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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie
Autoren: M Bomm
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blies ein kalter Wind. Über Nacht
hatte es abgekühlt und geregnet. Vermutlich war die Schafskälte, wie sie für Anfang
Juni erwartet wird, bereits jetzt, am 30. Mai, ins Land gezogen. Von den angrenzenden
Bahnsteigen kroch die Kälte bis in die große Halle hinein. Es war kurz nach ein
Uhr und in dem Gebäude herrschte an diesem Montag die alltägliche Hektik. Lautsprecherdurchsagen,
gestresste Menschen mit Aktenkoffern, Schüler und Reisende, die gelangweilt auf
ihre Weiterfahrt warteten.
    Leonhard Lanski hatte hier sein Ziel erreicht.
Er war aus Dortmund gekommen, um sich um 13.30 Uhr mit seinen Gesprächspartnern
zu treffen. Den Stuttgarter Hauptbahnhof hatten sie gewählt, weil er von allen Teilnehmern
des Meetings am besten zu erreichen war. Die meisten hatten nicht mal umsteigen
müssen. Und nach der Veranstaltung konnten sie entweder sofort wieder zurückfahren
oder weiterreisen nach München, wo über zwei Tage hinweg die Einweihung des neuen
Fußballstadions stattfinden würde, das den Namen Allianz-Arena erhalten sollte.
    Lanski, der einen schwarzen Aktenkoffer in
der rechten Hand hielt, fröstelte, als er inmitten des Menschengedränges von den
Bahnsteigen in die quer verlaufende Halle eilte. Er blieb bei einer Buchhandlung
stehen, um sich zu orientieren. Doch dann sah er rechts drüben, genau so, wie es
ihm am Telefon beschrieben worden war, den Eingang zum Intercity-Hotel.
    Lanski ging entschlossenen Schrittes quer durch
die Halle, wich Menschengruppen aus und war in wenigen Minuten in der ersten Etage
des Bahnhofshotels. Hinweistafeln wiesen ihm den Weg zur Veranstaltung ›Sport-Management‹.
Sie fand im Konferenzraum mit dem Namen ›Ulm‹ statt.
    Ein halbes Dutzend korrekt gekleideter junger
Männer stand diskutierend vor der offenen Tür, vier weitere hatten drinnen bereits
an den u-förmig angeordneten weißen Tischen Platz genommen. Lanski nickte den Personen
freundlich zu, sagte ›Hallo‹ und betrat den kleinen Konferenzsaal. Dort sprang bei
seinem Anblick einer der Männer auf und kam ihm entgegen.
    »Willkommen in Stuttgart, Herr Lanski«, lächelte
der Endfünfziger.
    »Ist mir doch ein außerordentliches Vergnügen,
Herr Beierlein«, erwiderte Lanski, der wohl nur wenig jünger war als sein Gegenüber.
    »Wir haben Tischkärtchen aufgestellt«, deutete
der Gastgeber auf einen der Plätze. Dann stellte er die drei anderen, deutlich jüngeren
Männer vor. Sie kamen aus Italien, der Schweiz, Österreich und Frankreich.
    Lanski glaubte, einige der Namen schon einmal
gehört zu haben. Er setzte sich und schenkte sich Mineralwasser ein.
    Zehn Minuten später waren auch die anderen,
die vor der Tür diskutiert hatten, in den Raum gekommen – und mit ihnen noch zwei
weitere Männer, die eher der Altersgruppe von Lanski und des Gastgebers angehörten.
Sie setzten sich zu ihm an die Querseite der Tischformation.
    »Meine Herren«, erhob sich Stefan Beierlein,
»seien Sie noch einmal ganz herzlich hier in Stuttgart begrüßt und beglückwünscht,
dass Sie zu den 47 Auserwählten gehören. Dass Sie unserer Einladung gefolgt sind,
ist für uns ein Zeichen großer Wertschätzung.« Er lächelte und schaute in die Runde.
»Und es zeigt uns, dass wir alle dasselbe Ziel verfolgen. Ich brauche nicht extra
zu erwähnen, dass unser heutiges Treffen allergrößter Diskretion unterliegt.« Noch
einmal blickte er die Männer, die vor ihm saßen, nacheinander an. Sie nickten ihm
mit ernsten Gesichtern zu. »Um keine Zweifel aufkommen zu lassen«, fuhr der Vorsitzende
fort, »meine drei Kollegen und ich werden im Ernstfall jederzeit behaupten, niemals
mit Ihnen zusammen gewesen zu sein.« Die Älteren an seiner Seite verzogen keine
Miene.
    »Was hier gesprochen wird«, erklärte Beierlein
weiter, »unterliegt absoluter Verschwiegenheit. Betrachten Sie es als ein Staatsgeheimnis,
wenn Sie so wollen. Sie wissen: Es hat seinen Grund, dass wir von den 47 Auserwählten
gerade Sie hierher gebeten haben. Sie sind Männer, die durch energisches Auftreten
bisher bewiesen haben, dass Sie in der Lage sind, einer Herausforderung mit weit
reichender Bedeutung gerecht zu werden. Einer Bedeutung, die nationale Interessen
berührt. Was wir heute also besprechen, meine Herren, muss Gültigkeit haben und
ist wie ein besiegelter Vertrag. Wir werden selbstverständlich keinerlei Schriftstücke
anfertigen, das werden Sie verstehen. Aber was wir beschließen, gilt so fest und
sicher, wie es Männer seit jeher mit einem Handschlag
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