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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen
Autoren: Karl Olsberg
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wenn es stimmte? Wenn Benz wirklich einer der Drahtzieher des Anschlags war? Er stand den Rechtsradikalen nahe, und er war einer von knapp hundert Milliardären in Deutschland. Die meisten von ihnen kamen sicher nicht in Frage. Wenn tatsächlich Neonazis hinter dem Attentat steckten, war es also nicht so unwahrscheinlich, dass Benz etwas damit zu tun hatte. Vielleicht hatte er der PDV Geld gespendet, ohne zu wissen, was damit geschehen würde. Vielleicht hatte er es auch gewusst. Dass er direkt nach dem Anschlag trotz massiver finanzieller Verluste einen riesigen Betrag für die Opfer zur Verfügung gestellt hatte, konnte man als Großherzigkeit auslegen – oder als schlechtes Gewissen.
    Solche Verschwörungstheorien entsprachen nicht ihrer gewohnten Denkweise. Trotzdem bekam sie plötzlich Angst. Was, wenn er ein Massenmörder war und sich von ihr bedroht fühlte? Wer eine ganze Stadt in die Luft jagte, würde wohl keine Skrupel haben, eine unbequeme Journalistin aus dem Weg zu räumen.
    Andererseits, so unwahrscheinlich es auch sein mochte: Wenn es tatsächlich eine rechtsradikale Verschwörung gab, die den Tod Hunderttausender verursacht hatte, dann war das die größte Story des Jahrhunderts, ach was, des Jahrtausends! Dagegen wirkte die Watergate-Enthüllung wie ein Aufsatz in einer Schülerzeitung.
    Ein silberfarbener Fiesta hielt auf dem Seitenstreifen. Ein Mann mit kurzen, dunklen Haaren stieg aus und ging auf Benz’ Villa zu. Sie erkannte ihn sofort. Es war ein unwahrscheinlicher Zufall, dass sie erst gestern mit Gerd Wesel über den Vater seines besten Freundes gesprochen hatte und dass dieser Mann nun hier auftauchte. Vielleicht war es aber auch gar kein Zufall.
    |392| Pauly sah nach links und rechts, dann holte er einen Schlüsselbund hervor und schloss das Tor zum Grundstück auf. Faller stutze. Woher hatte er den Schlüssel? Arbeitete er vielleicht für Benz? Aber wieso benahm er sich dann so merkwürdig? Und weshalb ging er so komisch, leicht gekrümmt, als sei er behindert und könne nicht richtig laufen?
    Sie stieg aus und ging zum Grundstück. Sie hatte vorgehabt, Pauly anzusprechen und ihn zu fragen, was er hier machte. Doch als sie sah, wie er nicht direkt in das Haus ging, sondern drumherum schlich und in die Fenster spähte, war ihr klar, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Sie holte ihre Digitalkamera hervor und fotografierte ihn, wie er in eines der Fenster sah, wie er dann die Haustür öffnete und eintrat.
    Faller prüfte das Gittertor zum Grundstück. Es war verschlossen. Es war etwa so hoch wie sie, und die Gitterstäbe waren oben mit Dornen versehen, doch das Ganze schien eher Zierde zu sein, als der Sicherheit zu dienen, denn den gemauerten Pfosten, an dem das Tor verankert war, konnte man ohne Probleme erklimmen.
    Sie kümmerte sich nicht darum, dass die Autofahrer auf der Elbchaussee sahen, wie sie am helllichten Tag über ein Gartentor kletterte. Sie wusste aus Erfahrung, dass die meisten vielleicht verwundert den Kopf schütteln, aber dennoch einfach weiterfahren würden.
    Sie sprang auf der anderen Torseite herab, schlich zum Haus und spähte in die Fenster, genau wie Pauly es getan hatte. Sie entdeckte ihn in einem Raum, der Benz’ Arbeitszimmer sein musste. Er hatte ihr den Rücken zugedreht und war dabei, die Schubladen an Benz’ Schreibtisch zu durchwühlen. In die linke Wand war ein Tresor eingelassen, der jedoch verschlossen war. Das Bild, das davor gehangen haben musste, stand auf dem Boden.
    |393| Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Er suchte etwas. Beweise vielleicht – Beweise dafür, dass Heiner Benz etwas mit dem Tod seines Sohnes zu tun hatte!
    Fallers Herz klopfte vor Aufregung. Sie machte ein oder zwei Fotos, bevor ihr klar wurde, dass sich Pauly nur umsehen und aus dem Fenster schauen musste, um sie zu entdecken. Sie wusste nicht, wie er reagieren würde – besser, sie ging einer solchen Konfrontation aus dem Weg.
    Nicht weit von dem Fenster entfernt stand ein kleines Häuschen aus Metall, in dem vermutlich Gartengeräte aufbewahrt wurden. Daneben wuchs ein Rhododendron, der einen guten Sichtschutz bot.
    Faller verbarg sich dort und beobachtete, wie Pauly einen Notizblock und einen Kasten mit Visitenkarten aus der Schreibtischschublade durchblätterte. Sie hörte einen Wagen. Das Tor zur Einfahrt glitt zur Seite, und Benz’ Mercedes fuhr auf das Grundstück. Jetzt wurde es spannend! Sie sah Benz aus dem Auto aussteigen. Er ging allein auf die
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