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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
Autoren: Hagen Seidel
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paar
Innovationen eröffnet, kritisiert kein Mensch: Das ist ja ein Laden, die Idee
ist geklaut, denn Läden hat jemand anderes schon vor langer Zeit erfunden.«
Zurück ins Jahr 2008: Die Frage, ob wirklich Tausende Menschen in Deutschland
Schuhe bestellen wollen, um sie zu Hause anzuprobieren und dann entweder zu
kaufen oder zurückzuschicken, »haben wir uns selbst eigentlich gar nicht
gestellt. Man darf bei so etwas einfach nicht so sehr von sich selbst ausgehen,
sonst wird der Horizont sehr schnell zu eng«, glaubt Gentz. Schon im
klassischen Versandhandel der Katalog-Ära waren Schuhe schließlich eine große
Produkt-Kategorie gewesen. Bei ebay in Europa wurde die Produktgruppe ebenfalls
sehr schnell groß. Und nicht zuletzt Zappos hatte in den USA ja gezeigt, dass
Millionen von Konsumenten bereit sind, ihr Schuhwerk nur nach Anschauung am
Computer zu kaufen. Warum also sollte das nicht auch in Deutschland
funktionieren?
    Schlecht war aber auch die Auswahl der anderen Warengruppen
nicht, mit denen sich die Gründer beschäftigt hatten. Denn sowohl Mode –
einschließlich Unterwäsche – als auch Schönheitsprodukte rückte Zalando später
zusätzlich in seine virtuellen Regale, als sich abzeichnete, dass die Sache mit
den Schuhen ganz gut laufen würde. Alle sind hervorragend für den E-Commerce
geeignet.
    Analytiker Gentz hatte bei seinen Untersuchungen zum
Suchmaschinenmarketing zudem den Beweis für die ungeheure Nachfrage nach
Schuhen im Internet gefunden. »Da war ja ganz deutlich nachzuvollziehen, wie viele
Leute jeden Tag Suchbegriffe wie ›Schuhe‹, einzelne Schuhmarken oder ›Größe 38‹
oder Ähnliches eingaben. Die Fakten waren also klar«.
    Schuhhändler wie Görtz waren damals schon im Online-Markt
unterwegs, auch Otto oder die Bauer-Gruppe. »Aber es gab im Markt kein
Unternehmen«, so Gentz, » das ganz klar den Service in den Vordergrund
stellte.« Und das hieß unter anderem: große Auswahl, kostenloser Versand und
kostenlose Retouren. »Wir haben die Chance gesehen, etwas Neues zu schaffen,
das einen Mehrwert für den Kunden bringt«, erinnert David Schneider an die
Überlegungen von damals, sich einzigartig zu machen. »Wir haben gar nicht so
sehr nach links und rechts geschaut, um zu sehen, was die anderen machen. Wir
wollten etwas bewegen, klar. Aber es war ja nicht abzusehen, wie sich das
einmal entwickeln würde.«
    Die Neulinge im Schuhhandel hätten sich haarklein und
systematisch auf ihren Start vorbereiten können. Doch das hätte ihnen viel zu
lange gedauert, von irgendetwas mussten die Lateinamerika-Heimkehrer ja leben.
Also sagten sie sich: »Lass es uns einfach machen. Wir kaufen Schuhe ein und
versuchen, sie wieder zu verkaufen. Ganz pragmatisch«, so Gentz. Learning by
doing war angesagt. »Wir haben zum Beispiel die Navigation auf der Seite leicht
verändert und beobachtet: Wie reagieren die Kunden darauf? Wenn sie positiv
reagierten, haben wir es so gelassen oder verfeinert. Wenn nicht, haben wir
etwas anders versucht. So optimierten wir die Schriftgröße und tausend anderen
Dinge. Und so arbeiten wir im Prinzip heute noch: Wir verbessern uns ständig,
indem wir Zalando in kleinen Schritten den Wünschen und Gewohnheiten der Kunden
anpassen«, sagt Schneider. Und deshalb können Unternehmensberater mit ihren
Komplett-Konzepten noch heute bei Zalando nicht wirklich reich werden.
    Startkapital gab es immerhin, es kam von Alexander Samwer.
Nicht viel, 50 000 Euro, aber immerhin. Die Idee mit den Schuhen und das
Konzept der beiden Gründer fand er gut. Dabei hatte er die beiden
Jungunternehmer bis dahin nie gesehen, alles lief per Telefon oder E-Mail. Als
Business Angel zur Unterstützung schickte er stattdessen seinen Schulfreund
Florian Seubert, den Finanzchef des Online-Tierbedarfshändlers zooplus.de .
Erst zwei Monate später trafen sich die drei erstmals.
    Neben dem überschaubaren Startkapital aber verschaffte
Alexander Samwer den Gründern eine andere Ressource, ohne die der Start nicht
so schnell hätte klappen können: Programmierer-Zeiten bei Rocket Internet. »Da
zogen wir dann durch die Büros, immer auf der Suche nach einem Platz und
Programmierern, die ein paar Stunden für uns arbeiten würden.« Im Juli 2008
wurde die Zalando gegründet, ein richtiges Unternehmen war es jedoch noch
nicht. Sollte es auch noch gar nicht sein.
    Denn erst wollten die Rationalisten Gentz und Schneider
Erfahrung im Online-Schuhhandel sammeln. Der Schritt ins ernste
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