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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten
Autoren: Verena Roßbacher
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er in der Küche des Tante über Töpfe und Pfannen und sie und Auguste von Sydow wurden beste Freundinnen und schwelgten in gemeinsamen Erinnerungen.
    Welche da wären?
    Keine Ahnung! Gehöre ich vielleicht zur Familie?
     
    Ja, rufen Sie? Das sei, rufen Sie (Olaf übrigens auch) entrüstet, doch der Grund gewesen für meinen weihnachtlichen Aufenthalt auf dem Gutshof im Mecklenburgischen!
    Ach wissen Sie, um ehrlich zu sein: Ich gehöre eher zu den Sydows im Herzen. Von Wolfram und Auguste von Sydow und ihrer Sandkastenfreundschaft weiß ich rein gar nichts. Ich fungiere hier nur als Chronistin, nüchterne Beamtin im Dienst der genauen Niederschrift. Ich erwähnte eingangs, dass ich mich, als Siebeck alias Sydow im Tante zu kochen begann, anfing, mit der Sache zu beschäftigen, und urplötzlich noch ganz anders involviert wurde, in, wie soll ich sagen, delikaterer Natur.
     
    Mein Lektor stand schon an der Tür und setzte seine schicke Sonnenbrille auf, er drehte sich suchend nach mir um, also, rief er mir ungeduldig zu, mach mal hinne, dann holen wir uns Eis!
    Habs gleich, rief ich, also noch schnell zum Schluss:
     
    Delikaterer Natur also, aber keine Sorge, ich komme gleich darauf, wie gesagt, Frederik ist schon auf dem Weg in die Küche und ich wiederum komme gerade aus der Küche – warum? Das will ich Ihnen ja gerade auseinandersetzen, also:
    Seither kocht im Tante der alte Sydow alias Siebeck. Gehen Sie mal hin, wenn Sie in der Gegend sind, da in der – Sakra, jetzt habe ich doch glatt die Straße vergessen!
     
    Olaf nahm die Brille wieder ab und zog ungläubig ein Augenlid herunter, vergessen, jaja, meine Fahrradkarte willst du korrumpieren, so ist es doch!
     
    Okay, was heißt vergessen, offen gestanden muss ich auch immer zuerst zum Alex fahren und von da aus finde ich dann qua Intuition hin, keine Ahnung, wie die Straße eigentlich heißt. Vielleicht fragen Sie sich einfach durch, à la: Entschuldigung, wissen Sie vielleicht, wo ich das Tante finde? Da wo der alte Sydow kocht, alias Siebeck? – Wie? Immer geradeaus, etwa 10 Kilometer und dann links?
    Sie sind skeptisch? Müssen Sie nicht, Sie sind ja hier nicht in Österreich, wo man Sie immer konsequent in die falsche Richtung schickt. Der Berliner, er wird sofort merken, dass Sie nicht von hier sind, der Berliner findet so was exotisch. Der Berliner findet schon den Berliner von der anderen Seite der Mauer exotisch, da können Sies im Grunde immer nur richtig machen. Unter uns, probieren Sie dort mal den Kuchen, man sagt zwar, er sei der beste der Stadt und ich persönlich finde ihn immerhin annehmbar, aber da habe ich auch schon bessere gegessen, zum Beispiel in Österreich. Wäre das Land nicht derartig in der Krise, könnte man eventuell mal wieder hinfahren, aber so. Essen Sie ihn im Tante .
    Essen Sie Kuchen im Tante.
    Schließen Sie die Augen und denken Sie sich die Berge. Denken Sie an das Land am Strome und das Land der Dome, denken Sie an ein Land, heiß umfehdet, wild umstritten, liegend einem Erdteil inmitten, einem starken Herzen gleich, denken Sie an ein viel gerühmtes, viel geprüftes und viel geliebtes Österreich, denken Sie an das Heimweh, das einen jeden plagt, der ungekämmt ist und fern der Heimat. Denken Sie an David Stanjic und denken Sie an mich.

136. Tüten wirs ein

    Aber genug der Sentimentalitäten! Wir haben noch was zu Ende zu bringen, noch ist nicht Zeit für den Kaffeeklatsch und das Fläzen in schwermütigen Erinnerungen, wir waren bei Frederik von Sydow, der nicht mehr mausallein auf diesem Planeten und auch nicht in dieser Stadt wollte wandeln, Sydow, der sich mitsamt leerem Suppenpott durch die dicht gedrängt wartenden Gäste drängelte, er drängelte sich vorbei an einer Frau –
    An einer Frau?
    Hübsch?
    Surely!
    Klug?
    Aber hallo!
    Charakter?
    Top!
    Und das sah man alles auf einen Blick?
    Ja.
    Das, sagte Olaf streng, willst du doch hoffentlich nicht so stehen lassen.
    Ich winkte ab, alles im Dienste der Anonymisierung.
    Ach so, Olaf nickte. Könntest du dann nicht noch ein paar gewinnende Zeilen über mich anbringen?
    Von wegen Anonymisierung? Hübsch, klug und top Charakter?
    Genau, sagte er erfreut, klingt doch super!
    Ist leider kein Platz mehr, sagte ich, sorry.
    Ach.
    Ja, Vertretersitzung und so, weißt schon.
    I see , sagte er, I see .

137. Noch ein Wort zum Konjunktiv

    Er drängelte sich an ihr vorbei – nein, wäre ja sinnlos, drängelte quasi in sie hinein und so ganz plötzlich war hinfort die
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