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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
Autoren: Hagen Seidel
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sich die Wachstumsmaschine Made in Germany, die inzwischen
Kunden in 14 Ländern beliefert, genauer anzuschauen. Dafür habe ich mit vielen
gesprochen, die zu Zalando etwas sagen können: angefangen von den beiden
Firmengründern, den Investoren und Mitarbeitern über Lieferanten,
Geschäftspartner und Konkurrenten bis hin zu Wissenschaftlern und
Unternehmensberatern.
    Mit der großen Lupe betrachtet, zerfällt die Beurteilung von
Zalando im Wesentlichen in zwei Teile: in die Frage der operativen Exzellenz
zum einen und in jene nach der wirtschaftlichen Zukunftsfähigkeit zum anderen:
Dass die Zalando-Macher in sehr kurzer Zeit eine überdurchschnittlich gut
funktionierende Marketing-, Verkaufs-, Logistik- und Wachstumsmaschinerie mit
tollen Verkaufserfolgen geschaffen haben, die ihresgleichen sucht, erkennen
sogar Konkurrenten an. Bei der Frage jedoch, ob dieses Wachstumswunder auf
Dauer attraktive Gewinne erzielen kann, ist es mit der Einigkeit vorbei: Über
diese Frage tobt der Meinungskrieg zwischen Handelsexperten in den Büros der
Verwaltungsgebäude der etablierten Konsumbranche ebenso wie zwischen den
Start-up-Nerds in den Internetforen. Die einen halten Zalando für eine riskante
Internetwette ohne reale Basis, die anderen für eine der genialsten
Firmengründungen der vergangenen Jahre.
    Setzt sich also die von den Gründern Robert Gentz und David
Schneider sowie den Investoren um die geheimnisvollen Samwer-Brüder verbreitete
Version durch, nach der das Unternehmen jetzt auf Teufel komm raus investieren
muss, um vor seinen Konkurrenten auf jenen Märkten zu sein, in denen in den
kommenden Jahren mutmaßlich das große Geld verdient wird? Sind die Verluste von
heute tatsächlich die Gewinne von morgen? Oder pumpen die Investoren das Unternehmen
nur mit ihren Marketing-Millionen auf, damit sie beim Ausstieg – etwa über
einen Börsengang – das Mehrfache davon zurückbekommen? Wobei sie in Kauf
nehmen, dass das Unternehmen anschließend in sich zusammenfällt?
    Ist Zalando also einer der großen lukrativen Fashionanbieter
zumindest des kommenden Jahrzehnts oder lediglich ein Schneeballsystem, an dem
lediglich jene Millionäre und Milliardäre verdienen können, die als erste
investiert haben? Diese Frage, die »Zalando-Frage« sozusagen, ist 2013 noch längst
nicht beantwortet. Genau das macht die Beobachtung dieses ungewöhnlichen
Unternehmens umso spannender.
    Je weiter meine Gesprächspartner von Zalando entfernt waren,
desto skeptischer äußerten sie sich zur Chance, dass das Unternehmen jemals in
die Gewinnzone kommen kann. Aber je näher sich die Informanten am
Onlinehändler, seinen Managern und seinem Geschäftsmodell befanden – etwa als
Geschäftspartner –, desto sicherer waren sie, dass Zalando auf Dauer ein Erfolg
wird.
    Dieses Buch versucht, so objektiv wie möglich zu beleuchten,
was da gerade passiert in unserer Einkaufswelt. Denn an einer solchen
Objektivität fehlt es bisweilen im Umgang mit diesem emotionalen Thema. Dass
dem Strukturwandel im Schuh- und Modehandel, den neben Zalando viele andere
junge Unternehmen betreiben, traditionelle Händler zum Opfer fallen, ist nun
mal ein wesentliches Element unserer Marktwirtschaft. Und kein Grund, die neuen
Händler zu verdammen. Die Zeit der Tante-Emma-Läden war auch irgendwann vorbei.
An ihrer Stelle eroberten Selbstbedienungsgeschäfte den Markt, weil sie den
Kunden Vorteile versprachen. Ähnlich ist es jetzt beim Siegeszug der
Onlinehändler. Nur geht alles noch viel schneller, wie auch der Autor beim
Schreiben dieses Buches feststellen musste: Mehrfach waren Passagen zu
aktualisieren, weil die Entwicklung im Markt und vor allem bei Zalando so
rasant voranschritt. Dass sich das auch nach der Drucklegung des Buches
fortsetzt, ist sehr wahrscheinlich.
    Die Skepsis dem Unternehmen Zalando gegenüber, die bisweilen in
Häme umschlägt, zeigt, dass Deutschland noch längst nicht die Gründermentalität
hat, wie sie etwa in den Vereinigten Staaten vorherrscht und wie wir sie auch
hier gut gebrauchen könnten. Zumindest ein wenig davon. Während in den USA
derjenige, der etwas Neues versucht, zunächst mit Applaus und einem gewissen
Vertrauensvorschuss bedacht wird, erklären in Deutschland viele, warum etwas
nie Dagewesenes auf keinen Fall funktionieren kann. Auch in Zukunft nicht.
    Die vielen Gründer der Generation unter 30 Jahren oder knapp
darüber in Deutschland hätten es stattdessen verdient, von der Gesellschaft
stärker angefeuert
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