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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
Autoren: Hagen Seidel
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gelernt.
    Dass es eine Kunst ist, mit Geschäftspartnern und Mitarbeitern
zu kommunizieren und sie zu fördern und zu führen, haben die Jungunternehmer in
Lateinamerika ebenfalls erfahren. Sich und seine Geschäftsidee für mögliche
Investoren so attraktiv darzustellen und das eigene Geschäftsmodell so zu
verkaufen, dass sie einem ihr Geld hinterhertragen, auch das haben Gentz und
Schneider in dieser Zeit gelernt. »Und danach war ganz klar, dass wir kein
soziales Netzwerk oder etwas ähnliches mehr versuchen würden. Der soziale
Aspekt ist analytisch kaum zu fassen oder gar zu beeinflussen: Niemand weiß,
wie viele Leute sich anmelden werden und wovon das eigentlich abhängt. Ein
solches Geschäftsmodell ist kaum planbar und schwer skalierbar«, begründet
Gentz.
    »Skalierbar« – das ist das Wort, das einem bei Zalando und
überhaupt im Umfeld der Samwers und deren Inkubator Rocket Internet immer
wieder begegnet. Die Grundidee dabei ist, ein Geschäftsmodell so zu entwickeln,
dass man es später schnell und ohne grundsätzliche Veränderungen auf andere
Märkte oder Produkte erweitern, also skalieren kann. Und wenn man das Wort an
einem Tag in der Zentrale 15 oder 20 Mal von verschiedenen Gesprächspartnern
gehört hat, ist man manchmal versucht, das Unternehmen nicht Zalando, sondern
»Skalando« zu nennen.
    Der gemeine Skalierer braucht knallharte Zahlen für die Planung
und Steuerung seines Unternehmens. Denn mit dem Bauchgefühl allein skaliert es
sich schlecht. Und deshalb sind solche Zahlen und Daten jeder Art als
Entscheidungsgrundlage bei »Skalando« bis heute noch wichtiger als in vielen
anderen Unternehmen.
    Neues Testfeld: Die Ökonomie der Flip Flops
    Durch sein nicht ganz selbstloses Ticket-Sponsoring hatte
Oliver Samwer Gentz und Schneider nach Madrid und in die Welt von »Rocket
Internet« gebracht. Jetzt übernahm sein Bruder Alexander die beiden. Mit ihm
telefonierten Gentz und Schneider: »Alex zeigte seine Bereitschaft, in
E-Commerce zu investieren«, sagt Gentz. Das war wenig überraschend, denn in
diesem Bereich würde die Zukunft liegen, das wusste kaum jemand besser als ein
Samwer. Die Gesprächspartner tickten in vielen Dingen ähnlich, da machte sich
vielleicht die WHU-Sozialisation bemerkbar: Beide Seiten dachten analytisch und
pragmatisch, stark an Zahlen, an der präzisen Messbarkeit von Potenzialen und
den Auswirkungen des eigenen Handelns orientiert. Zwecks einfacher und
schneller Skalierung des Geschäftsmodells. Das alles passte gut zum E-Commerce,
für den man beim Hochfahren der Maschine keine teuren Fabriken oder
Geschäftshäuser bauen muss. Irgendwas mit Online also sollte es werden, das war
ja schon klar. Genauer jetzt: irgendwas mit Onlinehandel.
    Aber womit handeln? Schuhe waren schnell in der engeren
Auswahl, auch Unterwäsche, Mode überhaupt und Beautyprodukte – lauter
»emotionale Produkte«, wie Gentz sie nennt. Vor allem sind sie viel
zuverlässiger zu kalkulieren als die Bereitschaft junger Menschen, sich in ein
neues soziales Netzwerk einzuloggen, was dann vielleicht Werbeerlöse einbringt.
Bücher und CDs kamen nicht in Frage, sie waren bereits durch Amazon in
Perfektion besetzt. »Wir fanden Schuhe dann am sinnvollsten. Das war die
klarste und unkomplizierteste unserer Kategorien. Da war klar, welche Schritte
wir zuerst gehen mussten«, sagt Gentz. »Und es hatte den Vorteil, dass mit
Zappos in den USA schon ein Unternehmen gezeigt hatte, dass man damit sehr groß
werden konnte. Das war wichtig, um weitere Investoren von unserer Idee
überzeugen zu können. Man ruft ganz unterschiedliche Hirnaktivitäten bei
Geldgebern hervor, ob man nun sagt: ›Wir wollen einen Onlineshop für Schuhe
aufbauen‹ oder ›Wir haben jetzt die Möglichkeit, in Deutschland oder sogar in
Europa ein erfolgreiches Unternehmen wie Zappos aufzubauen‹«. Denn beim Namen
»Zappos« – dem bereits erfolgreichen amerikanischen Urmeter aller
Online-Schuhhändler – mögen in den Augen des einen oder anderen Investors
gleich die Dollarzeichen in den Augen aufblitzen, was die Mitmach-Bereitschaft
maßgeblich erhöht.
    Inzwischen allerdings nervt David Schneider der ewige Vergleich
mit Zappos. Und auch die Copycat-Vorwürfe, die alle Firmen im Umfeld der
Samwers regelmäßig treffen, kann er kaum noch hören. »Wir bieten Mehrwert für
Kunden, den es bisher nicht gab. Das ist eine Innovation«, sagt Schneider.
    Und: »Wenn ein Modehändler ein neues Ladengeschäft mit ein
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