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Schule versagt

Schule versagt

Titel: Schule versagt
Autoren: Inge Faltin , Daniel Faltin
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Fähigkeiten, die Sie eben beschrieben haben, nicht nur für das einzelne Individuum für grundlegend wichtig halten, sondern auch für die zukünftige Entwicklung und Gestaltung unseres Wirtschaftssystems und unserer Gesellschaft.
    Unbedingt. Wir sehen deutlich, dass wir immer mehr Arbeitsplätze aus strukturellen, nicht aus konjunkturellen Gründen verlieren. Man kann sagen, der Industriegesellschaft geht die industrielle Arbeit aus. Die Produktion, das Manufacturing, macht nur noch ungefähr 15   Prozent unserer wirtschaftlichen Leistung aus, also einen geringen Teil, mit weiter abnehmender Tendenz. Es kommt die Wissensgesellschaft, es kommen damit andere Formen, auch Freiräume, die wir heute noch nicht gut nutzen. Wir brauchen Entrepreneurship, um die Freisetzung von körperlicher Arbeit sinnvoll zu nutzen.
    Wir stehen vor großen Herausforderungen, etwa in Fragen der Ökologie, aber auch in Fragen der Ökonomie. Wir leben längst über unsere Verhältnisse, ökonomisch, ökologisch, aber auch sozial. Wir müssen neue Lösungen finden. Dieses Auseinanderdriften von Arm und Reich, die immer krasseren Einkommens- und Vermögensgegensätze sind auf Dauer sozialer Sprengstoff. Auch da müssen wir etwas tun. Ich glaube nicht, dass wir in unseren alten Institutionen, Schule eingeschlossen, diese Herausforderungen bewältigen können. Wir brauchen auch eine viel breitere Partizipation bei den Problemlösungen. Social Entrepreneurship ist dafür ein Beispiel: soziale Probleme nicht verwalten und über klassische Sozialarbeit zu lösen versuchen, sondern auch nach neuen Lösungen suchen.
     
    Welche Rolle kann die Bildung bei der Entwicklung der entrepreneurial skills und bei der Zukunftsvision, die Sie eben porträtiert haben, spielen?
    Wenn man Bildung versteht als das, was momentan in den meisten Bildungsinstitutionen praktiziert wird, habe ich Schwierigkeiten, mir eine positive Rolle des Bildungssystems vorzustellen. Ein Beispiel: Mein Kollege Ripsas und ich haben hier in Deutschland einen Entrepreneurship-Workshop veranstaltet mit Hauptschülern. Da war das erste Argument der Schulverwaltung undder Lehrer: »Das geht überhaupt nicht. Hauptschüler interessieren sich nicht für Unternehmensgründung.« Uns hat das nicht eingeleuchtet. Die Schüler müssen Interesse haben, geeignete Beschäftigungen zu finden, und sie wissen auch, dass sie große Schwierigkeiten haben werden, Arbeitsplätze zu finden, die ihnen andere bereitstellen. Also liegt es doch nahe, sich darauf vorzubereiten, dass sie selber ihre Arbeitsplätze schaffen müssen.
    Die Schüler waren gewohnt, dass sie unterrichtet werden. Wir dagegen haben gefragt, gefragt und immer wieder gefragt. »Was macht ihr in eurer Freizeit?«, »Wofür gebt ihr euer Geld aus?«, »Was könnt ihr euch nicht leisten?«, »Was findet ihr teuer?« »Wo könntet ihr euch etwas ausdenken, was Ihr selber macht, statt es teuer von draußen einkaufen zu müssen?« Ich erinnere mich, dass eine Schülerin sagte, das sei ganz erstaunlich, in der Schule würde sie niemand fragen, da sei ihre Meinung überhaupt nicht gefragt. Sie habe keine gute Erwartung an diesen Workshop gehabt, sondern befürchtet, jetzt müsse sie schon wieder lernen. Und lernen hieß für sie, diszipliniert zu sitzen und dem zuzuhören, was der Lehrer sagt, was in ihre Köpfe soll und nicht so richtig hineinwill in diese Köpfe.
    Und was haben wir gemacht? Wir haben aus dem Umfeld der Schüler versucht, aus ihren Interessen etwas zu machen, was sie vielleicht selber organisieren können.
    Zum Schluss hatten die Teilnehmer 19 kleine Gründungskonzepte, die sie in Powerpoint-Präsentationen vortrugen   – durch die Bank gute und umsetzbare Ideen. Es waren drei Tage Arbeit, viel Fragen, viel Diskutieren, ein bisschen Selbstvertrauen aufbauen. Typisch war auch, dass die Schüler uns fragten: »Taugt denn meine Idee etwas?« Keiner kann eine Idee letztendlich beurteilen. Der Markt beurteilt die Idee. Es gibt keinen Guru, der einem vorher sagen kann, die Idee wird ein Erfolg oder nicht. Man muss selber seine Idee durchdenken und ein Urteil dazu treffen.
    Dieser Workshop war ein gutes Beispiel dafür, dass man auch in der Hauptschule das Thema Entrepreneurship angehen kann und soll.
     
    Fördert unser heutiges Bildungssystem die Entwicklung der Fähigkeiten, die auf Entrepreneurship vorbereiten?
    Meine Antwort ist ein klares Nein. Was aus unserem Schulsystem herauskommt, ist so etwas wie Spalierobst,
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