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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur
Autoren: Susanne Wahl
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lieber nicht, das ist zu gefährlich.“
    „Stimmt, Mariacarla. Feuer ist immer gefährlich.“
    „Das sagt meine Mama auch. Deshalb male ich auch kein Dino-Feuer. Oma, jetzt hast du schon wieder h-h-h gemacht. Warum? Hast du Angst vor dem Feuer?“
    Rike fühlte sich ertappt. „Nein“, antwortete sie entschieden. „Ich habe keine Angst vor dem Feuer.“
    „Weil du so alt bist?“
    Rike lachte laut heraus. „Du kannst einen kleinen Dino malen, der ein kleines Feuer spuckt. Du kannst aber auch einen großen Dino malen, der ein ganz gewaltiges Feuer spuckt. Was meinst du, Mariacarla, welches Feuer ist gefährlicher?“
    „Das große“, antwortete Mariacarla prompt. „Weil das mehr Wucht hast. Jetzt hast du die Windel neben den Eimer geworfen, Oma.“ Mariacarla bückte sich. „Meine Mama sagt, ein kleines Feuer kann man auspusten. Bei einem großen reicht die Puste nicht, da muss man die Feuerwehr rufen. Meine Mama sagt, das kommt teuer.“
    2. Kapitel
    Rikes Küche war in einem sonnigen Toskana-Orange gestrichen. Die Vorhänge aus englischem Leinen mit dem typischen bunten Nelken- und Rosenmuster nach orientalischen Vorlagen aus dem siebzehnten Jahrhundert waren zugezogen. In den offenen Fächern eines ebenfalls englischen Küchenbüfetts glänzte das Silber, das sie in vielen Jahren gesammelt hatte. Den runden Holztisch und die Stühle hatte sie in einem Antiquitätenladen im Schwarzwald erstanden, und zusammen mit den gerahmten Sticktüchern und Mariacarlas temperamentvollen Fingerfarbenbildern an den Wänden war die Küche zu dem geworden, was Rike sich immer gewünscht hatte: ein gemütlicher Treffpunkt für die Familie. Als Lotte klingelte, roch es nach warmem Kakao und Penatencreme. Beide Enkelinnen waren bettfertig, Heiner fütterte Mariacarla mit Nutellahäppchen, und Rike gab Radita das Fläschchen.
    „Du hast nicht gesagt, dass du Familiendienst leistest“, rief
    Lotte verwundert.
    Rike deutete mit dem Kinn auf den Stuhl an ihrer Seite.
    „Heute Nachmittag wusste ich auch noch nichts von meinem Unglück.“
    Lotte kannte ihre beste Freundin seit fünfundvierzig Jahren. Jetzt warf sie ihr einen fragenden Blick zu, doch bevor sie nachhaken konnte, fragte Heiner rasch: „Soll ich dir auch ein Nutellabrot streichen?“
    „Mir wurden zwei Käsebrote in Aussicht gestellt. Den Wein dazu habe ich mitgebracht.“
    „Du meinst, zwei Käsebrote gegen einen Schluck Roten?“
    „Zwei Käsebrote gegen eine ganze Flasche“, stellte Lotte richtig. „Es ist ein österreichischer Zweigelt; sehr rund im Geschmack, weich und fruchtbetont. Erinnert an schwarze Früchte wie Brombeeren und Johannisbeeren.“
    „Klingt interessant.“
    „Interessant?“, wiederholte Lotte empört. „Es ist ein Spizenwein, du Banause!“
    Der Banause war seit einem halben Jahr im Ruhestand, hatte allerdings einige Beraterverträge und verbrachte zwei, drei, manchmal sogar vier Tage in der Woche in unterschiedlichen Firmen. Er war stolz darauf, nicht den Bauchansatz alternder Männer zu haben, und sah mit seinen grauen Haaren noch sehr attraktiv aus. Jetzt ließ er sich von Lotte das Glas füllen, schnupperte, kostete und hob anerkennend die Augenbrauen. „Nicht schlecht! Lotte, du kannst morgen Abend wiederkommen.“ Er griff nach der Flasche. „Rike, du weißt, dass ich morgen bei Huber bin. Die Besprechung dauert den ganzen Tag, Beginn um halb neun, danach gibt es ein gemeinsames Abendessen. Entschuldigt mich; ich muss mich noch in die Problematik einarbeiten.“ Er verzog sich in sein Arbeitszimmer.
    Lotte runzelte die Stirn. „In letzter Zeit sieht dein Mann um Jahre jünger aus, Rike. Hat er etwa herbstliche Frühlingsgefühle? Und warum sind die Kinder bei dir?“
    Radita hatte das Fläschchen ausgetrunken. Rike klopfte ihr sanft auf den Rücken, bis sie aufstieß. „Brav“, lobte Rike, setzte die Kleine Lotte auf den Schoß und legte Käse, Brot und Butter auf eine Platte. „Elina begegnet den geballten Reizen des raffinierten Models, das du auch kennst, mit einer heißen Nacht, neuem Parfum und einer Flasche von deinem Schampus und will Babygeschrei im entscheidenden Augenblick vermeiden. Was mit Heiner los ist, weiß ich nicht.“
    „Wie wär’s mit einem neuen Parfum?“, fragte Lotte spöttisch.
    „Vor zwei Wochen habe ich eines gekauft!“, rief Rike empört. „Aber obwohl ich mich bis zum Atemstillstand einnebelte, hat der Kerl nichts gerochen!“
    „Hm. Dann hatte er entweder ein noch stärkeres Parfum
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