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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn
Autoren: Klaus Wanninger
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mehreren Regionen des Landes Wald in Flammen aufgegangen. Landwirte hatten trotz aufwändiger künstlicher Bewässerung nur Bruchteile der sonst üblichen Erntemengen erzielt, ältere und kranke Menschen waren in auffällig hoher Zahl den ungewohnten Temperaturen erlegen; bis weit in den September hinein.
    Braig betrachtete die Schranke, die kurz vor der Einmündung des Weges in die Mahdentalstraße die Hälfte der Fahrbahn versperrte. Es handelte sich um ein stabiles, rot-weiß lackiertes Metallrohr, das mehrere Risse und Kratzer aufwies. Die Außenkante war mit schmutzigen Schlieren verschmiert.
    »Irgendein grauer Farbton?«, fragte Neundorf.
    Braig hielt vorsichtig Abstand, starrte auf das Rohr. Er sah den Schmutz am oberen Rand der Außenkante, bemerkte ein Glitzern an dessen unterer Begrenzung. Er trat einen halben Schritt zur Seite, kniete nieder, starrte auf den Metallrahmen. »Grau«, sagte er, »da ist ein Hauch grauer Farbe. Wir müssen sofort die Techniker rufen.« Er wandte sich von der Schranke ab, betrachtete den Wegessaum, bewachsen mit Gras und dürren Sträuchern. Die Pflanzen sahen mitgenommen aus, an mehreren Stellen waren sie von unbekannter Gewalt niedergedrückt und teilweise sogar entwurzelt. Zwei Sockel, der eine aus morschem Holz, der andere aus stabilem Beton, grenzten den Weg von einem schmalen Graben ab.
    »Der Boden ist sehr trocken«, sagte er, »wenn heute Nacht hier jemand versucht haben sollte, mit einem Auto an der Schranke vorbeizukommen, ist das jetzt nur noch schwer zu erkennen. Rössle und Rauleder müssen sich darum kümmern, bevor ganze Heerscharen an den Eingängen zum Park vorbeigetrampelt sind.«

4. Kapitel
    Kai Dolde war ein freundlicher junger Mann Ende zwanzig. Er hatte kurze dunkle Haare, ein schmales Gesicht, machte mit seiner randlosen Brille und den seine Gesprächspartner aufmerksam musternden Augen einen aufgeweckten Eindruck. Seine schlanke, sportliche Figur unterstützte nachhaltig die Schilderungen seiner ausführlichen täglichen Jogging-Touren durch den Rot- und Schwarzwildpark rund um den Bärensee. Braig und Neundorf hatten ihn am Eingang zu dem von Dolde beschriebenen Unigebäude getroffen, wo er auf sie gewartet hatte, waren mit einem freundlichen Händedruck von ihm begrüßt und dann zu einer Sitzgruppe im ersten Obergeschoss des Hauses geführt worden, wo er ihnen die Umstände seines außergewöhnlichen Fundes bis ins letzte Detail schilderte. Der Kommissar sah keinen Grund, den Bericht des jungen Mannes anzuzweifeln.
    »Ja, die aufgehende Sonne. Ohne sie hätte ich das Auto nicht entdeckt. Weshalb auch? Ich war ja nicht unterwegs, um den Bärensee zu untersuchen. Normalerweise komme ich nicht runter ans Wasser. Ich laufe den Königsweg bis zum Bärenschlößle, lege dort eine kurze Pause ein, mit Lockerungsübungen und Atemtechniken und so und sprinte dann die Schlößlesallee zurück. Den See schaue ich mir nur von oben an. Aber heute blendete mich dann plötzlich dieses grelle Licht ...«
    »Um wie viel Uhr war das? Wissen Sie es noch?«
    Kai Dolde überlegte nur kurz. Er legte den Kopf auf die Seite, schaute auf einen imaginären Punkt an der Wand. »Vierzehn nach sieben«, sagte er dann. »Plus minus zwei, drei Minuten. Ich kann nur genau sagen, zu welcher Zeit ich die Person in dem Auto entdeckte. Oder besser die Umrisse dieser Person.«
    »Ja?« Braig und Neundorf warteten gespannt auf seine Erklärung.
    »Sieben Uhr neunzehn«, betonte Dolde, fügte dann mit kräftiger Stimme hinzu: »Ich zog routinehalber meine Uhr aus der Tasche, um mich selbst zu vergewissern, wie spät es war. Genau in dem Moment, als ich die Person bemerkt hatte.«
    »Waren noch andere Leute zu der Zeit dort unterwegs?«
    Der Student winkte mit der Hand ab. »Unten am See, nein. Der erste Mann, der mir dort begegnete, tauchte erst zehn Minuten später auf. Ein Herr Leube, Bernhard Leube. Er joggte den nördlichen Uferweg am Neuen See entlang, kam um sieben Uhr sechsundzwanzig bei mir an. Ich zeigte ihm das Auto und den Toten und er wartete dann mit mir, bis Ihre Kollegen auftauchten. Ich habe sie sofort nach der Entdeckung mit meinem Handy informiert.«
    Braig nickte, wusste von den Beamten der Schutzpolizei, dass die erste Mitteilung über den Fund des Autos um sieben Uhr zweiundzwanzig eingegangen war.
    »Sie kennen diesen Herrn Leube?«, fragte Neundorf.
    Dolde winkte wieder mit seiner rechten Hand ab. »Nein, woher denn? Ich notierte mir nur seinen Namen und die
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