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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
Autoren: Hagen Seidel
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Geschäftsleben
sollte ausgerechnet mit einem Produkt erfolgen, das wie kaum ein anderes für
Freizeit, Strand und Erholung, mithin das Gegenteil von harter Arbeit, steht:
mit Flip Flops. Mit ihrem Onlineshop fliptops.de wollten sie herausfinden,
wie das geht mit dem Schuhverkauf, mit der Beschaffung, mit dem Marketing, mit
der Lieferung, mit der Abrechnung und überhaupt. David Schneider, bis heute der
Produktexperte und Chefeinkäufer bei Zalando, besorgte die Schuhe, die die
beiden dann fotografierten. Die Bilder luden sie auf der Seite hoch – und
plötzlich waren sie Onlinehändler. Wenn auch bisher nur für Flip Flops. Voller
Stolz und Aufregung ließen sie sich jede Bestellung aufs Handy weiterleiten,
das dann einen Ton von sich und Anlass zu großer Freude gab. Klang so schon der
Erfolg?
    Weit wichtiger allerdings war der ganz normale Klingelton des
Handys, der für einen Anruf. »Wir waren immer heilfroh, wenn mal ein Kunde
anrief«, erinnert sich Gentz, »dann konnten wir ihn fragen, was gut
funktioniert an der Seite und was nicht, was wir besser machen können und was
er sich noch wünscht.« Hier machte der Gründer und Chef den Kunden-Service also
noch höchst persönlich und sparte sich gleichzeitig teure Gutachten von
McKinsey oder Roland Berger.
    Mit 100 Paar Flip Flops – darunter auch solche der Kultmarke
»Havaianas« – für ein paar Hundert Euro Warenwert begann das junge Zwei-Mann-Unternehmen.
Die Firma sollte nicht dazu dienen, Geld zu verdienen, sondern »Learnings« zu
bekommen, mit deren Hilfe man später richtig viel Geld verdienen würde.
Produkte, die sie beim Großhändler nicht bekamen, besorgten sie sich einfach
bei anderen Händlern und verkauften sie zum Einstandspreis ohne Gewinn weiter.
Sie brauchten schließlich eine gewisse Auswahl und wollten verstehen, wie das
Geschäft funktioniert, bevor sie das knappe Startkapital aus dem Hause Samwer
antasten wollten.
    Wie sortiert man eigentlich Schuhe, wenn man sie im Netz
verkaufen will? Nach Marken? Nach Farben? Nach Größen? Und wie verpackt man
sie? Lauter Fragen, mit denen sich die früheren Elite-Studenten der WHU nun
plötzlich befassen mussten. Gentz beschäftigte sich unter anderem mit dem
Marketing im Netz und mit den besten Kanälen, über die die neue Marke möglichst
kosteneffektiv bekannt gemacht werden konnte
    Rocket Internet hatte den beiden Gründern Programmierer zur
Verfügung gestellt, »die sich wirklich auskannten. Das war sehr hilfreich. Wir
wussten ja nicht, wie man eine Internetseite programmiert. Wir konnten denen
nur immer sagen, wie wir uns das aus Kundensicht vorstellen.« Sowohl für die
Übungsfirma Fliptops wie später für »die große Seite«, wie Gentz Zalando nennt.
    Wobei sich die Begeisterung der Rocket-Programmierer über diese
beiden Plastik-Sandalenhändler bisweilen durchaus in Grenzen hielt. Etwa an
jenem Tag, als David Schneider mit einem Stapel Kartons über ein Stromkabel
stolperte und die Verbindung schwungvoll aus der Steckdose kickte. Was zur
Folge hatte, dass die Bildschirme gleich mehrerer Programmierer schlagartig
schwarz wurden und deren Werk der vergangenen Minuten wohl im Orkus landete.
Die Reaktionen der Computerfreaks kann man sich vorstellen. Schneider hatte mit
den Kartons auf dem Arm zum Schwarzweiß-Drucker der Computerfreaks – den
durften die Schuhleute mit benutzen – eilen wollen, der weiße Klebeetiketten
mit dem selbst entworfenen Fliptops-Logo bedruckte: »Da musste man ziemlich
schnell sein. Sonst kam ein anderer Druckauftrag dazwischen und jemand hatte
lauter Fliptop-Logos auf seinem Ausdruck.« Ja, damals …
    Der Servicegedanke, den beide in den deutschen Onlinemarkt
bringen wollten, manifestierte sich unter anderem darin, dass bereits der
Zalando-Vorgänger seine Freizeitlatschen versandkostenfrei verschickte. »Das
haben die Kunden extrem geschätzt, das hörten wir immer wieder«, sagt Gentz.
Denn das war damals im deutschen Handel durchaus nicht üblich und ist es heute
noch nicht. C&A zum Beispiel berechnet noch 2013 Versandkosten,
Billighändler KiK verlangt in seinem gerade erst gestarteten Web-Shop 4,95 Euro
pro Sendung, selbst Premium-Anbieter Escada verlangt von seinen Kundinnen Geld
für die Lieferung. Ohne den Versandkostenbeitrag der Kunden, hört man in der
Branche immer wieder, könne sich das Onlinegeschäft nicht rechnen.
    Bei Gentz und Schneider allerdings sollte das schon 2008 anders
sein: Denn obwohl sie von ihren Kunden kein Porto
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