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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie
Autoren: M Bomm
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Besuchern
mit einer Kopfbewegung zu verstehen, dass die Konferenz damit beendet sei. Sie standen
nickend auf und verließen den Raum. »Okay, Leo«, sagte Nullenbruch einigermaßen
verärgert und schaute auf seine Armbanduhr, »hab ich verstanden. Sagen wir 22.45
Uhr?« Nullenbruch nickte. »Ich weiß, wo das ist.«

3
     
    Die Wälder an den Berghängen der Schwäbischen Alb waren von Nebelschwaden
verhüllt, als sei es November. Eine Kaltfront war der Grund und die hatte das frische
Grün der Hänge in ein tristes Grau gehüllt. Wer jetzt nicht raus musste, blieb an
so einem Tag in der beheizten Wohnung.
    In den Sportanlagen im Eybacher Tal herrschte
trotzdem reger Betrieb, denn die Fußballer trainierten für die letzten Spiele der
Saison. Hier, am Rande der Kleinstadt Geislingen/Steige, gerade mal 30 Kilometer
von Ulm entfernt, befanden sich die Stadien einiger Vereine. Dazu zählte auch die
Anlage des Sportclubs Geislingen, dessen Fußballer sich einstens rühmen konnten,
die Besten der Amateure zu sein. Das war damals, 1984, als sie den Hamburger Sportverein
aus dem Pokal geschossen hatten – mit einem legendären 2:0, was in allen Fernsehsendern
für Aufsehen gesorgt hatte. Auch jetzt noch, so lange Zeit danach, galt der SC Geislingen
deshalb als HSV-Killer.
    Die jungen Kicker von heute freilich kannten
diese glorreiche Zeit nur noch vom Hörensagen. Sie mühten sich in der Landesliga
ab und waren froh, einen Mittelplatz zu halten. Ein paar hundert Meter weiter, im
Stadion der Turngemeinde, zogen an diesem Abend trotz des Nieselregens noch einige
Leichtathleten ihre Runden. Und auch die Reitsportler, deren Anlagen sich talaufwärts
anschlossen, trotzten der Witterung.
    Nur der Waldweg, der an den Sportanlagen entlang
führte, lag verlassen. An lauen Abenden war er bei Spaziergängern und Joggern beliebt
– nicht aber heute bei dieser unwirtlichen Witterung.
    Auch die Terrasse der Sportclub-Gaststätte
wirkte einsam und trist. Auf regennassen Tischen und Stühlen spiegelte sich der
graue Himmel. Während es im beheizten Innern des Lokals kaum noch einen freien Platz
gab, hatten sich drei Männer in den dunklen Vereinsraum zurückgezogen, der sich
im angrenzenden Tribünen-Komplex befand. Der Gastgeber war voraus durchs dunkle
Treppenhaus geeilt und ein bisschen außer Atem geraten. Auf seinem nahezu kahlen
Kopf hatten sich trotz der Kühle Schweißperlen gebildet. Nachdem er den Besuchern
Plätze angeboten hatte, öffnete er ein Fenster, um die vor Tagen angestaute warme
Luft aus dem holzgetäfelten Raum entweichen zu lassen. Die Wände waren ringsum mit
Regalen versehen, auf denen sich silbern glitzernde Pokale jeder Größe stolz präsentierten.
    »Etwas zu trinken?«, fragte der Gastgeber,
der sich als ehemaliger Vereinsfunktionär in den Räumlichkeiten auskannte. Er holte
das gewünschte Mineralwasser aus einem Kühlschrank und schenkte ein. »Nun, dann
also nochmal herzlich willkommen im Eybacher Tal«, kam er schließlich zur Sache
und lächelte den Besucher an. »Wir – ich meine, unser Vorstandsmitglied Dieter Funke
und ich, wir freuen uns immer, wenn sich erfolgreiche Männer wieder an den Ort ihrer
Anfänge besinnen. Mein Gott, was waren das für Zeiten!« Er blickte zu den Pokalen
hinauf. »Noch heute redet eine ganze Generation vom HSV-Spiel. Das Eybacher Tal
hat gebebt. Tausende waren da – sogar auf den Felsen da oben sind sie gestanden.«
    Der Besucher lächelte und nickte. »Danke für
die herzliche Begrüßung, Heini.«
    Dieter Funke, wesentlich jünger und damals
noch im frühesten Jugendalter, erinnerte sich ebenfalls an dieses legendäre Spiel
gegen den Hamburger Sportverein. »Das wird noch in hundert Jahren in der Vereinschronik
nachzulesen sein«, meinte er. Von draußen drang ein kühler Luftzug herein. Es hatte
zu dämmern begonnen und Funke knipste das Licht an.
    »Unser Club «, meinte Heini, der mit Nachnamen
Heimerle hieß, »hat viele große Namen hervorgebracht. Den Allgöwers-Karl, der später
bei den Stuttgarter Kickers und beim VfB gespielt hat – dich …« Er lächelte. »Und natürlich den Klinsi,
den Jürgen Klinsmann, der hat noch, das weißt du, nach deiner Zeit bei uns gespielt,
von 74 bis 78. Wer hätte damals gedacht, dass der mal Bundestrainer wird – und dies
sogar zur Weltmeisterschaft?« Heimerle nahm einen Schluck Mineralwasser, sodass
sich eine geradezu andächtige Stille einstellte. »Aber Klinsi hat was drauf. Der
ist keiner von denen, die nur schwätzen
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