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Schwarze Engel

Schwarze Engel

Titel: Schwarze Engel
Autoren: Michael Connelly
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und sehr simplen Bereich der Rechtsprechung beschränkte. Er erhob seine Klagen nur an Bundesgerichten und unter Berufung auf die staatsbürgerlichen Rechte, weshalb er in jedem Verfahren, in dem er vor Gericht erfolgreich war, sein Honorar der Stadt Los Angeles in Rechnung stellen konnte.
    Die Mißhandlung Rodney Kings, der Bericht der Christopher Commission, der der Polizei in Anschluß an den King-Prozeß und die daraus resultierenden Rassenunruhen eine schwere Rüge erteilte, und schließlich der die Kluft zwischen den Rassen weiter vertiefende O. J. Simpson-Fall hatten einen Schatten geworfen, der auf jede Klage fiel, die Elias einreichte. Und deshalb war es für den Anwalt nicht sonderlich schwierig, Prozesse gegen die Polizei zu gewinnen und die Geschworenen dazu zu bringen, den Klägern zumindest pro forma einen Schadenersatz zuzusprechen. Diese Geschworenen merkten nie, daß ihre Entscheidungen Elias freie Hand erteilten, von der Stadt und den Steuerzahlern, sie selbst eingeschlossen, Honorare in Höhe von mehreren hunderttausend Dollar einzufordern.
    Beim sogenannten Hundebißprozeß, der Elias’ Markenzeichen werden sollte, befanden die Geschworenen, die Rechte des Klägers seien verletzt worden. Aber da der Kläger ein Einbrecher mit einem von Festnahmen und Verurteilungen strotzenden Vorstrafenregister war, sprachen ihm die Geschworenen lediglich einen symbolischen Schadenersatz von einem Dollar zu. Die dahinterstehende Absicht war klar. Es ging ihnen weniger darum, einen Kriminellen reich zu machen, als der Polizei einen Rüffel zu erteilen. Aber Elias interessierte das natürlich nicht. Ein Sieg war ein Sieg. In Einklang mit den bundesgerichtlichen Richtlinien stellte er der Stadt 340000 Dollar Anwaltskosten in Rechnung. Die Stadt legte Kostenbeschwerde ein, mußte schließlich aber trotz erbitterten Widerstands noch über die Hälfte der Summe zahlen. Die Geschworenen – und viele vor und nach ihnen – glaubten also, das LAPD zur Räson zu rufen, aber zugleich zahlten sie auch für Elias’ halbstündige Infomercials auf Channel 9, für seinen Porsche, seine italienischen Anzüge und sein luxuriöses Haus oben in Baldwin Hills.
    Natürlich war Elias nicht der einzige. Es gab in Los Angeles Dutzende von Anwälten, die sich auf Polizei- und Bürgerrechtsfälle spezialisierten und sich dieselbe bundesrechtliche Bestimmung zunutze machten, dank deren sie Honorare einfordern konnten, die den ihren Mandanten zugesprochenen Schadenersatz um ein Vielfaches überstiegen. Nicht alle waren zynisch und verfolgten damit nur finanzielle Interessen. Einige der von Elias und anderen angestrengten Prozesse hatten bei der Polizei positive Veränderungen bewirkt. Das konnten ihnen nicht einmal ihre Feinde – die Cops – absprechen. Nachdem unverhältnismäßig viele Angehörige von Minderheiten zu Tode gekommen waren, wurde infolge solcher Bürgerrechtsprozesse die gängige Polizeipraxis abgeschafft, Verdächtige mit dem Würgegriff gefügig zu machen. Andere Prozesse hatten zu einer Verbesserung der Haftbedingungen und der Sicherheit in lokalen Gefängnissen geführt oder Bürgern den Weg eröffnet und erleichtert, gegen brutale Polizisten Klage zu erheben.
    Dennoch nahm Elias eine Sonderrolle ein. Er war telegen und verfügte über die rhetorischen Fähigkeiten eines Schauspielers. Außerdem schien er, was die Wahl seiner Mandanten anging, keinerlei Skrupel zu kennen. Er vertrat Drogendealer, die behaupteten, beim Verhör mißhandelt worden zu sein, Einbrecher, die die Armen bestahlen, sich aber bei ihrer Festnahme von der Polizei sofort zu hart angefaßt wähnten, Räuber, die ihre Opfer erschossen, jedoch lauthals protestierten, wenn sie umgekehrt von der Polizei angeschossen wurden. Elias’ Lieblingssatz – der ihm bei seinen Werbesendungen in eigener Sache und immer dann, wenn eine Kamera auf ihn gerichtet war, als Motto diente – lautete: Machtmißbrauch bleibt Machtmißbrauch, ganz unabhängig davon, ob das Opfer ein Krimineller ist. Er war immer schnell zur Hand, in die Kamera zu blicken und zu erklären, wenn solcher Machtmißbrauch geduldet werde, wenn er sich gegen Schuldige richte, werde es nicht lange dauern, bis ihm auch Unschuldige zum Opfer fielen.
    Elias praktizierte allein. In den letzten zehn Jahren hatte er die Polizei mehr als hundertmal verklagt und in mehr als der Hälfte der Fälle von den Geschworenen einen Schuldspruch erhalten. Es gab keinen Cop, dem nicht schon bei der bloßen
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