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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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nichtswürdigen Nachfolger weitergereicht habe, tut mir leid. Wissen Sie, er hat nichts verstanden, der Albert.«
    Kluftinger hob die Brauen.
    »Ja, so heißt er. Albert Mang. Ist das nicht eine Ironie des Schicksals? Dieser Name? Aber er wird Ihnen wenig nutzen, den hat er schon lange abgelegt. Schon lange vor dem Mord an der Alten. Wissen Sie, das hätte es bei mir nie gegeben. Ich bin wütend geworden. Ich wollte ihm zeigen, dass man besser fährt, wenn man präzise arbeitet und seinen Verstand benutzt, als sich die Finger schmutzig zu machen! Er hat sich über all das erhoben, was ich ihm eingebläut hatte! Eine Lektion sollte er noch bekommen. Und dann, wie gesagt, mein schlechtes Gewissen. Ich hab gedacht, vielleicht könnte ich noch was gutmachen. Wenn ich das Geld spenden würde. An eine Organisation für Verbrechensopfer hier im Allgäu.«
    Der Kommissar sah ihn mit gerunzelter Stirn an.
    »Ja, ja, ich weiß, das ändert aus Ihrer Sicht vielleicht nichts. Aber für mich hat es sehr wohl eine Bedeutung. Da ich nur über diese speziellen Fähigkeiten verfüge, musste ich mir die Mittel dafür eben auf diese Weise beschaffen. Ich habe keine Ersparnisse. Und ja: Natürlich hat es mich auch noch einmal in den Fingern gejuckt. Aber ich wollte dieses eine Mal, ausgerechnet dieses verdammte letzte Mal, bei dem Sie mich erwischt haben, einfach nur Gutes tun, ehrlich.«
    Kluftinger war sich nicht sicher, was er dem Mann noch glauben konnte. Aber spielte das überhaupt eine Rolle? Er würde in Kürze sterben, so viel stand fest, das hatte ihm neulich schon eine Schwester bestätigt.
    »Können Sie uns helfen, den Schutzpatron zu kriegen?«
    Rösler rieb sich über die Augen. »Ich weiß nicht, Herr Kluftinger. Er wird mir wohl kaum mehr vertrauen. Nach dieser Sache …«
    Kluftinger seufzte. Wieder saßen sie eine Weile schweigend da, dann fragte Rösler: »Und jetzt?«
    Genau das fragte sich auch Kluftinger. Was sollte er machen? Sicher, das Gesetz gab seinem Handeln hier eine eindeutige Richtschnur vor, an die er sich halten müsste. Aber würde er damit das Richtige tun?
    Er zweifelte daran. Zum ersten Mal, seit er Polizist war, schienen ihm die Buchstaben des Gesetzes nicht die richtige Lösung für einen Fall.
    Der Mann war todkrank. Und was, wenn wirklich er ihn erst auf die Idee gebracht hätte? Wenn er seine Vorbereitung aufs Sterben mit dieser Idee einer Kooperation durcheinandergebracht hatte? Und was in seinen Augen noch weitaus mehr wog: Was, wenn Rösler seine Finger nicht im Spiel gehabt hätte? Dann wäre die Monstranz mit dem Schutzpatron über alle Berge, so viel war klar. Verloren, vielleicht für immer. Ob er Rösler die Sache mit dem guten Zweck nun abnahm oder nicht: Durch ihn war, wenn auch aus Versehen, das Schmuckstück in Sicherheit. War das nicht Sinn und Zweck der ganzen Aktion gewesen? Selbst den Mord hatte er geklärt oder stand zumindest kurz davor.
    Er seufzte, während all diese Gedanken auf ihn einprasselten. Ein solches moralisches Dilemma hatte er noch nie auszufechten gehabt. Doch er musste eine Entscheidung treffen, und zwar schnell. Auf einmal war er der Richter, nicht nur der Jäger.
    »Geht es Ihnen nicht gut?« Nun war es Rösler, der mit einem Glas Wasser vor dem Kommissar stand. Er hielt ihm das Getränk hin. Offenbar sah man Kluftinger die inneren Kämpfe an, die er gerade ausfocht. Doch als er den alten Mann so vor sich sah, die zittrige Hand helfend ausgestreckt, da fällte Kluftinger seine Entscheidung.
    »Herr Rösler«, begann er zögerlich, »was ich Ihnen jetzt sage, wird mir vielleicht schon sehr bald wieder leidtun, also unterbrechen Sie mich besser nicht. Ich werde jetzt die Monstranz nehmen und sie dorthin zurückbringen, wo sie hingehört. Sie dagegen … können machen, was Sie wollen. Niemand wird von mir erfahren, wie die Sache gelaufen ist. Führen Sie Ihr Leben weiter, solange Sie es noch können. Und fangen Sie etwas Sinnvolles mit der wenigen Zeit an, die Ihnen noch bleibt. Schlagen Sie sich die Sache mit der Spende aus dem Kopf: Man kann nicht Gutes tun mit Geld, das man anderen geraubt hat. So etwas gibt es nur im Märchen! Es wird immer ein Verbrechen am Anfang stehen. Und das macht das Gute zunichte.«
    Die Augen des Mannes bekamen einen wässrigen Glanz. »Danke«, hauchte er.
    »Ich habe allerdings zwei Bedingungen«, schränkte Kluftinger ein.
    Röslers Blick verfinsterte sich wieder. »Und die wären?«
    »Nummer eins: In Ihren Memoiren wird nichts
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