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Schwarze Engel

Schwarze Engel

Titel: Schwarze Engel
Autoren: Michael Connelly
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Irving vorbei aus dem Fenster des Fahrscheinschalters. Er konnte in den Wagen sehen. Die Techniker waren noch an der Arbeit und standen kurz davor, die Lichter auszumachen, um das Innere des Wagens mit dem Laser nach Fingerabdrücken abzusuchen. Sein Blick fiel auf die Hand mit dem Durchschuß. Howard Elias. Bosch dachte an die vielen Verdächtigen, die dafür in Frage kamen und von denen in diesem Moment viele da draußen herumstanden und zusahen.
    »Scheiße«, sagte Edgar. »Da können wir wohl nicht dankend ablehnen, oder, Chief?«
    »Achten Sie gefälligst etwas auf Ihre Wortwahl, Detective«, fuhr Irving ihn an. Seine Kiefermuskeln traten deutlich hervor. »Diesen Ton verbitte ich mir.«
    »Was ich damit sagen will, Chief, ist doch nur, wenn Sie hier jemanden suchen, der Ihnen den Onkel Tom spielt, dann bitte ohne –«
    »Damit hat das nichts zu tun«, fiel ihm Irving ins Wort. »Ob es Ihnen paßt oder nicht, Sie haben diesen Fall zugeteilt bekommen. Ich erwarte von jedem von Ihnen, daß er mit aller gebotenen Gründlichkeit an die Sache herangeht. Aber vor allem erwarte ich – und der Polizeipräsident – Resultate. Alles andere zählt nicht. Absolut nichts.«
    Nach einem Moment des Schweigens, in dem Irving von Edgar zu Rider und schließlich zu Bosch blickte, fuhr der Deputy Chief fort: »Bei der Polizei gibt es nur eine Rasse. Nicht Schwarz und nicht Weiß. Nur die blaue Rasse.«

3
    S eine Berühmtheit als Bürgerrechtsanwalt hatte Howard Elias nicht den Mandanten zu verdanken, die er vertrat – sie ließen sich bestenfalls als Tunichtgute, wenn nicht sogar als regelrechte Verbrecher bezeichnen. Was Elias’ Gesicht und Namen in der breiten Öffentlichkeit von Los Angeles zu solcher Bekanntheit verholfen hatte, waren sein Gespür für den richtigen Umgang mit den Medien, sein Geschick, sich den schwelenden Rassismus der Stadt zunutze zu machen, und der Umstand, daß er sich als Anwalt darauf spezialisiert hatte, das Los Angeles Police Department zu verklagen.
    Fast zwei Jahrzehnte lang hatte er ausgesprochen gut davon gelebt, im Auftrag von Bürgern, die auf die eine oder andere Art mit der Polizei in Konflikt geraten waren, Klagen vor dem Bundesgericht anzustrengen. Elias verklagte Streifenpolizisten, Detectives, den Polizeipräsidenten, die Polizei als Ganzes. Wenn er eine Klage einreichte, ging er nach dem Schrotflintenprinzip vor. Das heißt, er erklärte jeden zum Beklagten, der auch nur im entferntesten mit dem strittigen Vorfall zu tun hatte. Nachdem ein des Einbruchs verdächtiger Mann auf der Flucht von einem Polizeihund angefallen worden war, hatte Elias im Auftrag des Mannes Klage erhoben und als Beklagte den Hund, seinen Führer und dessen sämtliche Vorgesetzte bis hinauf zum Polizeichef angegeben. Sicherheitshalber hatte er auch noch die Ausbilder des Hundeführers sowie den Hundezüchter verklagt.
    In seinen spätabendlichen Fernseh-›Infomercials‹ und in den ›improvisierten‹, aber in Wirklichkeit geschickt inszenierten Pressekonferenzen auf den Stufen des U. S. District Courthouse stellte sich Elias immer als Kämpfer für Recht und Freiheit dar, als einsamen Rufer in der Wüste, der gegen den Rechtsmißbrauch einer faschistischen und rassistischen paramilitärischen Organisation protestierte, die sich LAPD nannte. In den Augen seiner Kritiker – sie reichten von den Mannschaftsgraden des LAPD bis in die Büros der Bezirksstaatsanwälte – war Elias selbst ein Rassist, ein Unruhestifter, der dazu beitrug, die Kluft zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen einer ohnehin schon gespaltenen Stadt noch mehr zu vertiefen. Nach Auffassung dieser Kritiker war er eine Schande für die ganze Rechtspflege, ein Taschenspieler, der vor Gericht, egal wie das Blatt gemischt war, immer die Rassenkarte zog.
    Meistens waren Elias’ Mandanten schwarz oder braun. Mit Hilfe seines ausgeprägten rhetorischen Talents und einer sehr selektiven Auswahl der Fakten stilisierte er seine Mandanten oft zu lokalen Helden hoch, zu emblematischen Opfern einer außer Kontrolle geratenen Polizei. Im Süden der Stadt stand Elias bei vielen in dem Ruf, das LAPD ganz allein daran gehindert zu haben, wie eine Besatzungsarmee aufzutreten. Howard Elias war einer der wenigen Bewohner von Los Angeles, dem je nach Stadtteil erbitterter Haß oder glühende Verehrung entgegengebracht wurde.
    Wenige von Elias’ Bewunderern waren sich darüber im klaren, daß sich seine ganze Tätigkeit als Anwalt auf einen einzigen
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