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Schwarze Sonne

Schwarze Sonne

Titel: Schwarze Sonne
Autoren: Marco Sonnleitner
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seine Miene. Bisher hatten ihn die Jungen noch nicht davon überzeugen können, dass an ihrem sogenannten Fall irgendetwas dran gewesen wäre. Aber jetzt war das anders. Jetzt lagen ganz offensichtlich Straftaten vor, und als Cotta von der Höllenfahrt des Käfers erfuhr, sprach deutliche Sorge aus seinem Blick.
    »Okay. Das hört sich alles andere als harmlos an.« Er schluckte und nahm einen Block zur Hand. »Aber bevor wir überlegen, was wir jetzt tun, hätte ich noch einige Fragen.« Er sah Summer Hopkins an. »Insbesondere an Sie, Mam.«
    Die Frau nickte schwer und begann von sich aus zu erzählen. »Wo fange ich?« Sie überlegte kurz. »Ja, vielleicht damit: Elroy ist tatsächlich Seamur Mendelsteins Sohn. Das ist kein Geheimnis, auch wenn Elroy alles dafür tut, dass so wenig Leute wie möglich davon wissen. Und dass ihm so wenig Leute wie möglich nahekommen.«
    »Und warum tut er das?«, fragte Cotta.
    Die drei Jungen lauschten aufmerksam. Auch ihnen brannten die Fragen unter den Nägeln. Jetzt endlich würden sie erfahren, wie die Dinge zusammenhingen.
    »Weil … weil …« Summer Hopkins zögerte. Es fiel ihr sichtlich schwer, ihr Wissen preiszugeben. »Weil niemand von dem eigentlichen Geheimnis erfahren soll, das er hütet. Zu viel hängt davon ab.«
    Cotta sah sie mitfühlend an. »Aber Sie kennen es?«
    Mrs Hopkins nickte und sah zu Boden. »Ja. Zwangsläufig.« Ein schwaches Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. »Aber ich habe Elroy versprochen, nie darüber zu reden. Doch jetzt, wo die Bilder gestohlen wurden … und da er meinen Namen ins Spiel brachte …« Sie seufzte. Dann hob sie den Kopf und blickte dem Polizisten fest ins Gesicht. »Seamur Mendelstein hat nie ein Bild gemalt. Es war mein Mann, Stephen Monahan, Denzels Vater. Alle Bilder sind von ihm.«
    »Was?« Die drei ??? platzten damit fast gleichzeitig heraus.
    Mrs Hopkins fuhr fort: »Stephen war ein begnadeter Künstler. Aber er war Schwarzer. Und in den 50er- und 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts war noch nicht die Zeit, in der man einem schwarzen Künstler den Respekt gezollt hätte, den er verdiente. Doch er war gut. So gut.« Die Frau versank für einen Moment in ihren Erinnerungen. »Und wir mussten von irgendetwas leben. Da kam Seamur eine Idee. Er und Stephen kannten sich schon aus Kindertagen und waren unzertrennliche Freunde. Und jetzt schlug Seamur vor, die Bilder unter seinem Namen zu verkaufen. Er war weiß, die Leute würden nur auf die Bilder achten.«
    »SM«, murmelte Justus. »Seamur Mendelstein, Stephen Monahan.«
    Mrs Hopkins nickte. »Ja, die Initialen stimmen überein. Und der Plan ging auf. Die Leute rissen sich um die Bilder und bezahlten immer mehr dafür. So viel, dass Seamur und Stephen beschlossen, eine Stiftung zu gründen, die OBR.«
    »Die OBR?« Bob erinnerte sich, davon kürzlich in der Zeitung gelesen zu haben. »Die Organisation zur Bekämpfung der Rassendiskriminierung?«
    »Ja«, bestätigte Mrs Hopkins, »die meine ich. Dafür wollten Stephen und Seamur das Geld verwenden. Damit sich etwas veränderte.« Wieder hielt sie inne und ein Schatten legte sich auf ihr Gesicht. Irgendetwas bedrückte sie. »Stephen malte ab da wie ein Besessener. Seine Kunst hatte mit einem Mal ein Ziel, er hatte eine Mission. Aber darüber … vergaß er das Leben.« Sie schluckte. »Vergaß er uns.« Ihre Augen schimmerten feucht. »Und irgendwann ging es nicht mehr. Es war nicht mehr möglich, mit ihm zusammenzubleiben. Er lebte nur noch für die Kunst. Mich und Denzel sah er nicht mehr. Also verließ ich ihn schweren Herzens, nahm meinen Mädchennamen Hopkins wieder an und beschloss, ihn zu vergessen. Um Denzels willen. Kein Vater ist immer noch besser als einer, der den eigenen Sohn unentwegt übersieht.«
    Justus runzelte nachdenklich die Stirn. »Aber das Bild, auf dem Denzel zu sehen ist?«
    Mrs Hopkins lächelte schmerzlich. »Ja, ich kenne es. Seamur hat es mir mal gezeigt. Er muss es kurz nach unserer Trennung gemalt haben. Aber es blieb das einzige, das er von Denzel jemals gemalt hat. Nur die schwarze Sonne, die Denzel als Kind so oft gezeichnet hat, hat er noch in ein oder zwei späteren Bildern aufgegriffen.«
    »Die schwarze Sonne stammt von Denzel?«, fragte Bob.
    »Ja. Er war noch ganz klein. Ein Kinderbild.« Summer Hopkins lächelte versonnen und griff nach dem Glas Wasser, das ihr Cotta hingestellt hatte. Dann sprach sie weiter: »Denzel war keine drei Jahre alt, als wir gingen. Ihm gelang, was
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