, schwang Arme und Beine, versuchte den Männern zu entkommen – und sich selbst.

5
    Sheriff Dellbert Drum war schlau genug, um zu wissen, dass er dumm wie Brot war. Aber das hatte ihn noch nie gestört, und er hatte auch nicht die leiseste Absicht, seinen Horizont in irgendeiner Form zu erweitern. Im Gegenteil – er hatte sein bisheriges Leben damit verbracht, diesen Horizont auf die wichtigen Dinge zu verengen. Dummheit und eine gewisse Durchtriebenheit schlossen sich schließlich nicht aus, und von beidem hatte er reichlich.
    Ebenso wie noch einige weitere Talente: zum Beispiel ein fotografisches Gedächtnis, was bestimmte Vorteile mit sich brachte, wenn man Legastheniker war und praktisch als Analphabet aufwachsen musste. Nachdem sich der dünnärschige Gene Martindale die Leichenteile angeguckt hatte – als ob ihm die Köpfe verraten könnten, was im Namen des barmherzigen Gottes hier wohl passiert war –, hatte Drum sofort gewusst, dass die zerbrochene Brille, die er in der Zwischenzeit halb vergraben im Sand hinter einer Agave entdeckte, Genes Schwester gehörte.
    Jetzt steuerte er den Ford tief in sein eigenes County, und die Überreste der Brille lagen in einem Plastikbeutel neben ihm auf dem Beifahrersitz. Das Gestell war an der Brücke in zwei Teile zerbrochen, ein Glas fehlte, das andere war zersplittert und mit Blut bedeckt. Und es war nicht das Blut des Mädchens, jede Wette.
    Drum war sich deshalb so sicher, dass es sich um Skye Martindales Brille handelte, weil er die blaue Büroklammer wiedererkannte, die den linken Bügel anstelle einer Schraube festhielt. Er war ein paar Tage zuvor auf eine Tasse Kaffee bei Earl gewesen. Skye hatte ihn bedient und kaum die Füße gehoben, als sie zu ihm rübergeschlurft kam. Das spröde Haar war ihr ins Gesicht gefallen, und dahinter hatte er die Büroklammer gesehen und sich gefragt, warum es Martindale
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