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Schuld währt ewig

Schuld währt ewig

Titel: Schuld währt ewig
Autoren: Inge Löhnig
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noch.
    »Niklas Domegall.« Er bot ihr die Hand.
    Sie ergriff sie nicht. »Susanne Möbus«, erwiderte sie widerwillig. »Hamlet scheint ja der passende Name zu sein. Völlig wahnsinnig.«
    Er ließ die Hand sinken. »Er folgt seinen Instinkten. Das ist ganz normal.« Domegall kraulte den Hund am Hals. »Und er folgt mir. Stimmt’s, Hamlet?«
    Ein Macho. Ein echter Macho. Und ausgerechnet der wurde ihr neuer Nachbar. Es war nicht zu fassen. Wortlos ließ sie Domegall stehen. Herr Kater saß noch in der Kastanie.

6
    Dühnfort trat aus dem Haus in der Pestalozzistraße, in dem er wohnte, und vermisste Gina an seiner Seite. Sie hatte die Nacht in ihrer WG verbracht.
    Kurz nach sieben. Es war noch dämmrig. Nebel hing zwischen den Häusern. Einen Augenblick überlegte er, dann entschied er sich, den Weg zum Präsidium mit einem kleinen Umweg zu beginnen. Wie so häufig. Durch den nur wenige Schritte entfernten Eingang betrat er den Alten Südfriedhof. Das Tor aus Schmiedeeisen quietschte. Den Klang seiner Schritte dämpfte ein Teppich aus nassem, welkem Laub. Er genoss die Ruhe zwischen den efeuumrankten Grabsteinen, atmete feuchte Kühle ein und wurde dabei wach und klar im Kopf.
    Die Ermittlungen waren gestern Nacht mit der üblichen Routine aufgenommen worden. Beim Morgenmeeting in einer Stunde, wenn die Fakten auf dem Tisch lagen, würde es sich zeigen, ob der Fall wirklich einer für die Mordkommission war. Noch hatte Dühnfort Zweifel.
    Eine Krähe flog über den Weg und landete auf einem verwitterten Grabstein. Von irgendwoher drangen das Quietschen einer Straßenbahn und gedämpfter Verkehrslärm. Am Stephansplatz verließ Dühnfort den Friedhof und erreichte eine Viertelstunde später sein Büro.
    Mit einer Hand schaltete er die Espressomaschine an, mit der anderen schloss er die Bürotür hinter sich. Den Mantel hängte er auf den Bügel und öffnete dann das Fenster, um die stickige Luft zu vertreiben.
    Unter ihm lag der Frauenplatz. Die Bäume, die im Sommer so üppig Laub getragen hatten, reckten ihre kahlen Äste ins Grau. Der linke der Zwillingstürme der Frauenkirche verbarg seine schlanke Form hinter weißen Planen. Das Gerüst reichte bis zur Patina tragenden Haube. Auf der Baustelle rechter Hand dröhnten bereits die Maschinen. Münchens Innenstadt wird attraktiver. Das stand auf dem Bauschild für die neue Geschäftsstelle einer Bank. Eine Aussage, über die sich durchaus streiten ließ. Doch die Krönung des Ganzen war ein haushohes Werbeplakat, das die Baustelle verhüllte. Seit Wochen sah Dühnfort darauf. Ein Kerl vom Typ Latinlover im schwarzen Anzug mit schwarzer Krawatte beugte sich über eine dunkelhaarige Schönheit im pinken Abendkleid, die ihren Arm lasziv um seinen Nacken gelegt hatte. Keine Werbung für Trauerkleidung, sondern für Kapselespresso. Und das war nichts anderes als eine etwas bessere Plörre, als sie der Kaffeeautomat im Flur vor Dühnforts Büro ausspuckte. Fünf Gramm Kaffee enthielten diese Dinger. Wie sollte man damit einen ordentlichen Espresso hinbekommen? Was auf diesem Plakat betrauert und zu Grabe getragen wurde, war die traditionelle Espressokultur.
    Ohne ihn. Dühnfort schloss das Fenster. Die Maschine in seinem Büro war inzwischen aufgeheizt. Er schaltete das Mahlwerk ein und braute sich einen ordentlichen Espresso aus neun Gramm Pulver. So, wie sich das gehörte. Die Crema war perfekt. Braun und dicht. Ein Löffel Dark Muscovado Sugar hineingerührt, und Dühnfort war fit für den Tag.
    Bis zum Morgenmeeting erledigte er Schreibkram. Darunter auch die Anträge von Gina und Alois. Beide wollten an einem Seminar der Gruppe F, Führung und Einsatz, im September teilnehmen. Doch seiner Kommission war nur ein Platz zugeteilt worden. Dühnfort versuchte die Entscheidung objektiv zu treffen. Gina war länger im Team und leistete die bessere Arbeit. Eigentlich war es keine Frage, wer an der Weiterbildung teilnehmen sollte. Dennoch fühlte er sich unwohl mit diesem Entschluss, als er sich um acht auf den Weg zum Morgenmeeting machte.
    Vor dem Besprechungsraum traf er mit Schellenberg zusammen, der Uniform trug und unter dem Arm eine Mappe. »Wir sind so weit durch. Die Akte gehört euch.«
    »Gut. Dann sehen wir uns das mal an.«
    Am ovalen Konferenztisch hatten sich bereits Gina, Alois und Frank Buchholz von der KTU versammelt. Alois schenkte sich eine Tasse grünen Tee ein. Er war jünger als Dühnfort, wesentlich besser in Form, und seine Art, sich zu kleiden,
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