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Schwätzen und Schlachten

Schwätzen und Schlachten

Titel: Schwätzen und Schlachten
Autoren: Verena Roßbacher
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gerade seine Küche im Grunewald, gelb, Frederik fand das passend, ob wegen der Infantilität oder Kriminalität des Synchronschwimmerpärchens, bleibt dahingestellt. Jedenfalls war Simon der Meinung, er, Frederik, hätte schon mal mehr Sinn für –
    Stimmt nicht, sagte Frederik, ich habe überhaupt keinen Sinn für Humor.

134. Jetzt säuft der Kahn endgültig ab!

    Aber mal ehrlich: Sollte er nun immer und ewig und auf Gedeih und Verderb mausallein auf dieser Erde wandeln? Er hatte wandeln wollen, im begrünten Innenhof des Germanistischen Seminars. Sein Horoskop hatte ihm die besten Entwicklungen in Aussicht gestellt, in Job und Gesundheit, eine Traumfrau für die Liebe, und, gewiss, er belegte neuerdings das Fach Literatur von Morgen, hegte aber so seine Zweifel, ob das auch nur im Entferntesten was mit einem Job zu tun hatte. Er war gesund, bloß: Er war immer gesund, aber, und das war der heikle Punkt: Das Jahr geht ins Land, wie er praktisch täglich betonte, und ich glaube langsam, die Frauen, sie sind ausgestorben, sie haben das mit der Evolution einfach nicht hingekriegt.
    Schlecht, so weit.
    Jobmäßig wiederum konnte er nicht klagen. Er müsse, hatte es im letztjährigen Jahreshoroskop geheißen, jobmäßig ein wenig kürzertreten.
    Ihn als arbeits- und zukunftslosen Studenten eines humanistischen Fachbereichs, für den die Welt keine Verwendung hat, hatte das zu Recht leicht irritiert. Aber man sollte nie das Horoskop, man sollte einfach die Sterne nicht unterschätzen. Sie abzutun als eine Verschwendung von Ressourcen griff definitiv zu kurz, sie unter Schnickschnack zu verbuchen und unter romantischem Zierrat wurde ihnen keinesfalls gerecht, die Sterne, sie ergaben in summa das Horoskop und kündeten von Stagnation und Wandel, von Gesundheit und Krankheit, sie versprachen eine Zukunft, die noch nicht war, und als sie eintrat, musste Frederik sich eingestehen, dass er seine Meinung sowohl zu den Sternen als womöglich auch zu den fünf Tibetern und auch zu den Bachblüten gründlich überdenken sollte.
    Er und David hatten nämlich ein Patent angemeldet.
     
    Mein Lektor nickte vor sich hin, ein Patent, wiederholte er. Im Liebling war es ziemlich laut geworden, der Mittag neigte sich schon gegen drei und allerlei Fußvolk trudelte ein und trank Kaffee. Wir hatten zu Ende gegessen und er warf seine Serviette auf den Tisch und winkte der Bedienung.
    Wir waren auf den letzten Metern, wir hattens bald geschafft und jetzt, sagte er, melden sie also ein Patent an, ja? Jetzt, um genau zu sein, gehst du unter, aber mit Musik. Ja?
    Aber ja!
     
    Er und David hatten also ein Patent angemeldet.
    Sie hatten ihr System in eine allgemein verständliche Form gebracht und seither ermittelte die deutsche Kriminalpolizei mit ihrem ausgefuchsten Fliesenkonzept, seither verhüteten geschulte Profiler allerlei illegale Machenschaften anhand eines aperiodischen Musters, seither waren sie Ehrenmitglied der Detektiveninnung und wenn man bedenkt, dass Otto Normalverbraucher nicht einmal sicher sein kann, dass es eine solche Innung überhaupt gibt, ist das schon allerhand.
    Sie entwickelten einen unendlich erweiterbaren Bausatz von Fliesen (fünf Formen wie schon im Schrein von Isfahan, was sich damals bewährte, kann heute nicht falsch sein, sagte David gern, verschiedene Farben und darauf ein Netz von Linien) und empfahlen die vierfältige Zusammenarbeit eines geschulten Kriminologen, eines Analytikers, eines Humoristen und eines Germanisten – Letzteren erpresste Frederik mit seinem Eingeständnis an den Analytiker und man kann sagen, es wurde ein voller Erfolg.
    Einerseits, weil dadurch der anhaltenden Germanistenschwemme aus den Universitäten eine Bresche geschlagen wurde. Die Germanisten, sie wurden nach der lang anhaltenden Übermacht der IT -Spezialisten der letzten Jahre die meistgesuchten Fachleute, ja, es entstand ein regelrechter Germanistenmangel, eine eklatante Unterfütterung des neuen und dringenden Bedarfs, der mit dem Einkaufen ausländischer Germanisten gedeckt werden musste, bis Deutschland und seine Stätten des Geistes sich auf diese völlig veränderten Gegebenheiten eingestellt hatten und unter den Abiturienten die Werbetrommel rühren konnten für diesen neuerdings hochattraktiven Fachbereich mit praktisch hundertprozentiger Arbeitsgarantie. Die IT -Spezialisten unterwarfen sich schnell, entwickelten Umschulungskursen, sie hätten sonst allesamt auswandern müssen.
    Auch Frederik selbst war seither
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