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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie
Autoren: M Bomm
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Betthäschen, wenn der Herr Ministerialdirektor ein paar
besondere Stunden erleben möchte?«
    »Ich bitt dich, Schatz, das darfst du nicht
sagen. Du weißt genau, wie aufregend ich dich finde – aber nicht nur das.«
    »Ja, wenn ich im Ledermini die Sekretärin des
Herrn Politikers spiele und ihn derart durcheinander bringe, dass er keinen klaren
Gedanken mehr fassen kann.«
    Er wusste, worauf sie anspielte. Vor einigen
Wochen, als er sie bei einem Galaempfang als seine Sekretärin vorgestellt hatte,
war sie derart betörend gekleidet gewesen, dass er beim üblichen Smalltalk völlig
aus dem Konzept kam. Jetzt fuhr er am Lehrter Bahnhof vorbei, um wenig später, beim
Invalidenpark, in die Scharnhorststraße einzubiegen, wo sich das Bundesministerium
für Wirtschaft und Arbeit befand.
    »Wir reden heut Abend drüber, bitte, Schatz«,
bat er und beendete das Gespräch. Er durfte sie nicht verärgern, denn die Aufgabe,
die sie übernehmen musste, war bereits klar umrissen. Außerdem wusste sie schon
verdammt viel, dachte Gangolf.
     
    Das Lokal bot einen traumhaften Blick über die Rebenhänge ins Neckartal
hinunter, auch wenn dort heute dünne Nebelfetzen hingen. Auf einem Hügel, der ›Württemberg‹
genannt wurde, thronte die Grabkapelle jenes Adelsgeschlechts, das von dieser Landschaft
stammte. Das Örtchen Rotenberg schien sich an den schmalen Ausläufer des Schurwaldes
zu klammern, der hier das Neckar- vom nördlichen Remstal trennte. Im Rotenberger
›Weingärtle‹, einem beliebten und renommierten Ausflugslokal, hatten sich an diesem
letzten Montag im Mai vier Herren getroffen, die nicht nur der herrlichen Aussicht
wegen, die man aus dem Wintergarten genießen konnte, hierher gekommen waren. Sie
hatten den etwas abgeschiedenen Ort bewusst gewählt, um sich in Ruhe ihren Plänen
widmen zu können.
    Der Tisch, an dem sie saßen, stand in einer
Ecke, sodass sie keine Angst zu haben brauchten, ihre Gespräche könnten von den
Touristen belauscht werden, die mit einem Omnibus gekommen waren.
    Vor den vier Männern lagen Schnellhefter und
Notizzettel, dazwischen standen Rotweingläser.
    »Gut vorbereitet«, lobte der Wortführer. Er
kratzte sich mit der Kugelschreiber-Rückseite an der Schläfe. »Später wird man vielleicht
sagen, alles habe an diesem Mainachmittag des Jahres 2005 begonnen.« Er lächelte
und sah in freudig-gespannte Gesichter.
    »Wenn es derzeit den Versuch gibt, Deutschland
aufzurütteln, es wieder zu dem zu machen, was es einmal war, dann sind wir es, die
an allererster Stelle stehen«, stellte er fest. »Ich habe es bereits dargelegt«,
fuhr er mit gedämpfter Stimme fort, »wir können es uns unter keinen Umständen leisten,
weiter in die Negativschlagzeilen zu geraten. Dieses Land …« Wieder schaute er sich vorsichtig um, doch
es gab niemand, der hätte mithören können, »… dieses Land ist mit Politikergeschwätz
nicht mehr zu retten. Die Wahl in NRW hat’s gezeigt. Genau so wenig nützen Appelle
an die Wirtschaft, im Inland zu investieren. Das tut längst keiner mehr. Wer nicht
begriffen hat, dass der Zug Richtung Osten abgefahren ist, hat den Blick für die
Realität verloren.«
    Seine Zuhörer nickten. Es waren drei Männer
mittleren Alters, die ihre Jacketts lässig über die Stuhllehnen gehängt und die
Krawattenknoten gelöst hatten. Der Wortführer verschaffte sich nun auf dieselbe
Weise Luft.
    »Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Pfisterer«,
meldete sich ein ziemlich glatzköpfiger Mann zaghaft zu Wort, »es ist aber, wenn
ich Sie richtig verstehe, trotzdem daran gedacht, auch noch eine Politikerrunde
einzuberufen?«
    »Richtig«, entgegnete Pfisterer und rückte
sein Jackett auf der Stuhllehne zurecht, »auf den Zeitplan komme ich nachher zu
sprechen, Herr Doktor Rollinger. Allerdings müssen wir flexibel bleiben, wenn der
Kanzler bei seiner Ankündigung bleibt, bereits im September Neuwahlen anzuberaumen.«
Er öffnete einen Aktenkoffer, den er neben sich auf dem Boden stehen hatte, und
brachte einige Kopien zum Vorschein, die er seinen Zuhörern vorlegte. »Punkt eins«,
dozierte er dann, »dabei möchte ich über die allgemeine Struktur referieren, Punkt
zwei behandelt die Finanzierung und Punkt drei die praktische Umsetzung.«
    »Nehmen Sie bitte noch einen Punkt vier auf«,
bat der Mann, der dem Wortführer gegenübersaß, »wir sollten auch gleich abklären,
wie unsere Handlungsweise sein wird, falls etwas an die Öffentlichkeit dringen sollte
– falls
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