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Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarze Blumen: Thriller (German Edition)
Autoren: Steve Mosby
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überlegte fieberhaft, welche Möglichkeiten sie hatte. Hannah war gespannt, wie sich Doherty weiter verhielt. Würde sie noch einmal leugnen, den Namen zu kennen – sich hastig entschuldigen und gehen –, oder gab sie es am Ende zu?
    »Tut mir leid.« Ihr Ton klang jetzt bestimmter. »Ich heiße Suzanne.«
    Hannah nickte lächelnd, antwortete jedoch: »Nein, du heißt Charlotte.«
    »Ich sag doch …«
    »Erinnerst du dich an mich?« Sie drehte sich zu ihr um. »Wir waren zusammen bei der Pflegemutter, auch wenn ich damals anders hieß. Damals war ich Charlotte, jetzt heiße ich Hannah Price.«
    »Ich fürchte – ich fürchte, ich muss los.«
    Und diesmal versuchte die Frau tatsächlich wegzulaufen, also packte Hannah sie energisch am Arm.
    »Was fällt Ihnen ein …?«
    »DS Hannah Price.«
    Sie wartete, bis die Information angekommen war und die Frau begriff, dass sie keine Chance hatte, sich davonzustehlen. Als sie den Widerstand aufgab, ließ Hannah sie los.
    »Vernünftige Entscheidung, Charlotte.«
    »Nennen Sie mich nicht immer so.«
    »So heißt du nun mal, nicht wahr? Könnte zumindest so sein. Wenn man etwas oft genug wiederholt, wird es wahr. So funktionieren Geschichten. Und wir wissen beide, dass du eine Geschichte erzählt hast. Du hast meine Geschichte gestohlen und sie als deine eigene ausgegeben.«
    Doherty sah so aus, als sei sie drauf und dran, erneut zu leugnen, doch dann begriff sie offenbar, dass es zwecklos war. Stattdessen starrte sie Hannah nur an, ohne mit der Wimper zu zucken, ohne zu wissen, was sie sagen sollte. Da sie sich ertappt fühlte, bekam sie offenbar Angst vor den Konsequenzen. Sie zitterte beinahe.
    Gut, dachte Hannah.
    Zugleich hatte sie selber einen Anflug von Schuldgefühlen. In Wahrheit konnte sie sich an die Zeit, die sie gemeinsam mit Suzanne Doherty bei der Pflegemutter war, so gut wie gar nicht erinnern – diese Monate waren für sie so lückenhaft und verschwommen wie alle ihre frühen Erinnerungen –, doch als sie jetzt die erwachsene Frau vor sich sah, konnte sie darin mühelos die Züge des Kindes von damals erkennen. Nach allem, was Hannah in ihrer Akte gelesen hatte, war Suzanne Doherty eins von diesen hohläugigen, schmalbrüstigen Kindern gewesen, die sich in ihrem Elternhaus nie sicher gefühlt hatten. Außerdem wusste sie, dass Doherty, im Unterschied zu ihr, nicht bei der Pflegemutter gewesen war, weil man ihre Eltern nicht finden konnte, sondern weil sie mit ihrem Terror allzu präsent gewesen waren.
    Es fiel nicht schwer, mit dem kleinen Mädchen von damals Mitleid zu empfinden. Gewöhnlich schlägt dieses Mitgefühl in Wut und Vorwürfe um, wenn diese Menschen erwachsen werden und ihrerseits Unheil anrichten. Egal, was ihnen in der Vergangenheit zugestoßen ist, Erwachsene sind haftbar. Unter anderen Umständen hätte Hannah keine Skrupel gehabt, Suzanne Doherty für das, was sie getan hatte, in der Luft zu zerfetzen, wäre das kleine Mädchen nicht unter der Oberfläche noch allzu sichtbar gewesen. Doherty war nur physisch erwachsen geworden.
    Vielleicht gab es auch noch andere Gründe. Doherty hatte ihre Geschichte gestohlen, und so waren ihrer beider Lebenswege jetzt gewissermaßen miteinander verwoben; ohne das Einschreiten von Colin Price wäre Hannah vielleicht zu dieser Frau geworden.
    »Ich hab nichts Unrechtes getan«, beteuerte Doherty.
    Das war das Kind, das aus ihr sprach. Hannah spürte die Abwehrhaltung, den flehentlichen Unterton. Zwar leugnete sie nicht mehr, was sie getan hatte, wand sich aber hin und her, um jede Schuld von sich zu weisen. Das war ich nicht, ich hab nichts getan.
    »Darüber kann man geteilter Meinung sein«, sagte Hannah. »Vielleicht war es in juristischem Sinne nicht strafbar, sich für jemand anderen auszugeben, doch es hatte Konsequenzen für andere Menschen, und das weißt du genau. Du hast Robert Wiseman meine Geschichte erzählt, und er hat in seinem Buch darüber geschrieben. Das hatte fatale Folgen für ihn und für seine Frau. Es muss sehr befriedigend für dich gewesen sein, dass dir jemand so viel Aufmerksamkeit geschenkt hat, aber hat dir das, was später mit ihm passiert ist, nie zu denken gegeben?«
    Die Frau sagte nichts.
    »Und dann musste letztes Jahr Christopher Dawson sterben, weil er versucht hat, dich zu beschützen. Er war ein kleiner Mann, aber er hat dir wahrscheinlich die nötige Zeit verschafft, um in den Wald zu fliehen. Das heißt, er ist wegen deiner Phantasiegeschichten
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