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Schule versagt

Schule versagt

Titel: Schule versagt
Autoren: Inge Faltin , Daniel Faltin
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Konservendosen   – im besten Fall   –, wenn es gelingt, diesen jugendlichen Elan in Spalierobst zu fassen und Konservendosen an Wissen anzulegen. Oft funktioniert nicht einmal das. Was wir brauchen, sind Jugendliche, die ihrem Eigensinn, ihrer Eigenwilligkeit folgen. Nicht das Spalierobst ist das Ziel, sondern der Wildwuchs. Im Entrepreneurship braucht man eigene Fantasie. Jeder ist anders, das ist die Chance. Aus der Vielfalt schöpfen, zu neuen Lösungen kommen und nicht die Einfalt herstellen.
    Schon das Setting der Schule ist etwas, das gerade nicht auf Entrepreneurship vorbereitet. Das Setting ist Sicherheit. Die Lehrer sind sicher, in Deutschland auf Lebenszeit angestellt. Das Wissen ist sicher, ist vorhanden, auch die Lösungen sind da. Der Lehrer weiß sie, im Lehrbuch sind sie aufgeschrieben. Wenn die Lehrkraft gut ist, macht sie den Unterricht vielleicht so anschaulich, dass die Schüler den Eindruck haben, sie würden selber die Lösungen entwickeln. Aber in Wirklichkeit geht es in der Schule nicht um Problemlösungen, sondern es geht um die Vermittlung von vorhandenem Wissen.
    Entrepreneurship dagegen geschieht immer unter Unsicherheit. Ich muss lernen, mit Unsicherheit umzugehen. Ich muss lernen, wie ich möglichst viele Fakten, möglichst viel Wissen heranziehe, aber trotzdem immer unter unvollständigem Wissen entscheide. Und dabei einigermaßen vernünftige Entscheidungen treffe. Aber wenn man ein Setting hat, das ganz anders aufgebaut ist, in dem weder die Bedingungen der Schule noch das ganze Lernformat den Umgang mit Unsicherheit aufnehmen, dann tut man sich schwer. Und noch ein anderer Punkt kommt hinzu: Innovation hat etwas mit Vielfalt zu tun. Diversity creates innovation. Da ist Schule mit einem vorgegebenen Curriculum ein ungeeignetes Muster.
    Schule ist gegen die Natur der Schüler. Wenn Sie Kinder beobachten: Sie fragen ihren Eltern Löcher in den Bauch, sodass die Eltern Schwierigkeiten haben, der Energie und der Motivation ihrer Kinder zu folgen und auf alles zu antworten. Dann passiert etwas Merkwürdiges. Dann kommen diese Kinder in die Schule, und offenbar hat der liebe Gott den Sechsjährigen etwas mitgegeben,das sie fast von einem Monat auf den andern verlieren: das Fragen. Das eigenständige, eigenwillige Fragen. Plötzlich braucht man hoch bezahlte Experten, nämlich Pädagogen, die diese Schüler motivieren. Zum Fragen motivieren. Da ist doch etwas grundfalsch. Die schulische Logik heißt, Schüler sind lernunwillig, sie haben andere Interessen, manchmal sind sie dumm und faul, und jetzt braucht es diese ausgebildeten Pädagogen. Man kann diesen Zusammenhang aber auch ganz anders interpretieren: Die Kinder hatten diese Motivation, sie waren sogar hoch motiviert, bis an die Grenze der Fähigkeit ihrer Eltern, überhaupt damit umzugehen. Und dann kommen sie in eine Institution, die ihnen das austreibt, die ihnen das Lebendige austreibt. Und dann sind sie tot und man muss diese Toten lebendig erhalten mit einer Disziplin, der Pädagogik, die das zu einem Expertenfach gemacht hat.
    Ich glaube, diesen Zusammenhang muss man aufbrechen. Ich muss die Schüler dort abholen, wo sie sind. Ich muss in einer Weise mit ihnen arbeiten, dass es an ihren aktuellen Interessen, ihren Neigungen und Fähigkeiten ansetzt, dass sie Wertschätzung und Anerkennung erfahren und dass sie selbst Lösungen finden.
     
    Wie müssten die Settings unseres heutigen Schulsystems verändert werden, um künftige Generationen fit für Entrepreneurship zu machen?
    Ich würde als erstes versuchen, von den konventionellen Formen von Schule wegzukommen. Wir müssen uns andere Lernformen, andere Formate von Lernen denken, die nicht gesetzte Lernkontexte sind. Der Schulkritiker Ivan Illich hat gesagt, es gehe darum, Kontexte zu finden, die lernintensiv sind, ohne diese Kontexte gleich zu verschulen. Also in relevante Kontexte stellen und dort agieren. So etwas kann ich mir für Entrepreneurship vorstellen, aber nicht in der hergebrachten deutschen Schule, mit ihren Curricula, ihren Erwartungen, Formen und Prüfungen, die daran geknüpft sind. Das ist eine denkbar schlechte Vorbereitung auf die Anforderungen, die wir in unserer Gesellschaft vorfinden.
     
    Das bedeutet auch, dass wir andere Lehrerpersönlichkeiten brauchen, die Entrepreneurship-Orientierungen bei ihren Schülern möglich machen   …
    Es ist sicher ein Dilemma, dass unsere Lehrer mit unternehmerischer Praxis gar nicht in Berührung kommen. Ich war in
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