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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie
Autoren: M Bomm
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Festnahme erklären müssen.«
    Noch immer gab es keine Reaktion. Einige Personen
räusperten sich, doch niemand wagte einen Zwischenruf. Häberle schien sie mit seinen
Worten alle zu lähmen. Die SEK-Beamten an den Wänden hielten ihre automatischen
Waffen fest in den Händen und vor sich auf den Boden gerichtet.
    »Aber es gibt noch etwas«, sagte Häberle ruhig.
»Ihr Fall, meine Herrschaften, ist geklärt – unserer noch nicht ganz. Denn was bleibt,
ist doch die Frage, wer hat Anna umgebracht. Außerdem dürfen Sie nicht vergessen,
dass wir noch drei weitere Tote haben – nämlich zwei Sportfunktionäre aus Geislingen
und eine Ehefrau. Einer erschossen, der andere zusammen mit seiner Frau in seinem
brennenden Haus umgekommen.«
    Weiterhin lähmende Stille.
    »Die beiden Männer mussten sterben, weil sie
ein Geheimnis kannten. Sie wollten ihre Sorgen dem örtlichen Bundestagsabgeordneten,
dem Herrn Riegert, mitteilen und mit ihm besprechen, was zu tun sein würde. Herr
Riegert ist immerhin ein ehemaliger Kollege von uns.« Er schaute zur hinteren Tür,
wo der Politiker neben dem jetzt auch in Erscheinung getretenen Bruhn stand und
hereinblickte.
    »Weil aber Riegerts Wahlkreis, dieser Kreis
Göppingen hier, aus verständlichen Gründen ganz besonders dem Interesse des Herrn
Gangolf unterlag, machte man sich an Herrn Riegert heran.« Häberle nahm jetzt Eva
Campe ins Visier, die an ihrer knappen Bluse zu nesteln begann. »Diese Dame, die
hier vorne Platz genommen hat«, er deutete auf sie, »… sie hat ihre, ja, sagen wir’s mal so, weiblichen
Waffen eingesetzt«, Häberle verkniff sich ein Lächeln, »… und sich plötzlich sehr
stark für Fußball und Riegerts Aufgabe als sportpolitischen Sprecher seiner Fraktion
interessiert. Sie hat auf diese Weise erfahren, was nach Lanskis Tod in der Provinz
geschehen ist – und dass Herr Riegert einen Termin mit zwei Sportfunktionären ausgemacht
hatte, die ihm offenbar Interessantes zu erzählen hatten.« Häberle winkte in den
hinteren Saalbereich. »Herr Riegert, ich begrüße Sie …«, rief er, als fände gerade eine ganz normale
Veranstaltung statt. »Sie brauchen sich keine Vorwürfe zu machen. Die Waffen einer
Frau haben nicht zum ersten Mal in der Politik eine Rolle gespielt.« Dann drehte
er sich zu Gangolf, von dessen selbstsicherem Auftreten nichts mehr geblieben war.
Er war grau im Gesicht.
    »Dieser Herr hier«, Häberle deutete auf ihn,
»er war zu jedem Zeitpunkt über alles im Bilde – bis zu Herrn Nullenbruchs Verschwinden
wohl auch mithilfe von Anna. Wie im Übrigen sicher viele von Ihnen, meine Herren …« Er lächelte süffisant. »Ich weiß ja nicht,
wie sehr Sie die Romantik einer Jagdhütte auf der Schwäbischen Alb schätzen …« Über manche Gesichter huschte der Anflug
eines Lächelns, andere blieben versteinert.
    »Doch Herr Gangolf hat sich als Politiker nicht
die Hände schmutzig gemacht«, resümierte Häberle weiter, »nein, das überlässt er
anderen. Oder besser gesagt: Einem anderen. Und auch der ist heute unter uns.« Es
klang, als sei es die Ansage für den bevorstehenden Auftritt eines Stars. Häberle
ließ seine Augen unablässig durch den Saal streifen, jetzt aber konzentrierte er
sich auf den hinteren Teil. Linkohr hatte offenbar die nötigen Vorkehrungen getroffen.
Es wimmelte von schwarz gekleideten Männern – alles Kriminalisten, die ihre Kellner-Rolle
abgelegt hatten. Frische Getränke gab es schon lange keine mehr.
    »Schnelles Handeln war gefragt, als die beiden
Geislinger Sportfunktionäre ihren Termin mit dem Abgeordneten ausgemacht hatten«,
schilderte Häberle seine Sicht der Dinge, »schnelles und zuverlässiges Handeln«,
wiederholte er, »… und da kam damals – Anna lebte ja noch – aber nicht das Mädchen
in Frage, sondern ein Mann, der kaltblütig genug war, das einzufädeln.« Häberle
zögerte und gab den Kollegen Zeit, sich auf eine Reaktion des Betroffenen einzustellen.
Dann nannte er den Namen: »Meckenbach. Er hat …« Weiter kam er nicht, denn Meckenbach war aufgesprungen. »Das
ist eine ungeheure Lüge«, brüllte er und hob drohend eine Faust in die Höhe, »eine
dreckige, hinterhältige Lüge.« Sofort waren vier SEK-Beamte an ihn herangetreten.
»Wäre ich sonst mit Ihnen in die Slowakei geflogen? Das lasse ich mir nicht gefallen.«
Im Saal hatten sich alle Köpfe zu ihm gedreht. Diskussionen entfachten, erneut empörende
Zwischenrufe. Gleichzeitig schien es so, als habe sich die minutenlange
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