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Schwarze Dynastie

Schwarze Dynastie

Titel: Schwarze Dynastie
Autoren: C. M. Kornbluth
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Dinge kämen im Mob-Territorium oft genug vor. Das fand Charles würdelos, und Lee beschimpfte ihn so wütend, daß er schließlich nachgab.
    »Aber was dann, wenn mich einer ernst nimmt?« fragte er im letzten schwachen Versuch, doch noch zu protestieren.
    Sie zuckte die Achseln und machte sich daran, ihr Haar zu schneiden und zu färben.
    Am Morgen küßte sie Oliver zum Abschied und sagte zu Charles: »Dich treffe ich am Bahnhof. Du sagst also nicht leb wohl.« Sie verließ die Wohnung, ein schlanker, dunkelhaariger Junge, der fast unmerklich hinkte. Charles sah ihr nach. Ein Cop drehte sich nach ihr um und ging dann seines Weges weiter.
    Eine halbe Stunde später schüttelte Charles Oliver die Hand und ging ebenfalls.
    An diesem Tag ging Oliver nicht zur Arbeit. Er saß am Tisch und zeichnete ununterbrochen Lee Falcaros Kopf.
    Die Zeit, der große Witzbold, dachte er. Er öffnet die Tür zum nächsten Raum, der mit guten und schönen Dingen angefüllt ist, und schöne Frauen und fröhliche Männer winken dir zu, daß du an ihrem Fest teilnehmen sollst. Wir haben alles, was dein Herz begehrt, sagen sie, und du sollst ein wenig von allem versuchen. Und dann geht man auf die Tür zu.
    Aber die Zeit, der große Witzbold, zieht dir den Teppich unter den Füßen weg und knallt dir die Tür vor der Nase zu; und die Gäste lachen sich den Kopf vom Hals, weil sie es lustig finden, daß du auf der Nase liegst ...
    Langsam zeichnete Oliver Lees Kopf zum fünfzehnten Mal. Er wagte es nicht, die Nachrichten einzuschalten. Vielleicht, dachte er, ist die nächste Stimme, die du hörst, die des Mannes mit der Pistole an der Tür.

 
20.
     
    Charles lief direkt einem Polizisten in die Hände.
    »Woher kommen Sie, Mister?« forschte der Sergeant.
    Charles schluckte. Es war gar nicht so einfach, Lees Drill ablaufen zu lassen. »Oh, von irgendwoher, Sergeant. Wissen Sie, ich bin nämlich aus der Gegend.«
    »Weshalb sind Sie so nervös?«
    »Wissen Sie, Sergeant, Sie sind ... ein so ungewöhnlich interessanter Typ, wirklich. Hat Ihnen das noch niemand gesagt, wie herrlich männlich Sie in Uniform aussehen?«
    »Wenn ich nicht in Uniform wäre, würde ich dir jetzt eine langen, du Tunte. Und wenn nicht die ganze Polizei hinter den Verrückten her wäre, die Mr. Regan ermordet haben, würde ich dich verhaften, weil du auf den Gehsteig gespuckt hast. Verschwinde jetzt wie der Blitz aus meinem Bezirk, Mensch, und geh zur Hölle oder sonst wohin. Laß dich hier ja nicht mehr blicken!«
    Charles sauste ab. Die Szene war gelungen.
    Sie gelang noch einmal bei einem Polizisten, und das dritte Opfer war ein Geheimpolizist aus Chicago, der Charles einen Kinnhaken verpaßte und mit einem Fußtritt in Marsch setzte. Lee hatte ihn gewarnt, daß dies passieren könnte, weil diese Leute, von einem Schwulen angepflaumt, ihre Männlichkeit unter Beweis stellen mußten. »Das mußt du hinnehmen«, hatte sie ihm erklärt. »Wenn du damit durchkommst, hast du sowieso einen niedrigen Preis dafür bezahlt.«
    Der Kinnhaken war sowieso stümperhaft ausgefallen, und der Fußtritt hatte ihn praktisch durch das Tor des Michigan City Transport Terminal gewirbelt.
    Der Chicago-Buffalo-Expreß mußte, der Uhr nach, in einer Viertelstunde einfahren. Etwa fünfzig Menschen warteten an der Einschienenbahn; sie wurden von den Mob-Behörden für vertrauenswürdig genug gehalten, das Syndikats-Territorium zu besuchen, um dann gehorsam wieder zurückzukehren. Sie waren gut gekleidet und hatten sicher alle Besitz, der ihnen wichtiger erschien als die Freiheit. Ein einziger junger Mann war da – oh, das war Lee, und sie lehnte an einer Säule und las das Sportjournal.
    Wer aus der Menge war Polizist? Natürlich dieser dickliche Mann mit den unruhigen Augen. Und der Bursche mit dem himmlischen Blick ebenfalls, denn er lief unablässig herum und forschte in den Gesichtern der Leute.
    Charles ging zum Zeitungsstand und holte sich eine Abhandlung Der Mob – ein kurzer Geschichtsabriß. Sie war die Münze nicht wert, die er dafür in den Schlitz gesteckt hatte.
    Eigentlich ist das gar keine Affäre, überlegte er. Da kommen Züge herein, man zeigt dem Auge des Robotkontrolleurs die Reiseerlaubnis, wirft das Geld in den Münzenschlitz und besteigt den Zug. Erkennt der Robotkontrolleur die Reiseerlaubnis oder das Geld als falsch, dann ist allerdings der Teufel los. Sein Geld war echt, und den Paß hatte er noch nicht ausprobieren können. Wie stand die Möglichkeit für
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