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Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt

Titel: Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt
Autoren: Karl Olsberg
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Gene sind das Einzige, was von Generation zu Generation »überlebt«.
    Wenn aber die Gene darüber »entscheiden«, wie dieser Kopierer aussieht, und damit darüber, ob sie weiter kopiert werden oder nicht, dann sind sie es, die von der Natur »ausgewählt« werden, und nicht die »Kopierer«, also die Lebewesen. Die Gene sind die wahren Replikatoren, die eigentlichen Objekte der Evolution.
    Diese Unterscheidung mag fast haarspalterisch wirken, aber sie hat weitreichende Auswirkungen. Wie Dawkins in »The Extended Phenotype« darlegt, können sich zum Beispiel auch solche Gene in der Evolution durchsetzen, die nicht nur die eigene Spezies beeinflussen, sondern auch ihre Umwelt. Gene in einer Spezies können die Überlebenschancen bestimmter Gene in einer anderen Spezies verändern. So kommt es zu »Bündnissen« und »Kriegen« zwischen Genen in völlig unterschiedlichen Tieren und Pflanzen, die sich in symbiotischen Lebensgemeinschaften oder in Räuber-Beute-Beziehungen äußern.
    Auch innerhalb der Gene einer Spezies gibt es einen Kampf ums »Überleben«, genauer gesagt ums Weiterkopiertwerden. Jedes Gen steht im Wettbewerb zu seinen »Allelen«, den alternativen Möglichkeiten des genetischen Codes an genau dieser Stelle des Genoms. Beispielsweise steht ein Gen, das eine blaue Augenfarbe bewirkt, in Konkurrenz zu seinen Allelen, die braune oder grüne Augen verursachen. Je nachdem, welche Auswirkungen ein solches Gen auf die eigene Spezies, auf andere Arten und auch auf die Wirkung anderer Gene innerhalb desselben Genoms hat, steigen oder sinken seine Chancen, kopiert zu werden. Es überlebt oder stirbt aus.
    Es gibt sogar »Trittbrettfahrer« unter den Genen, die sich irgendwo in unseren Chromosomen »verstecken« und sich wie Schmarotzer mitkopieren lassen, ohne dass sie nennenswerte Auswirkungen auf den Organismus hätten, zu dessen Genom sie gehören. So ist zu erklären, warum unsere Gene viel mehr Informationen enthalten, als bei der Reifung eines Embryos tatsächlich genutzt werden, oder warum Teichmolche in ihrem Genom fast zehnmal so viele »Buchstaben« (Basenpaare) haben wie Menschen, obwohl sie keinen komplizierteren Körper besitzen als wir.
    Entscheidend an Dawkins’ Erkenntnis ist, dass die Evolution offensichtlich auf unbelebte Materie wirkt, denn die Gene selbst sind ja nicht lebendig.
    Dass das so ist, kann man zum Beispiel auch an der Evolution der Viren sehen. Viren sind keine Lebewesen. Sie haben keinen Stoffwechsel, keine Organe und können sich nicht selbst vermehren. Trotzdem entwickeln sie sich ständig weiter, verändern sich, passen sich an ihre Umwelt an. Sie unterliegen offensichtlich der Evolution.
    Eine simple logische Überlegung führt zu demselben Schluss: Wenn die Evolution zur Entwicklung des vielfältigen Lebens geführt hat, so wie wir es kennen, dann ist es nur konsequent anzunehmen, dass sie auch eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Lebens gespielt hat. Und wenn sie bei der Entstehung des Lebens geholfen hat, vielleicht sogar die entscheidende Ursache dafür war, dann muss es schon Evolution gegeben haben, bevor es Leben gab.
    Dawkins beschreibt in »Das egoistische Gen« die Entstehung des Lebens. Grob vereinfacht stellt er sich das folgendermaßen vor:
    In einer Ursuppe, in der durch natürliche Prozesse, wie sie tatsächlich täglich vorkommen, eine Vielzahl organischer Moleküle entstand, bildete sich durch Zufall und unter dem Einfluss von Energie ein besonders komplexes Molekül. Es hat vielleicht viele Billionen »Versuche« gebraucht, um dieses eine Molekül durch bloßen Zufall herzustellen, doch die Natur hatte genug Moleküle zur Verfügung und mindestens 200 Millionen Jahre Zeit herumzuprobieren.
    Dieses besondere Molekül hatte die Eigenschaft, Kopien seiner selbst herzustellen, indem es die dafür notwendigen Bausteine aus der Ursuppe kraft chemischer Verbindung »anzog« und sich dann aufspaltete. Genau dieser Prozess läuft heute bei jeder Zellteilung ab.
    Damit ergab sich eine entscheidende Veränderung: Plötzlich war die Verteilung der Moleküle in der Ursuppe nicht mehr zufällig. In der Nähe des ersten »Replikators« entstanden in einer Kettenreaktion weitere Replikatoren. Das Molekül, das noch keinerlei Kriterien von Lebendigkeit erfüllte, konnte sich nichtsdestotrotz vermehren.
    Bei dieser Vermehrung muss es zwangsläufig zu Fehlern gekommen sein. Beispielsweise wurde durch UV-Strahlung eine Kopie des Ur-Replikators beschädigt, oder
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