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Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -

Titel: Schwarzbuch Bundeswehr - Überfordert, demoralisiert, im Stich gelassen -
Autoren: C. Bertelsmann
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und von am Thema interessierten Bürgern. Aus nahezu allen schlug mir eine Welle der Empörung darüber entgegen, wie in Deutschland mit den Anliegen, dem Ansehen und den Angehörigen der Bundeswehr umgegangen wird. Als Anlässe ihrer Verärgerung zählten die Verfasser Hunderte von anschaulichen Beispielen für Pleiten, Pech und Pannen auf, die sich, wie sie immer wieder versicherten, tatsächlich so zugetragen hatten.
    Meine Reaktion auf diese Flut von Informationen und auf die Heftigkeit des ihnen zugrunde liegenden Missmuts pendelte anfänglich zwischen Mitgefühl und Entsetzen. Wie tief musste der Groll bei den Briefeschreibern sitzen, wenn sie in solcher Zahl die Mühe auf sich nahmen, selbst einem mit so wenig Veränderungsmacht und Gestaltungsmöglichkeiten ausgestatteten Buchautor wie mir ihre bitteren Erfahrungen anzuvertrauen? Doch nach der ersten, emotionalen Reaktion wuchs meine Überzeugung, dass ich mit den mir vorgelegten Informationen auch Verantwortung und Verpflichtung übernommen hatte, nämlich auf der Grundlage dieser Kenntnisse im Sinne meiner Informanten tätig zu werden.
    So schrieb ich im Vorfeld der Bundestagswahl 2009 allen im Parlament vertretenen Fraktionen und bot ihnen meine Mithilfe bei sämtlichen die Bundeswehr betreffenden Fragen an; ich wollte das Wissen, das mir zuteil geworden war, allen Interessierten zur Verfügung stellen. Dieses Angebot machte ich frühzeitig, bereits Ende 2008, damit genug Zeit blieb, sich mit meinen Überlegungen auch parlamentarisch und während des folgenden Wahlkampfs auseinandersetzen zu können. Allen politisch Verantwortlichen, die sich mit Verteidigungsfragen beschäftigten, wollte ich mit meinen Informationen aus erster Hand behilflich sein, das, was bei der Bundeswehr ganz offensichtlich im Argen lag, entweder abzustellen oder zumindest ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit zu rücken.
    Zu meiner großen Enttäuschung erhielt ich nur wenige Antworten. Die mir schrieben, boten mir entweder scheinheilig an, mich doch mit dem für mich zuständigen Parteibüro in Verbindung zu setzen, um dort mein Anliegen vorzubringen – und am besten gleich selbst Parteimitglied zu werden –, oder sie ließen mir ein vorformuliertes Formblatt zukommen, das mit der Bundeswehr so viel zu tun hatte wie ein Vegetarier mit dem Schlachthof. Standardantworten, die lediglich Ausweis meiner Naivität waren, mein Wissen könnte für irgendetwas nützlich oder auch nur interessant sein.
    Ich hatte alle Hoffnungen bereits aufgegeben, da erreichte mich im Frühling 2009 eine förmliche Einladung in den Bundestag. Eine Arbeitsgruppe, gegründet von einem Mitglied des Verteidigungsausschusses und befasst mit dem Thema »Missstände bei der Bundeswehr«, bat mich um eine Auflistung jener Mängel, die von Soldaten und deren Angehörigen am häufigsten beklagt wurden, damit eine Gesprächsgrundlage für das in Aussicht gestellte Treffen in Berlin vorlag. Ich war nicht nur hocherfreut über diese Entwicklung, sondern auch zuversichtlich, nun doch von meiner Seite etwas zur Verbesserung der Gesamtsituation unserer Armee beitragen zu können. Also kam ich der Bitte umgehend nach und erstellte einen mehrseitigen Katalog, den ich mit einer Terminzusage dem Sprecher dieser Arbeitsgruppe zukommen ließ.
    Nachdem ich am Tag des vereinbarten Treffens einer Sicherheitskontrolle unterzogen worden war, wartete ich gespannt, aber auch etwas nervös in der riesigen Lobby des Abgeordnetenhauses auf jenen Gesprächspartner, der vorgeschlagen hatte, mich dort abzuholen. Nach etwa zehn Minuten kam ein junger Mann auf mich zu, stellte sich als Mitglied jener Arbeitsgruppe vor und begleitete mich nach oben in einen der zahlreichen Besprechungsräume. Während der Fahrt mit dem Aufzug erfuhr ich, dass er Reserveoffizier der Bundeswehr und Mitglied der CDU / CSU -Fraktion sei. Er behandelte mich äußerst zuvorkommend und zeigte sich leutselig und geradeheraus, als würden wir uns schon länger kennen. Lediglich sein Alter gab mir zu denken, denn die Jahre davor hatten mich eines gelehrt: Erfahrung im militärischen Bereich und speziell in einer politisch so komplexen Materie wie der Verteidigungspolitik gewinnt man nur, wenn sich über Jahre praktische Erfahrung im aktiven Dienst mit dem Wissen um politische Durchsetzbarkeit verbinden. Politische Schläue bei militärischer Unerfahrenheit hat Deutschland mindestens genauso oft ins Desaster geführt wie militärisches Spezialistentum ohne die Vertrautheit
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