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Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Titel: Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
Autoren: Susanne Lieder
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trug er seit einigen Jahren ausschließlich blaue Hemden oder Pullis. Aus einer Angewohnheit war eine Art Tick geworden, den er nicht mehr im Griff hatte, das wusste er wohl.
    Moritz Kuhn hielt sich im Hintergrund. Frisch von der Fachhochschule – mit einem unglaublichen Notendurchschnitt von 1,2 – war er erst seit wenigen Wochen bei der Kripo.
    Ein echter Klugscheißer, aber die Hosen gestrichen voll, wenn er eine Leiche vor sich hat , dachte Schuster, während er Kuhn betrachtete. Gerade lehnte der sich an den nächstbesten Baum, kreidebleich und schwer atmend.
    »Wer hat sie gefunden?« Schuster drehte eine weitere Runde.
    Die Frau war vielleicht um die 40 und ziemlich gut aussehend: lange dunkle Haare, jadegrüne Augen und ein durchtrainierter Körper. Sie trug eine schwarze Jogginghose mit den berühmten weißen Längsstreifen, ein lilafarbenes T-Shirt und eine anthrazitfarbene Kapuzenjacke. Genau so eine, wie auch Schuster sie heute anhatte.
    Er ging noch mal um die im Matsch liegende Frau. Sie lag auf dem Rücken, ein Bein, das rechte, leicht angewinkelt, die Arme weit ausgebreitet, so als würde sie einen Schneeengel in den Schnee drücken. Wenn Schnee liegen würde.
    Aber es hatte seit Tagen wie aus Eimern geschüttet, und der Fundort sah entsprechend verwüstet aus. Jeder der hier Anwesenden hatte dazu beigetragen, aus dem ohnehin schon unebenen Gelände eine wahre Matschlandschaft zu schaffen.
    Schusters nagelneue Sportschuhe sahen inzwischen so aus, als habe er damit bereits mehrere Berge bestiegen. Seine Jeans waren bis zu den Knien vollgespritzt.
    Die arme Frau tat ihm leid. Keine Frau der Welt hatte es verdient, tot im Matsch abgelegt zu werden.
    Ihr lilafarbenes T-Shirt war bis zum schwarzen Sport-BH hochgerutscht, und auf ihrem Oberkörper waren mehrere Einstiche zu sehen. Außerdem trug sie nur einen Schuh.
    Schuster wunderte sich schon lange über gar nichts mehr.
    »Hat man den zweiten Schuh gefunden?« Er drehte sich zu den anderen um, aber niemand schien eine Antwort zu haben.
    Moritz Kuhn lehnte noch immer am Baum, umklammerte ihn regelrecht. »Vielleicht hat er ihn mitgenommen. Als Trophäe sozusagen.« Keuchend wischte er sich über die Stirn.
    »Sie und Ihr Profilertick.« Schuster beugte sich über die Frau. »Sie hat da was im Gesicht.«
    Grätsch sah ihm über die Schulter. »Sieht aus wie ein Kratzer.«
    Der Doc stand plötzlich hinter, ihnen und beide fuhren zusammen. »Er hat sie wahrscheinlich von vorn angegriffen.«
    »Und sie hat sich gewehrt«, überlegte Grätsch.
    »Möglich. Bei dem Handgemenge hat er ihr den Kratzer verpasst.«
    »Haben wir eigentlich irgendwelche verwertbaren Spuren in dieser Matschoase?«, fragte Schuster.
    Er nahm seine Mütze ab und kratzte sich ausgiebig am Kopf. Er überlegte, wie lange es dauern würde, bis jemand die Frau als vermisst melden würde.
    Kindern beizubringen, dass ihre Mutter nicht mehr nach Hause kommen würde, gehörte zu den Aufgaben, die er am schlimmsten fand. Er schüttelte sich.
    »Ja, saukalt hier.« Gunnar Grätsch blickte in den Himmel. »Kann es nicht endlich aufhören zu regnen?«, stöhnte er.
    Kuhn übergab sich lautstark hinter einem Baum.
    »Sie ruinieren uns ja den ganzen Fundort! Reißen Sie sich mal zusammen, Kuhn!«, rief irgendwer.
    »Ich brauch jetzt einen starken Kaffee.« Schuster blickte sich um. »Wer hat sie eigentlich gefunden?«, fragte er noch mal.
    Grätsch zeigte nach links. »Ein paar Jugendliche, warten da drüben. Sind ziemlich mitgenommen. Einer hat da vorn hingespuckt, nachdem sie die Frau gefunden haben.«
    »Noch einer, der den Fundort kontaminiert hat.« Schuster klopfte sich die Hose ab und ging zu Kuhn. »Kommen Sie, Kuhn, kümmern wir uns um die Presse.«
    Er hasste die Kommunikation mit der Presse, die meistens mehr oder weniger einseitig war und darauf hinauslief, dass er sich hinterher fragte, warum er sich nicht einfach umgedreht und sie stehen gelassen hatte.
    Seitdem sein junger Kollege Kuhn im Team war, hatte Schuster sich angewöhnt, ihn mitzunehmen. Es war wichtig, dass Kuhn so früh wie möglich lernte, wie man mit der Presse umzugehen hatte.
    Eine junge Reporterin stand bereits an der Absperrung und diskutierte leidenschaftlich mit ihrem Fotografen. Gerade hielt sie ihr Mikro dem Doc direkt unter die Nase. »Was können Sie über die Tote sagen?«
    »Woher wollen Sie wissen, dass es sich um eine Frau handelt?«
    Sie verlor keine Sekunde die Fassung. »Dann handelt es sich um einen
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