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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
Autoren: Hagen Seidel
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klassische Geschäfte
hineinpassen würden. Über eine Milliarde Euro Umsatz hat Zalando den
geschockten, bisweilen ratlosen klassischen Händlern in Europa allein 2012
schon abspenstig gemacht, doppelt so viel wie noch im Vorjahr. Die zweite
Milliarde ist wohl nur eine Frage der Zeit. Das reicht schon jetzt für den
Titel des größten E-Commerce-Versenders für Fashionartikel in Europa. Die
Internetseite verzeichnet nach Unternehmensangaben 100 Millionen Besuche jeden
Monat.
    Und weil das Wachstum ungebremst weitergeht, spekulieren
Experten schon, wie viele Tausend herkömmliche Läden schließen müssen und wie
viele Innenstädte veröden werden, weil der Onlinehandel – längst nicht nur
Zalando – in atemberaubender Geschwindigkeit in Deutschland, Europa und in der
ganzen Welt die Einkaufsgewohnheiten auf den Kopf stellt.
    Klassisches Shoppengehen war gestern, Smartphone und Tablet-PC
ersetzen vor allem bei jungen Leuten gleichermaßen den Stadtbummel wie das
Blättern in Omas 1 000 Seiten dickem Versandhauskatalog. Dabei ist Zalando und
der gesamte Onlinehandel eigentlich gar nichts anderes als Quelle, Neckermann
oder Otto, nur mit Elektroantrieb.
    Umso faszinierender ist das Phänomen, das in seinen
Auswirkungen der Ablösung der Tante-Emma-Läden durch die
Selbstbedienungs-Supermärkte in nichts nachsteht. Und doch ändert sich alles
viel schneller, als die meisten glauben. Vor allem schneller, als es viele
Einzelhändler erwarten, in deren Läden immer weniger Kunden auftauchen. Fast
alle Prognosen zum Wachstum der Angreifer aus dem Internet mussten bisher über
den Haufen geworfen werden, weil sie von der Wirklichkeit überholt wurden.
    Nach einer Allensbach-Studie kauften 2012 noch 52 Prozent aller
Bundesbürger am liebsten in klassischen Geschäften ein. Schaut man sich
allerdings nur die Bevölkerung unter 30 Jahren an, sind es gerade noch 23 Prozent,
die am liebsten auf die Art einkaufen, wie es schon ihre Eltern taten.
Umgekehrt bevorzugen elf Prozent der Gesamtbevölkerung den Einkauf im Internet,
bei der jüngeren Zielgruppe sind es mit 20 Prozent bereits fast doppelt so
viele (Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 10096, 2012). Schon diese wenigen
Zahlen zeigen, wohin in den kommenden Jahren der Trend beim Einkaufen gehen
wird – und dass sich der Onlineboom noch immer am Anfang befindet. Die
Statistiken über die Umsatzzahlen weisen breite Streuungen auf. Nimmt man die
Zahlen des Handelsverbands Deutschland (HDE), so kauften die Deutschen 2012 im
Internet Waren im Wert von 29,5 Milliarden Euro ein. In diesen Wert nicht
eingerechnet sind Dienstleistungen wie Downloads und die Umsatzsteuer. Andere
Quellen zählen diese Werte hinzu – was zu allgemeiner Verwirrung beiträgt, wenn
man die Größe dieses Marktes erfassen will. Für 2013 erwartet der HDE ein
weiteres Wachstum des Onlineumsatzes um zwölf Prozent auf gut 33 Milliarden
Euro. Zehn Jahre zuvor hatte der Wert gerade bei elf Milliarden gelegen.
    Von 100 Euro, die die Deutschen für Mode und Schuhe ausgeben,
landen laut HDE bereits 15 Prozent bei Onlinehändlern. Die Quote wird weiter
steigen.
    Der Dauer-Boom des Onlinehandels

    Knapp zehn Prozent der privaten Konsumausgaben der Deutschen
landen nach einer Prognose des Forschungsinstituts IFH Köln 2013 bereits bei
Anbietern aus dem Internet. Weit größer sind Bedeutung und Wachstum des
Online-Einkaufs, wenn man sich nur jene Produkte anschaut, die Zalando
verkauft: In der Kategorie »Fashion & Accessoires« verbuchen die Onliner
laut IFH bereits knapp 17 Prozent des Umsatzes der gesamten Branche in
Deutschland auf sich. 2007 waren es noch nicht einmal fünf Prozent. Damit
wächst der Modehandel im Netz sogar noch schneller als der virtuelle Absatz von
Unterhaltungselektronik und Computern. Nirgends entfällt so viel Umsatz auf die
Eroberer aus dem Cyberspace wie bei der Mode und der Elektronik (IFH Köln,
Branchenreport Online-Handel Jahrgang 2013).
    »Online und Mobilfunk werden den Einzelhandel in den nächsten
fünf Jahren stärker verändern als in den vergangenen 50«, glaubt Jochen
Hiemeyer, Handelsexperte der Unternehmensberatung Accenture. (Accenture: »The
Seamless Consumer Speaks – Are Retailers Listening?«, Februar 2013)
    Zalando ist damit neben Amazon und ebay der wesentliche Treiber
dieses Paradigmenwechsels in der Einkaufswelt Europas – und der bedeutendste,
der nicht aus den USA stammt. Sondern aus dem ehemaligen Strom-Umspannwerk in Berlin-Prenzlauer
Berg. Grund genug,
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