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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)
Autoren: Steve Mosby
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besucht.«
    Dieser Polizist. Ihr Vater natürlich, der sie schließlich adoptierte. Es war Hannah nicht leichtgefallen, sich ihrer Vergangenheit zu stellen und Einblick in die entsprechenden Akten zu nehmen. Sie hatte die Dokumente gelesen, die Colin und Melissa Price bei ihrem Antrag auf Sorgerecht eingereicht hatten, einschließlich der amtlichen Prüfungsverfahren und Berichte, der Gutachten und Beschlüsse. Colin Price war ein geachteter Bürger der Stadt gewesen, der überdies Aussagen anderer ebenso geachteter Bürger vorlegen konnte, die seinen Antrag unterstützten. Noch entscheidender war die Tatsache, dass er den Berichten und Gutachten nach zu dem damals als »Charlotte« geführten Mädchen bereits eine enge emotionale Bindung hergestellt hatte. Eine Zeile war Hannah bei der Lektüre der Akte ins Auge gesprungen, und sie hatte sie seitdem keinen Moment vergessen.
    »Trotz ihrer Traumatisierung hat Charlotte offensichtlich ihrerseits eine tiefe Gefühlsbindung zu Colin Price entwickelt, und seine Anwesenheit übt auf sie eine beruhigende, tröstliche Wirkung aus. Wie sie selbst bezeugt, gibt er ihr ein Gefühl der Sicherheit.«
    Unter den Papieren ihres Vaters hatte sie die Geburtsurkunde gefunden, die für sie ausgestellt worden war. Sie war als Hannah Price adoptiert worden, um ihr einen vollständigen Bruch mit ihrer Vergangenheit zu ermöglichen. Einen neuen Anfang und die Chance zu vergessen.
    Und genau das war passiert.
    »Ich war so neidisch auf dich«, sagte Doherty. »So neidisch darauf, wie viel du anderen Menschen bedeutet hast. Während ich niemandem etwas bedeutete. Niemand hat mir zugehört. Niemand hat mich je besucht. Ich war ihnen einfach egal. Ich meine, glaubst du im Ernst, jemand wie Robert Wiseman hätte je ein Buch über mich geschrieben?«
    Sie schien noch etwas sagen zu wollen, doch sie verstummte. Sie blickte wieder aufs Meer und schüttelte nur den Kopf.
    Hannah beobachtete sie einen Moment und überlegte krampfhaft, was sie darauf sagen sollte. Ob sie ihre ganze Wut an diesem Menschen auslassen sollte, der eigentlich für sie keine Rolle spielte – der letzten Endes mit allem, was passiert war, nichts zu schaffen hatte. Nur ein kleines Mädchen, das eine Geschichte gehört und erkannt hatte, wie sie Nutzen daraus ziehen konnte. Und im Grunde hatte Doherty recht. Sie hatte nie Adoptiveltern gefunden, sondern wurde von einem Heim ins andere geschubst, bis sie erwachsen war. Und in der Tat hätte Robert Wiseman damals nie eine Geschichte über sie geschrieben. Jetzt, wenn er noch am Leben wäre, vielleicht schon.
    »Keine Sorge«, sagte Hannah. »Ich werde dich nicht verhaften. Ich könnte es zwar und sollte es vermutlich auch, aber ich sehe nicht viel Sinn darin. Die ganze Sache ist mehr oder weniger abgeschlossen. Niemand weiß mit Sicherheit, dass du an dem Tag zusammen mit Christopher Dawson am Viadukt warst. Bei Lichte betrachtet interessiert sich niemand für dich.«
    Doherty runzelte die Stirn. »Aber …«
    »Ich bin nur aus Neugier gekommen. Vielleicht wollte ich nur sehen, was aus mir geworden ist.« Hannah stieß sich von der Brüstung ab. »Lebe wohl, Charlotte.«
    »So heiße ich nicht.«
    »Du kannst den Namen haben. Du wolltest ihn, und ich will ihn nicht. Jetzt gehört er dir.«
    Hannah drückte Doherty einen Zettel in die Hand; sie hatte ihre Telefonnummer aufgeschrieben.
    »Wenn du ihn auch nicht willst, kann ich dir vielleicht irgendwann mal behilflich sein.«
    Und bevor die Frau etwas erwidern konnte, wandte Hannah sich ab und lief zügig die Promenade entlang. Falls Doherty mit ihrer Scharade weitermachen wollte, sei’s drum. Es war nicht mehr von Bedeutung. Die Geschichte war abgehakt. Niemand konnte einen zwingen, etwas zu lesen, das man nicht lesen wollte, und falls Doherty sich irgendwann mit ihr in Verbindung setzte, würde sie ihr erklären, wieso und warum.
    Schluss, Ende.
    Als Hannah am Hotel Southerton ankam, war sie einen Moment versucht, sich noch einmal umzudrehen – doch sie tat es nicht. Sie wollte gar nicht sehen, wie Suzanne Doherty mit ihrem schwarz gefärbten Haar, das ihr der Wind wie Blütenblätter zerzauste, noch genau an der Stelle stand, an der sie sie zurückgelassen hatte. Sie hatte jetzt ihre eigenen Blumen, die im Garten ihres Vaters wuchsen. Sie hatte sie im Sommer gepflanzt, und sie waren sehr schön. Rote, blaue und gelbe, so wie in ihrer Erinnerung. Jetzt war ihr danach, ein Feuer zu machen, sich in den Sessel zu setzen und
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